40. Er hat Gott in sich und den übrigen Dingen gefunden.1
O Wahrheit, du hast mich stets geleitet und mich gelehrt, was ich meiden und was ich erstreben soll, wenn ich meine niederen Vorstellungen, soweit ich S. 265 konnte, auf dich bezog und dich um Rat fragte. Ich durchforschte mit meinen Sinnen die Außenwelt, soweit ich konnte, und ich betrachtete das Leben meines Leibes und meine Sinne. Dann betrat ich die weiten und mannigfaltigen Räume meines Gedächtnisses, die da in wunderbarer Weise einen überaus reichen Inhalt bergen; ich stellte meine Betrachtungen an, und heiliger Schauder ergriff mich, und ich vermochte nichts davon zu unterscheiden ohne dich. Das aber fand ich, daß du nichts von alledem seiest. Und auch ich selbst, der ich alles durchwanderte und jedes nach seinem Werte zu bestimmen und zu würdigen suchte, ich war nicht selbst es, der es fand; wenn ich das eine durch Vermittlung der Sinne in Empfang nahm und befragte, anderes in mir selbst vorfand und auch meine Boten selbst erkannte und aufzählte und unter den reichen Schätzen meines Gedächtnisses das eine untersuchte, anderes zurückstellte und noch anderes hervorlangte - auch wenn ich das alles tat, war ich nicht selbst, d. h. meine eigene Kraft, mit der ich es tat; noch auch warst du selbst diese Kraft. Denn du bist das ewige Licht, das ich bei allen Dingen zu Rate zog, ob sie seien, was sie seien und welcher Wert ihnen beizumessen sei; und ich vernahm deine Lehre und dein Gebot. Und oft noch tue ich das: das ist meine Freude, und so oft ich mich nur von notwendigen Geschäften losreißen kann, flüchte ich mich zu dieser Wonne. Denn wenn ich auch alles durcheile und dich dabei um Rat frage, ich finde keine sichere Stätte für meine Seele außer bei dir; dort will ich mich aus meinen Zerstreuungen sammeln, und nichts von dem Meinen soll je sich von dir entfernen. Und manchmal versetzest du mein Inneres in einen ganz ungewöhnlichen Zustand und erfüllst es mit dem Vorgeschmack unnennbarer Süßigkeit, deren vollkommener Besitz etwas sein wird, was weit über dieses Leben hinausgeht. Aber dann falle ich unter dem Drucke der Last wieder ins alte Dasein zurück; das Gewohnte verschlingt mich und hält mich fest; und ich weine so sehr und kann mich doch nicht frei machen. So schwer lastet auf uns die Gewohnheit. Hier kann ich sein und will nicht; dort will ich sein und kann nicht, zwiefach elend. S. 266
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Rückblick und gedrängte Wiederholung von Kapitel 6 an. ↩