15.
Der Oberin soll man gleich einer Mutter gehorchen und ihr die gebührende Ehre erweisen, damit nicht in ihr Gott beleidigt werde; noch mehr aber soll man dem Priester gehorchen, der der Seelsorger für euch alle ist. Daß also all diese Vorschriften beobachtet und die Nichtbeachtung nicht leichthin übersehen, sondern bestraft und abgestellt werde, dafür hat in erster Linie die Oberin zu sorgen, jedoch in der Weise, daß sie Fälle, die ihren Wirkungskreis und ihre Kräfte überschreiten, vor euren Seelsorger bringen soll. Sie aber fühle sich nicht glücklich, wenn sie durch Gewalt über euch herrscht, sondern wenn sie in Liebe euch dient. Vor den Menschen stehe sie an Ehre über euch, vor Gott aber liege sie in Furcht zu euren Füßen. Allen erweise sie sich selbst als Vorbild in guten Werken. Sie weise die Unruhigen zurecht, tröste die Kleinmütigen, nehme sich der Schwachen an, habe Geduld mit allen, liebe S. 766 selbst die Abtötung, lege sie aber nur furchtsam anderen auf. Und obwohl beides notwendig ist, so strebe sie doch mehr danach, von euch geliebt als gefürchtet zu werden, immer eingedenk, daß sie dereinst Gott für euch Rechenschaft abzulegen haben wird. Erbarmet euch also, indem ihr um so mehr gehorsam gegen sie seid, nicht bloß eurer, sondern auch ihrer; denn je höher der Rang ist, den sie unter euch einnimmt, um so größer ist auch die Gefahr, in der sie sich befindet.