IV. 16.
Wenn wir sagten, das Verdienst des Gebetes sei der Erlangung der Gnade vorausgegangen, so zeigt zwar das Gebet, insofern es Bittgebet ist, offenbar, daß, was es erfleht, Gabe Gottes ist, so daß der Mensch nicht auf die Meinung kommen kann, es sei von ihm selbst; denn hätte er dies in seiner Gewalt, so brauchte er nicht darum zu beten. Damit man aber nicht glaube, es gehe wenigstens das Verdienst des Gebetes voraus und die Gnade werde deshalb nicht unverdient gegeben, sei also eigentlich nicht mehr Gnade, da sie nach Verdienst gegeben werde, so findet sich auch das Gebet selbst unter den Gnadengaben. „Um was wir beten sollen, wie es sein muß“, sagt der Völkerlehrer, „wissen wir nicht, aber der Geist selbst bittet für uns mit unaussprechlichen Seufzern“1. Was heißt ,er bittet anderes als er bewirkt, daß wir bitten? Es ist ja das sicherste Anzeichen der Hilfsbedürftigkeit, mit Seufzern zu bitten; doch müssen wir glauben, daß der Heilige Geist nichts bedarf. Aber es heißt ,er bittet für uns, weil er bewirkt, daß wir bitten, und uns die Neigung zum Bitten und Seufzen einflößt. nach dem Worte des Evangeliums: „Nicht ihr seid es, die da reden, sondern der Geist eures Vaters ist es, der in euch redet“2. Auch vollzieht sich diese Einwirkung nicht so an uns, als ob wir nichts hierbei tun würden. Daß uns der Heilige Geist beisteht, ist nur so ausgedrückt, daß es heißt, er tue selbst, was er doch nur in uns bewirkt.