10.
Eben dieser Cyprianus beklagte damals, als die gottlosen Heiden die Kirche verfolgten und verwüsteten, die Gefallenen und schrieb ihr Unglück ihren schlimmen Sitten zu, da sie im Schoße der Kirche einen verdammenswerten Wandel führten. Er seufzte auch über die Sitten seiner Amtsbrüder und bedeckte seine Seufzer S. 434 keineswegs mit Stillschweigen, sondern sprach es offen aus, sie seien in der Habsucht so weit gegangen, daß „sie auch, als unter den Brüdern in der Kirche Hungersnot herrschte, reichlich Geld haben wollten, durch List und Betrug Grundstücke an sich rissen und ihre Einkünfte durch Zinserhöhung vermehrten“1. Ich meine nun, Cyprianus ist durch den Geiz, die Erschleichung von Gütern und den Wucher dieser Leute nicht befleckt worden, obwohl er sich von ihnen nicht körperlich getrennt, sondern nur durch die Verschiedenheit der Lebensweise von ihnen abgesondert hat. Er hat mit ihnen den Altar berührt, aber sich nicht mit ihrem unreinen Leben in Berührung eingelassen, da er sie in der angeführten Weise beschuldigt und getadelt hat. Zeigt man sein Wohlgefallen an solchen Dingen, so kommt man mit ihnen in Berührung; man hält sie aber von sich fern, wenn man sein Mißfallen zu erkennen gibt. Und so hat also diesem ausgezeichneten Bischofe weder der sittliche Ernst gefehlt, um die Sünden zu strafen, noch die Vorsicht, um das Band der Einheit zu erhalten. Man liest in einem seiner Briefe, den er an den Priester Maximus geschrieben hat2, einen klaren und deutlichen Ausspruch, in dem er die Regel der Propheten sich zur Richtschnur nimmt und geradezu erklärt, man dürfe sich auf keine Weise von der Einheit der Kirche lostrennen, weil man in ihr mit Bösen vermischt sei. „Wenn auch“, so sagt er, „in der Kirche sich offenbar Unkraut befindet, so darf dadurch unser Glaube oder unsere Liebe nicht gehindert werden, so daß wir, weil wir Unkraut in der Kirche sehen, von ihr uns entfernen. Nur müssen wir uns Mühe geben, daß es uns gelingt, Getreide zu sein.“