10.
Hat er also durch seinen Tod Übles erfahren oder nicht vielmehr das Allerbeste, da er solche Gnaden von Christus, ohne den sie nichts nützen würden, besaß und in ihrem Besitze aus dem Leben schied? Ich würde dies dir gegenüber nicht erwähnen, wenn ich glaubte, daß sein Lob dich beleidigen würde. Da ich aber dies nicht glaube, so glaube ich auch offenbar nicht, daß er, ich will nicht sagen auf dein Betreiben, sondern auch nur mit deinem Wunsch und Willen habe getötet werden können. So lautet also dein Urteil wie das unserige, und zwar ist dein Urteil um so wahrhafter, je unschuldiger du bist: daß jener Mann grausamer gegen seine S. 560 eigene Seele denn gegen den Leib unseres Mitbruders gehandelt hat, als er uns, seine Versprechungen, so viele und eindringliche Bitten und Ermahnungen von deiner Seite, die Kirche und in ihr Christus verachtete und seinen Umtrieben durch die Tötung unseres Mitbruders den Schlußstein setzte. Ist aber seine Ehre auch nur mit dem Kerker jenes zu vergleichen, wenn er in seiner hohen Stellung voll Wut, jener aber trotz des Kerkers voll Freude war? An grauenvoller und quälender Finsternis übertrifft das Gewissen eines bösen Menschen nicht bloß alle Kerker, sondern selbst die Hölle. Was hat er, obwohl er deinen Ruf bedeutend schmälerte, dir geschadet, da er dein schuldloses Gewissen nicht befleckt hat? Indessen ist auch dein guter Ruf ungeschmälert bei denen, die dich besser kennen als wir, und bei uns selbst, die wir deine Sorgfalt, eine so abscheuliche Untat zu verhindern, so lebhaft ausgedrückt sahen, daß wir die Gesinnung deines Herzens fast mit Augen wahrnehmen konnten. Sich allein hat er also geschadet in allem, was er Böses getan hat, seine Seele hat er durchbohrt, sein Leben, auch seinen Ruf hat er mit seiner blinden Grausamkeit zugrunde gerichtet, während doch sonst selbst die schlimmsten Menschen einen guten Ruf zu haben wünschen. Um so verhaßter hat er sich bei allen Guten gemacht, je mehr er den Gottlosen zu gefallen suchte oder sich freute, ihnen gefallen zu haben1.
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Aus dieser Stelle geht deutlich hervor, daß Marcellinus ein Opfer donatistischer Hache geworden ist. Es scheint, daß Marinus in der Donatistenpartei seine Stütze in Afrika finden wollte; indessen sagt schon 414 ein kaiserliches Edikt, daß hinsichtlich der Donatisten alles so bleiben solle, wie es von Marcellinus angeordnet worden sei. Bei dieser Gelegenheit wird auch Marcellinus vir spectatae memoriae (ein Mann vortrefflichen Andenkens) genannt; es ist also sehr glaublich, daß der Kaiser das Verfahren des Marinus mißbilligt hat. ↩