34.
Ich muß mich wirklich wundern, daß du den Wunsch geäußert hast, ich möchte dir über die verschiedenen Gebräuche an verschiedenen Orten einiges schreiben; dies hat ja keinen Zweck, und man hat sich in dieser Hinsicht an diese einzige höchst zuverlässige Regel zu halten: Was weder gegen den Glauben noch gegen die guten Sitten verstößt, wohl aber eine Ermahnung, sein Leben zu bessern, in sich schließt, das sollen wir — mögen wir nun sehen, daß es irgendwo eingeführt wird, oder erfahren, daß es bereits eingeführt ist — nicht bloß nicht tadeln, sondern lobend und nachahmend befolgen, wenn nicht die Schwachheit einiger so sehr im Wege stehen sollte, daß dadurch ein größeres Übel entstehen würde. Wenn dies aber nicht der Fall ist, sondern der Nutzen, der für die Eifrigen zu erhoffen ist, größer als der Schaden ist, der für die Murrenden zu befürchten steht, so soll man ohne Bedenken vorwärts gehen, besonders wenn die Sache sich aus der Heiligen Schrift begründen läßt, wie zum Beispiel der Gesang von Psalmen und Hymnen, da wir hierfür Beispiele und Gebete vom Herrn selbst und von den Aposteln haben. Hinsichtlich dieses Gebrauches, der für die fromme Gemütserhebung so förderlich, für die Erweckung der göttlichen Liebe so geeignet ist, herrschen jedoch sehr verschiedene Gepflogenheiten, und viele Glieder der S. 250 afrikanischen Kirche legen hierauf zu wenig Gewicht. So machen uns die Donatisten den Vorwurf, daß wir die Lieder der heiligen Propheten in so nüchterner Weise in der Kirche vortragen, während sie durch den Gesang von Liedern, die menschlicher Kunst entsprungen sind, die Sinnlichkeit ihrer Schmausereien gleichwie durch Trompeten des Schlachtfeldes noch höher steigern. Warum aber sollte bei den gottesdienstlichen Versammlungen die Zeit nicht gewidmet sein dem Gesange heiliger Lieder, außer etwa wenn die Lesung der Predigt, das laute Gebet des Priesters oder das durch die Stimme des Diakons anbefohlene gemeinschaftliche Gebet geübt wird?