III. 17.
Wenn du aber fragst, ob von Gott, dem Schöpfer, einzeln die Bestandteile des Körpers gebildet werden, so wird dies dir keine Schwierigkeiten machen, wenn du, soweit es der Menschengeist vermag, die Macht des göttlichen Wirkens begreifst. Denn wie könnten wir leugnen, daß auch jetzt alles, was geschaffen wird, von Gott bewirkt wird, da der Herr sagt: „Mein Vater wirkt bis jetzt“?1 Darum ist jene Ruhe am siebenten Tage so zu verstehen, daß Gott aufhörte, die natürlichen Dinge zu schaffen, nicht aber aufhörte, sie, nachdem sie laut des Schöpfungsberichtes erschaffen waren, zu regieren. Da also die Natur vom Schöpfer regiert wird und alles nach der bestimmten Ordnung zu seiner Zeit und an seinem Orte entsteht, so wirkt Gott noch bis jetzt. Wenn Gott also die Bestandteile des Körpers nicht bildete, wie könnte geschrieben stehen: „Bevor ich dich im Mutterschoße bildete, kannte ich dich“?2 Wie könnte man es auch verstehen, daß „Gott das Gras auf dem Felde, das heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird, also kleidet“?3 Höchstens müßten wir glauben, daß Gott zwar das Gras bekleidet, die Körper aber nicht bildet. Denn wenn es heißt ,er kleidet, so weist dies deutlich nicht auf eine frühere Anordnung, sondern auf eine gegenwärtige Tätigkeit hin. Daher kommt auch jener oben angeführte Ausspruch des Apostels vom Samenkorn: „Du säest nicht den Körper, der werden soll, sondern ein bloßes Korn, nämlich etwa S. 735 des Weizens oder eines anderer Art. Gott aber gibt ihm einen Körper nach seinem Wohlgefallen“4. Es heißt nicht ,er gab oder .verlieh, sondern ,er gibt, damit man erkenne, daß der Schöpfer die Wirkungskraft seiner Weisheit der Schaffung jener Dinge zuwende, die alle Tage, jedes zu seiner Zeit, in Erscheinung treten. Von dieser Weisheit ist gesagt: „Sie reicht mit Kraft von einem Ende zum anderen und ordnet alles lieblich an“5; es heißt nicht ‚sie hat angeordnet‘. Es ist aber etwas Großes, auch nur in geringem Maße zu verstehen, auf welche Weise die veränderlichen und zeitlichen Dinge nicht veränderlicher und zeitlicher Einwirkung, sondern der ewigen und dauernden Kraft des Schöpfers ihr Dasein verdanken.