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Works Augustine of Hippo (354-430) Confessiones Bekenntnisse
Neuntes Buch

13. Er betet für die dahingeschiedene Mutter.

Nun aber, da mein Herz von jener Wunde geheilt ist, um derentwillen ich mich allzu heftiger natürlicher Zuneigung beschuldigen konnte, vergieße ich vor dir, unser Gott, für diese deine Dienerin Tränen ganz anderer Art, Tränen, wie sie aus einem Herzen strömen, das erschüttert ist vom Gedanken an die Gefahren, die jede in Adam gestorbene Seele bedrohen. Denn obwohl sie in Christus zum Leben berufen worden war und vor ihrer Trennung vom Fleische so lebte, daß ihr Glaube und ihre Sitten deinen Namen preisen, so wage ich doch nicht zu behaupten, daß seit ihrer Wiedergeburt durch die Taufe kein Wort wider deine Gebote aus ihrem Munde gekommen sei. Und dein Sohn, der die Wahrheit ist, hat gesagt: „Wer zu seinem Bruder sagt: Du Narr, soll des höllischen Feuers schuldig sein“1. Und wehe auch dem lobwürdigsten Menschenleben, wenn du es richtest, ohne Barmherzigkeit walten zu lassen! Aber nur deshalb, weil du nicht mit Strenge unsere Verfehlungen ansiehst dürfen wir zuversichtlich hoffen, bei dir eine Stätte des Erbarmens zu finden. Wer dir aber seine wirklichen Verdienste vorzählt, zählt er dir nicht nur deine Gaben vor? O wenn doch die Menschen sich als S. 213 Menschen richtig einschätzten und, „wer sich rühmt, im Herrn sich rühmte!“2

Ich will also jetzt, Gott meines Herzens, du mein Lob und mein Leben, die guten Werke meiner Mutter, für welche ich dir freudig meinen Dank bringe, einstweilen bei Seite setzen und für die Sünden meiner Mutter zu dir flehen: Erhöre mich um des Heilandes unserer Wunden willen, der am Kreuze hing und nun „zu deiner Rechten sitzend Fürbitte für uns bei dir einlegt“3. Ich weiß, daß sie Barmherzigkeit geübt und von Herzen ihren Schuldigern die Schulden vergeben hat: vergib nun auch du ihr ihre Schulden, die sie vielleicht in so vielen Jahren nach dem Bade des Heiles auf sich geladen hat. Vergib, o Herr, vergib ihr, ich flehe dich an; „gehe nicht ins Gericht mit ihr“4. „Deine Barmherzigkeit sei erhaben über dein Gericht“5, denn deine Worte sind Wahrheit, und du hast Barmherzigkeit den Barmherzigen versprochen. Und hinwiederum bist du selbst es, von dem sie Barmherzigkeit erlangt haben; denn „du erbarmest dich, wessen du dich erbarmen, und erzeigest Barmherzigkeit, wem du Barmherzigkeit erzeigen willst“6.

Nun, glaube ich, hast du bereits getan, worum ich dich bitte; doch „laß dir das freiwillige Opfer meines Mundes angenehm sein“7, o Herr. Denn als der Tag ihrer Auflösung herannahte, da war ihre Sorge nicht darauf gerichtet, daß ihr Leichnam prächtig gekleidet oder mit Spezereien begraben werde; auch wünschte sie kein herrliches Denkmal noch verlangte sie ein Grab in der Heimat. Nichts von alledem trug sie uns auf, sondern verlangte nur, daß wir ihrer eingedenk seien an deinem Altare, dem sie gedient hatte, ohne auch nur einen Tag auszusetzen. Wußte sie doch, daß von ihm aus das Opferlamm gespendet wird, durch welches „die S. 214 Handschrift, die gegen uns zeugte, vernichtet worden“8, und daß in ihm der Feind besiegt worden, der schon unsere Sünden zusammenzählte und suchte, was er uns vorhalten könne, aber nichts fand an jenem, in dem wir siegen. Wer wird ihm sein unschuldiges Blut wiederersetzen? Wer wird ihm den Preis zurückerstatten, den er gezahlt, um uns dem Feinde zu entreißen? An das Sakrament dieses unseres Lösegeldes hat deine Dienerin ihre Seele mit dem Bande des Glaubens geknüpft. Niemand soll sie von deinem Schutze losreißen. Nicht mit Gewalt und auch nicht mit List sollen Löwe und Drache dazwischen treten; auch wird sie nicht behaupten, schuldlos zu sein, damit nicht der schlaue Widersacher sie überführe und in seine Gewalt bekomme, sondern sie wird antworten, daß ihre Schulden nachgelassen seien von dem, dem niemand zurückgeben kann, was er freiwillig für uns geopfert hat.

Sie ruhe also in Frieden mit ihrem Manne, vor dem und nach dem sie keinem andern vermählt war, dem sie diente, indem sie dir darbrachte „Früchte mit Geduld“9, um auch ihn für dich zu gewinnen. Und du, mein Herr und Gott, flöße es auch deinen Dienern, meinen Brüdern, deinen Söhnen und meinen Herren, denen ich mit Herz und Mund und Schrift diene, ein, daß alle, die meine Bekenntnisse lesen, an deinem Altare deiner Dienerin Monika eingedenk seien und des Patricius, der einst ihr Gatte war; durch sie hast du mich, ich weiß nicht wie, in dieses Leben geführt. Mögen alle in frommer Liebe in diesem vergänglichen Lichte meiner Eltern gedenken, die meine Brüder sind als Kinder des himmlischen Vaters und unserer Mutter, der Kirche, und meine Mitbürger im himmlischen Jerusalem, nach dem dein Volk auf seiner Pilgerfahrt vom Ausgange bis zur Rückkehr sich sehnt. Möge so meiner Mutter letzte Bitte um meiner Bekenntnisse willen in reicherem Maße erfüllt werden als meine Gebete allein es vermöchten. S. 215


  1. Matth. 5,22. ↩

  2. 2 Kor. 10,17. ↩

  3. Röm. 8,34. ↩

  4. Ps. 142,2. ↩

  5. Jak. 2,13. ↩

  6. Röm. 9,15. ↩

  7. Ps. 118,108. ↩

  8. Kol. 2,14. ↩

  9. Luk. 8,15. ↩

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The Opinion of St. Augustin Concerning His Confessions, as Embodied in His Retractations, II. 6
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