11.
Endlich hat unser Herr bei Menschen vermittelt, daß die Ehebrecherin nicht gesteinigt wurde; dadurch S. 572 hat er uns die Pflicht der Vermittlung nahegelegt. Er hat es getan, indem er Schrecken einflößte, wir tun es durch Fürbitte. Er ist ja der Herr, wir sind die Diener. Indessen hat er auf solche Weise Schrecken eingeflößt, daß wir alle uns fürchten müssen. Denn wer aus uns ist ohne Sünde? Als er zu jenen, die ihm die Ehebrecherin zur Bestrafung überbrachten, sagte: wer sich frei von Sünden wisse, solle zuerst einen Stein auf sie werfen, da verging ihnen ihre Strenge, und es erbebte ihr Gewissen; sie schlichen aus der Versammlung und ließen die Unglückliche allein bei dem Barmherzigen. So beuge sich denn auch die christliche Milde diesem Urteilsspruch, dem sich die jüdische Härte gebeugt hat; es unterwerfe sich ihm die Demut der Anhänger Christi, nachdem der Stolz der Verfolger Christi sich ihm unterworfen hat; es unterwerfe sich ihm der gläubige Bekenner, nachdem der heuchlerische Versucher sich ihm unterworfen hat. Schone, guter Mann, der Bösen; du bist um so besser, je milder du bist. Je höher die Macht ist, zu der du gelangst, um so mehr laß dich durch Milde herab!