18. Kapitel: Was an den Lehren der Heiden Gutes ist, braucht man nicht zu verachten
28. Mag es sich nun wirklich so verhalten, wie Varro sagt, oder auch nicht, jedenfalls brauchen wir wegen des heidnischen Aberglaubens weder die Musik zu fliehen, falls wir daraus zum Verständnis der Heiligen Schrift etwas Zweckdienliches gewinnen können, noch dürfen wir uns zu den theatralischen Possen der Heiden wenden, wenn wir über Zithern und andere Instrumente etwas sagen, was der Erfassung geistiger Dinge förderlich ist. Wir haben ja auch nicht deshalb auf die Erlernung der Buchstaben verzichten müssen, weil ihre Erfindung dem Merkur zugeschrieben wird, und brauchen uns nicht deshalb von der Gerechtigkeit und der S. 76Tugend abzuwenden, weil die Heiden der Gerechtigkeit und der Tugend Tempel geweiht haben und weil sie das, was im Herzen gehegt werden soll, lieber in Gebilden von Stein anbeteten. Im Gegenteil wird jeder wahre und gute Christ einsehen, daß die Wahrheit, die er in der Heiligen Schrift bekennt und anerkennt, das rechtmäßige Eigentum seines Herrn ist, mag er sie nun auch sonstwo immer finden, und er wird daher von abergläubischen Erfindungen nichts wissen wollen. Er wird vielmehr diejenigen Menschen bedauern und sich vor jenen in acht nehmen, die Gott zwar erkannt haben, ihn aber nicht als Gott verherrlichten und ihm nicht dankten, sondern die in ihren eitlen Gedanken sich vergingen und deren unverständiges Herz darum verfinstert wurde. Sie nennen sich zwar Weise, sind aber Toren geworden; denn sie übertrugen die Herrlichkeit des unwandelbaren Gottes auf eine bildliche Darstellung des vergänglichen Menschen und der Vögel und der vierfüßigen und kriechenden Tiere1.
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Röm. 1, 21 ff. ↩