23.
Schon habe ich einmal von diesen auf- und niedersteigenden Engeln gesprochen, aber damit ihr es nicht vergesset, sage ich es kurz, gleichsam in Weise der Erwähnung; denn ich würde es ausführlicher darlegen, wenn ich es nicht erwähnen, sondern jetzt erst mitteilen würde. Jakob sah im Traum eine Leiter und auf den Sprossen die Engel auf- und niedersteigen, und er salbte S. 133 den Stein, den er sich unter das Haupt gelegt hatte1. Ihr habt gehört, daß der Messias Christus ist, ihr habt gehört, daß der Gesalbte Christus ist. Denn nicht so legte er den gesalbten Stein hin, daß er hinging und ihn anbetete, sonst wäre es Götzendienst, nicht ein Vorbild Christi. Es ist also ein Vorbild gewesen, bis das Vorbild sich verwirklichen sollte, und vorgebildet wurde Christus. Der Stein wurde gesalbt, aber nicht zum Götzenbild. Ein Stein wurde gesalbt; warum ein Stein? „Siehe, ich lege in Sion einen Stein, einen auserwählten, kostbaren, und wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden“2. Warum gesalbt? Weil Christus von Chrisma. Was aber sah er damals auf der Leiter? Auf- und niedersteigende Engel. So verhält es sich auch mit der Kirche, Brüder; die Engel Gottes sind die guten Prediger, die Christus verkündigen, d. h. sie steigen über dem Menschensohn auf und nieder. Wie steigen sie hinauf, wie steigen sie nieder? An einem haben wir ein Beispiel; höre den Apostel Paulus; was wir an ihm finden, das wollen wir betreffs der anderen Prediger glauben. Siehe, wie Paulus hinaufsteigt: „Ich kenne einen Menschen in Christus, der wurde vor vierzehn Jahren bis in den dritten Himmel entrückt (ob im Leibe oder außer dem Leibe, weiß ich nicht, Gott weiß es) und hörte unaussprechliche Worte, die einem Menschen nicht gestattet ist zu sagen“3. Ihr habt nun gehört, wie er hinaufsteigt; höret, wie er niedersteigt. „Ich konnte zu euch nicht reden als zu Geistigen, sondern als zu Fleischlichen; als kleinen Kindern in Christo habe ich euch Milch zum Trank gegeben, nicht Speise“4. Siehe, herabsteigt der, welcher hinaufgestiegen war. Frage, wohin er aufgestiegen war. „Bis in den dritten Himmel.“ Frage, wohin er hinabstieg. Bis zur Darreichung der Milch an die Kleinen. Höre, daß er hinabstieg. „Ich bin“, sagt er, „ein Kind geworden mitten unter euch, wie eine Amme ihre Kinder pflegt“5. Wir sehen S. 134 nämlich, wie Ammen und Mütter zu den Kindern herabsteigen, und wenn sie lateinische Wörter auszusprechen verstehen, verstümmeln sie dieselben und zerstoßen gewissermaßen ihre Sprache, damit aus der rednerischen Sprache kindliche Koseworte werden können; denn wenn sie so reden6, hört das Kind nicht, es kommt aber auch nicht vorwärts. Und ein redegewandter Vater, wenn er auch ein solcher Redner ist, daß von seiner Sprache der Marktplatz erdröhnt und die Tribünen erschüttert werden, er legt, wenn er ein kleines Kind hat, sobald er nach Hause gekommen, die forensische Beredsamkeit, zu der er sich erschwungen hatte, beiseite und steigt in kindlicher Sprache zum Kinde herab. Höre an an einer Stelle den Apostel, wie er hinauf- und herabsteigt, in einem Satze: „Denn sei es, sagt er, daß wir uns im Geiste überheben, es geschieht für Gott; sei es, daß wir uns bescheiden, es geschieht für euch“7. Was heißt das: „Wir überheben uns im Geiste für Gott“? Um das zu sehen, „was einem Menschen nicht gestattet ist zu sagen“. Was heißt: „Wir bescheiden uns für euch“? „Habe ich etwa erachtet, unter euch etwas zu wissen, außer Jesus Christus, und zwar den Gekreuzigten?“8. Wenn der Herr selbst hinauf- und hinabstieg, so ist klar, daß auch seine Prediger durch Nachahmung hinaufsteigen, durch die Lehrverkündigung hinabsteigen.