VI. 9.
Was du mir hinsichtlich des Origenes zu schreiben die Güte hattest, so wußte ich schon, daß man nämlich nicht bloß bei kirchlichen Schriften, sondern bei allen das Richtige und Wahre, das sich in ihnen findet, billigen und loben, das Falsche und Verkehrte aber mißbilligen und tadeln müsse. Aber das hätte ich von deiner Klugheit und Wissenschaft gewünscht und wünsche es noch, dass du unsdie Irrtümer selbst bezeichnest, durch die jener bedeutende Mann erwiesenermaßen vom wahren Glauben abgewichen ist. Auch das Buch1, in dem du alle dir bekannten kirchlichen Schriftsteller samt ihren Schriften angeführt hast, würde meiner S. 146 Meinung nach leichter benutzbar sein, wenn du bei den Namen derer, die dir als Irrlehrer bekannt sind — wofern du sie nicht übergehen willst —, auch hinzufügtest, in welchen Punkten ihnen nicht zu trauen sei. Indessen hast du auch einige übergangen, von denen ich doch wissen möchte, aus welcher Absicht dies geschehen ist. Wenn du aber dieses Werk nicht zu sehr anschwellen lassen wolltest und du deshalb bei Anführung der Irrlehrer nicht hinzugefügt hast, in welchen Punkten sie von dem Lehramt der Kirche verurteilt sind, so bitte ich: deine literarische Tätigkeit, durch die du in nicht geringem Grade durch die Gnade unseres Herrn und Gottes die Studien der Heiligen lateinischer Zunge angeeifert und befördert hast, möge, so bittet dich die Liebe der Brüder durch meine Wenigkeit, diese Lücke ergänzen! Wenn es also deine Beschäftigungen gestatten, so gib die falschen Meinungen aller Irrlehrer, die den wahren Christenglauben bis auf unsere Zeit durch ihre Frechheit, Unwissenheit oder Hartnäckigkeit zu verfälschen gesucht haben, kurz zusammengestellt in einem Büchlein heraus zur Benützung für diejenigen, die entweder wegen anderer Geschäfte nicht Zeit haben oder denen es wegen mangelnder Kenntnis fremder Sprachen nicht möglich ist, so vieles zu lesen und zu verstehen. Ich wollte dir lange mit Bitten zusetzen, wenn dies nicht gewöhnlich ein Zeichen wäre, daß man wenig Vertrauen auf die Liebe setzt. Unterdessen empfehle ich den Paulus, unseren Bruder in Christus, vielmals deinem Wohlwollen und stelle ihm hinsichtlich seines Rufes in unseren Gegenden vor Gott ein gutes Zeugnis aus.
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Es ist das oben (Seite 140 Anmkg. 3) erwähnte Buch „De viris illustribus“ gemeint, das auch den Titel führt „Catalogus scriptorum ecclesiasticorum“. ↩