1.
Nicht ich habe als lästiger Mahner und Bittsteller deinem widerstrebenden Willen die Aufgabe auferlegt, den Schiedsrichter zwischen Bischöfen zu machen. Wäre es aber auch meine Absicht gewesen, dich dazu zu bewegen, so könnte ich vielleicht unschwer nachweisen, daß du allerdings in einer so offenkundigen und unzweideutigen Sache zwischen uns richten könntest; auch könnte ich deine Handlungsweise näher beleuchten, wie du schon jetzt, ohne die Parteien gehört zu haben, unbedenklich der einen Partei das Recht zuschreibst, obwohl du von einem ordentlichen Gerichte nichts wissen willst. Ich lasse dies aber, wie gesagt, vorläufig auf sich beruhen. Nur um das eine aber hatte ich deine sehr zu verehrende Güte angesprochen, worauf ich wenigstens in diesem Briefe zu achten bitte: du mögest den Proculeianus fragen, ob er seinem Priester Victor jenen Auftrag gegeben, von dem im amtlichen Berichte die Rede ist, oder ob etwa die abgesandten Auskunftspersonen nicht, was sie von Victor gehört, sondern eine Lüge zu Protokoll gegeben haben, schließlich, was er von einer Erörterung der ganzen zwischen uns schwebenden Frage halte. Ich meine nun, daß man durch die Bitte, jemanden fragen und die erhaltene Antwort mitteilen zu wollen, noch nicht zum Richter aufgestellt sei. Auch diesmal bitte ich, diese Mühe auf dich zu nehmen; denn wie ich schon erfahren habe, will er keinen Brief von mir annehmen. Täte er dies, dann würde ich nicht durch deine Herrlichkeit mit ihm unterhandeln. Da er sich aber weigert, kann ich da milder vorgehen, als ihn durch dich, einen so angesehenen und ihm dazu noch befreundeten Mann über etwas zu fragen, wozu ich aus S. 104 Amtspflicht unmöglich schweigen kann? Dein sittlicher Ernst hat sich allerdings darüber entrüstet, daß die Mutter vom Sohne geschlagen wurde. Aber so sagst du: „Wenn Proculeianus dies wüßte, würde er den jungen Verbrecher aus seiner Kirchengemeinschaft ausschließen.“ Darauf antworte ich kurz: „Jetzt weiß er es, also schließe er ihn auch jetzt aus!“