2.
Ich weiß, daß es nicht an Menschen fehlt, die dich im Geiste dieser Welt lieben und demgemäß dir Ratschläge geben, die bisweilen nützlich, bisweilen treulos sind. Es sind eben Menschen, die zwar für die Gegenwart ihr Maß von Weisheit besitzen, aber nicht wissen, was sich am folgenden Tage ereignet. Im Sinne Gottes aber, um deine Seele vor Verderben zu bewahren, rät dir nicht leicht jemand; nicht weil es an solchen fehlt, die dies tun könnten, sondern weil es schwer ist, einen Augenblick zu finden, wo sich mit dir über solche Dinge reden läßt. Auch ich hätte es immer gerne getan, aber ich fand nie Ort und Zeit, um mit dir das zu besprechen, was ich mit einem Manne zu besprechen habe, den ich in Christus so sehr liebe. Du weißt aber, in welcher Verfassung du mich zu Hippo getroffen hast, als du die Güte hattest, mich zu besuchen; ich konnte ja kaum sprechen vor Müdigkeit und Körperschwäche. Nun aber, mein Sohn, höre auf mich, da ich wenigstens brieflich zu dir rede! Zur Zeit, da du dich in Gefahr1 befandest, konnte ich dir nie schreiben, weil mir für den Überbringer des Briefes Gefahr vorhanden zu sein schien und ich nicht wollte, daß mein Brief in unberufene Hände S. 794 komme. Ich bitte dich deshalb um Verzeihung, wenn nach deiner Ansicht meine Furcht unbegründet gewesen ist. Indessen, ich habe gesagt, was ich befürchtete.
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Das heißt als der von Aetius betriebene Hochverratsprozeß in Schwebe war. ↩