4. Gott bedarf seiner Schöpfung nicht.
Was hätte dir also an deiner Glückseligkeit, die du dir selbst bist, gefehlt, auch wenn all die Geschöpfe entweder gar nicht geworden oder gestaltlos geblieben wären? Denn nicht, weil du ihrer bedurftest, hast du sie geschaffen, sondern aus der Fülle deiner Gnaden sie geordnet und gestaltet; aber du hast sie nicht in der Absicht erschaffen, daß deine Freude durch sie vollständig werde. Denn dir, dem Vollkommenen, mißfällt ihre Unvollkommenheit; daher empfangen sie aus dir ihre Vollendung, so daß sie dir gefallen. Du selbst bist aber nicht unvollkommen und hast nicht etwa ihre Vollendung notwendig, um selbst zur Vollendung zu gelangen. Denn dein guter „Geist schwebte über den Wassern“1, aber er wurde nicht von ihnen getragen, als ob er etwa auf ihnen ruhte; vielmehr läßt dein guter Geist jene, von denen es heißt, daß er in ihnen ruhe, in sich selbst ruhen. Aber dein unvergänglicher und unveränderlicher Wille, der sich in sich selbst genügt, schwebte über dem Leben, das du geschaffen hattest; ihm ist Leben und seliges Leben nicht gleichbedeutend, weil es lebt, auch wenn es in der Finsternis dahinwogt; ihm bleibt keine andere Aufgabe, als sich hinzuwenden zu dir, seinem Erschaffer, um mehr und mehr zu leben am Quell des Lebens und „in seinem Lichte das Licht zu schauen“ 2 und so Vollendung, Verklärung und Beseligung zu finden.