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Vier Bücher über die christliche Lehre (BKV)
2. Kapitel: Der christliche Apologet soll sich jedoch der Rhetorik als eines sehr nützlichen Mittels bedienen
3. Die Rhetorik sieht ihre Kunst darin, jemandem eine feste Überzeugung nicht bloß vom Wahren, S. 162sondern sogar auch vom Falschen beizubringen: wer wagte demnach die Behauptung, die Wahrheit müsse in ihren Verteidigern gegen die Lüge unbewaffnet sein? So eine Forderung geschähe natürlich bloß zu dem Zweck, damit jene, die einem etwas Falsches beizubringen versuchen, schon von vorne herein das Wohlwollen, die Aufmerksamkeit und die Gelehrigkeit des Zuhörers zu erwecken verstehen, während die Verteidiger der Wahrheit dazu nicht imstande sein sollen. Jene sollen das Falsche kurz, klar und wahrscheinlich erzählen, diese aber das Wahre bloß so darlegen dürfen, daß das Anhören Ekel verursacht, das Verständnis erschwert und zuletzt Abneigung gegen das Glauben bewirkt wird! Jene sollen durch trügerische Beweisgründe die Wahrheit bekämpfen und der Lüge Geltung verschaffen dürfen, diese aber sollen weder die Wahrheit zu verteidigen noch die Lüge zu widerlegen vermögen! Jene sollen bei dem Versuch, ihre Zuhörer um jeden Preis in den Irrtum zu treiben, deren Gemüt schrecken, betrüben, erfreuen, feurig ermahnen dürfen; die Verteidiger der Wahrheit aber sollen eine kalte und matte Rede voll Schläfrigkeit halten müssen! Wer ist so töricht, eine solche Forderung zu ersinnen? Da also die Gabe der Rede an sich etwas Neutrales ist und zur Überredung sowohl zu guten als auch zu schlechten Dingen viel vermag, warum soll sie dann von dem Eifer der Guten nicht zu dem Zwecke erworben werden, um der Wahrheit Dienste zu leisten, während sie doch auf der anderen Seite schlechte Menschen zur Stütze verkehrter und nichtiger Dinge, zum Gebrauch der Ungerechtigkeit und des Irrtums mißbrauchen?
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De doctrina Christiana
CAPUT II.-- Rhetorica facultate christianum doctorem uti convenit.
3. Nam cum per artem rhetoricam et vera suadeantur et falsa, quis audeat dicere, adversus mendacium in defensoribus suis inermem debere consistere veritatem, ut videlicet illi qui res falsas persuadere conantur, noverint auditorem vel benevolum, vel intentum, vel docilem prooemio facere; isti autem non noverint? illi falsa breviter, aperte, verisimiliter; et isti vera sic narrent, ut audire taedeat, intelligere non pateat, credere postremo non libeat? illi fallacibus argumentis veritatem oppugnent, asserant falsitatem; isti nec vera defendere, nec falsa valeant refutare? illi animos audientium in errorem moventes impellentesque dicendo terreant, contristent, exhilarent, exhortentur ardenter; isti pro veritate, lenti frigidique dormitent? Quis ita desipiat, ut hoc sapiat? Cum ergo sit in medio posita facultas eloquii, quae ad persuadenda seu prava seu recta valet plurimum; cur non [P. 0090] bonorum studio comparatur, ut militet veritati, si eam mali ad obtinendas perversas vanasque causas in usus iniquitatis et erroris usurpant?