II. 4.
Und doch haben deine Amtsbrüder, wo es ihnen gut schien, der Wahrheit ihr Recht gelassen. So haben sie nicht bloß die Taufe, die Primianus in eurer Kirchengemeinschaft, sondern auch jene, die Felicianus im frevelhaften1 Schisma des Maximianus spendete, aus Rücksicht auf die Ehre des Herrn als heilig gelten lassen. So haben sie auch nicht bloß das Merkmal2, das er selbst bei euch empfangen, sondern auch jenes, das er als Abtrünniger von euch anderen eingeprägt hatte, auch nach seiner Rückkehr nicht anzutasten gewagt, sondern es als das des höchsten Königs anerkannt. Über ihr richtiges Verhalten in diesem Falle, das du zu deiner Ehre nachahmen solltest, willst du nicht richten, sondern du richtest dich nach jenem Urteil von ihnen, das allgemeinen Abscheu verdient. Du scheust dich, über Primianus zu urteilen, um nicht über ihn etwas vernehmen zu müssen, was dir Grund zu Tadel böte. Allein urteile nur, und du wirst vielmehr Anlaß zum Lobe finden. Denn wir wollen nicht, daß du dich an das erinnerst, was Primianus gefehlt, sondern an das, was er gut gemacht hat. Indem er diejenigen aufnahm, die sein Verurteiler während der tadelnswerten Lostrennung getauft hatte, verbesserte er, was die Menschen gefehlt hatten, ließ aber die Sakramente Gottes unangetastet. Die Gnade Christi erkannte er auch bei bösen Menschen an, den S. 427 Fehler der Menschen aber machte er gut, ohne der Gnade Christi entgegenzutreten. Wenn dir aber gerade dieses Verhalten mißfällt, so beachte wenigstens, so laß wenigstens bei deinem gesunden Verstande klüglich dir nicht entgehen, daß du über Primianus nicht urteilen willst wegen seines eigenen Verhaltens, aber über den christlichen Erdkreis urteilst wegen des Verhaltens des Cäcilianus. Du befürchtest, dir etwas zu vergeben, wenn du eine Tatsache zugibst, gegen die du nicht aufzutreten wagst. So sprich doch die Völker frei, die von dem nichts wissen konnten, wogegen du Klage führst.
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Wenn Augustinus in diesem Briefe das Schisma des Maximianus, der von Primianus abgefallen war, frevelhaft nennt, so will er damit nicht sagen, daß das Schisma, in dem sich alte Donatiaten befanden, besser war, sondern er will diesen nur zeigen, daß er auch keine Freude an ihren inneren Spaltungen habe, und sucht ihnen dadurch näher zu kommen. ↩
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Character; indessen scheint Augustinus hier eher das Merkmal der Priester- oder Bischofsweihe zu verstehen. ↩