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Bekenntnisse
11. Trauer seiner Mutter über ihren Sohn und Ihr Traum.
Und aus der Höhe strecktest du deine Hand herab und „rissest meine Seele“1 aus dieser tiefen Finsternis da für mich meine Mutter, deine Getreue, zu dir weinte, mehr als sonst die Mütter über den leiblichen Tod ihrer Kinder weinen, Denn sie sah meinen Tod infolge des Glaubens und des Geistes, den sie von dir hatte, und du erhörtest sie, o Herr. Du hast sie erhört und ihre Tränen nicht verachtet, deren Ströme die Erde unter ihren Augen überall, wo sie betete, benetzten: du hast sie erhört. Denn von dir kam ihr jener tröstende Traum, so daß sie mir wieder erlaubte, bei ihr zu leben und den Tisch mit ihr zu teilen, worauf sie schon aus Abscheu und Widerwillen gegen meine gotteslästerlichen Irrtümer verzichtet hatte. Sie sah nämlich im Traume, wie sie auf einem hölzernen Richtscheite stand und ein herrlicher Jüngling, der sie freundlich anlächelte, auf sie zukam, während sie traurig und gramgebrochen war. Als dieser sie nach der Ursache ihrer Traurigkeit und ihrer täglichen Tränen fragte - natürlich um ihr einen guten Rat zu geben, nicht etwa um sie auszufragen - und sie dann antwortete, daß sie meinen Verlust S. 56 beklage, da hieß er sie, ruhig zu sein, und ermahnte sie, aufzumerken und achtzugeben, wo sie sei, denn dort würde auch ich sein. Sobald sie nun aufmerkte, sah sie mich wirklich an ihrer Seite auf demselben Richtscheite stehen. Woher kam dieser Traum, wenn nicht von dir, der gnädig sein Ohr ihrem Herzen neigte, o du gütiger und allmächtiger Gott: für jeden einzelnen von uns sorgst du, als sorgtest du für ihn allein, und für alle, als wären sie nur einer.
Daher kam es auch, daß, als sie mir dieses Gesicht erzählte und ich es dahin zu deuten suchte, daß sie vielmehr nicht verzweifeln möchte, einst zu werden, was ich schon war, sie sofort ohne das geringste Zögern antwortete: "Nein, denn mir wurde nicht gesagt: Wo jener, da auch du, sondern: Wo du, da auch jener". Ich bekenne dir, o Herr, soweit meine Erinnerung geht und wie ich es häufig auch ausgesprochen habe, daß ich durch die Antwort, die du mir durch meine Mutter gabst, weil sie sich nämlich durch meine falsche, so naheliegende Auslegung nicht stören ließ und schlagfertig das Richtige erkannte - bevor sie es aussprach, hatte ich wenigstens es nicht erschaut -, mehr gerührt wurde als durch den Traum selbst, durch den der frommen Frau eine erst viel später sich verwirklichende Freude zum Troste in augenblicklicher Bekümmernis so lange vorher angekündigt wurde. Denn noch ungefähr neun Jahre vergingen, in denen ich mich im „Schlamme des Abgrundes“2 und in den Finsternissen des Irrtums wälzte, oft zwar versuchte, mich aufzuraffen, immer tiefer aber hineinsank; doch jene keusche Witwe, fromm und besonnen, wie du sie liebst, durch die Hoffnung schon etwas getröstet, aber im Weinen und Seufzen nicht lässiger, ließ nicht ab, zu allen Stunden ihres Gebetes bei dir über mich zu jammern, und „ihre Gebete kamen vor dein Angesicht“3, und dennoch ließest du es zu, daß ich noch weiter in der Finsternis herumirrte, ja von ihr umschlungen wurde. S. 57
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The Confessions of St. Augustin In Thirteen Books
Chapter XI.--He Refers to the Tears, and the Memorable Dream Concerning Her Son, Granted by God to His Mother.
19. And Thou sendedst Thine hand from above, 1 and drewest my soul out of that profound darkness, when my mother, Thy faithful one, wept to thee on my behalf more than mothers are wont to weep the bodily death of their children. For she saw that I was dead by that faith and spirit which she had from Thee, and Thou heardest her, O Lord. Thou heardest her, and despisedst not her tears, when, pouring down, they watered the earth 2 under her eyes in every place where she prayed; yea, Thou heardest her. For whence was that dream with which Thou consoledst her, so that she permitted me to live with her, and to have my meals at the same table in the house, which she had begun to avoid, hating and detesting the blasphemies of my error? For she saw herself standing on a certain wooden rule, 3 and a bright youth advancing towards her, joyous and smiling upon her, whilst she was grieving and bowed down with sorrow. But he having inquired of her the cause of her sorrow and daily weeping (he wishing to teach, as is their wont, and not to be taught), and she answering that it was my perdition she was lamenting, he bade her rest contented, and told her to behold and see "that where she was, there was I also." And when she looked she saw me standing near her on the same rule. Whence was this, unless that Thine ears were inclined towards her heart? O Thou Good Omnipotent, who so carest for every one of us as if Thou caredst for him only, and so for all as if they were but one!
20. Whence was this, also, that when she had narrated this vision to me, and I tried to put this construction on it, "That she rather should not despair of being some day what I was," she immediately, without hesitation, replied, "No; for it was not told me that where he is, there shalt thou be,' but where thou art, there shall he be'"? I confess to Thee, O Lord, that, to the best of my remembrance (and I have oft spoken of this), Thy answer through my watchful mother--that she was not disquieted by the speciousness of my false interpretation, and saw in a moment what was to be seen, and which I myself had not in truth perceived before she spoke--even then moved me more than the dream itself, by which the happiness to that pious woman, to be realized so long after, was, for the alleviation of her present anxiety, so long before predicted. For nearly nine years passed in which I wallowed in the slime of that deep pit and the darkness of falsehood, striving often to rise, but being all the more heavily dashed down. But yet that chaste, pious, and sober widow (such as Thou lovest), now more buoyed up with hope, though no whit less zealous in her weeping and mourning, desisted not, at all the hours of her supplications, to bewail my case unto Thee. And her prayers entered into Thy presence, 4 and yet Thou didst still suffer me to be involved and re-involved in that darkness.