10.
Gleich am Anfang waren Adam und Eva die Eltern aller Völker, nicht nur der Juden; und was immer in Adam von Christus vorhergebildet wurde, bezog sich zweifellos auf alle Völker, für welche das Heil in Christus ist. Was also soll ich vornehmlich vom S. 160 Wasser des ersten Kruges sagen als eben das, was der Apostel von Adam und Eva sagt? Denn niemand wird sagen können, ich hätte es falsch verstanden, wenn ich nicht meine Auffassung, sondern die des Apostels vortrage. Welch großes Geheimnis enthält jener eine Ausspruch, den der Apostel tut, indem er sagt: „Und es werden zwei in einem Fleische sein; dieses Sakrament ist groß“1. Und damit niemand diese Größe des Sakramentes von allen einzelnen Menschen, die Frauen haben, verstehe, so sagt er: „Ich meine aber in Christus und in der Kirche“. Welches ist dieses große Sakrament: „Es werden zwei in einem Fleische sein“?2 Da die Schrift der Genesis von Adam und Eva sprach, wo man zu den Worten kommt: „Deshalb wird der Mensch Vater und Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen; und es werden zwei in einem Fleische sein“. Wenn also Christus der Kirche anhing, so daß sie zwei in einem Fleische waren, wie hat er den Vater verlassen, wie die Mutter? Er hat den Vater verlassen, weil er „da er in der Gestalt Gottes war, es für keinen Raub hielt, Gott gleich zu sein, aber er entäußerte sich selbst, die Gestalt des Knechtes annehmend“3. Denn das heißt: „Er hat den Vater verlassen“, nicht weil er den Vater aufgab und von ihm sich trennte, sondern weil er nicht in der Gestalt den Menschen erschien, in welcher er dem Vater gleich ist. Wie hat er die Mutter verlassen? Indem er die Synagoge der Juden verließ, aus welcher er dem Fleische nach geboren ist, und der Kirche anhing, welche er aus allen Völkern sammelte. Also auch der erste Krug enthielt eine Prophetie von Christus; allein so lange das, was ich rede, nicht unter den Völkern verkündet wurde, war es noch Wasser, es war noch nicht in Wein verwandelt. Und weil uns der Herr durch den Apostel erleuchtete, um uns zu zeigen, was S. 161 wir da in diesem Satze suchen sollten: „Es werden zwei in einem Fleische sein; ein großes Sakrament in Christus und in der Kirche“, so dürfen wir jetzt Christus überall suchen und aus allen Krügen Wein trinken. Adam schläft, damit die Eva entstehe; Christus stirbt, damit die Kirche entstehe. Dem schlafenden Adam entsteht die Eva aus der Seite4; Christus wird nach seinem Tode die Seite mit einer Lanze durchbohrt5, damit die Sakramente hervorfließen, durch welche die Kirche gebildet werden soll. Wem sollte nicht klar sein, daß in dem, was damals geschah, Zukünftiges vorhergebildet wurde, da doch der Apostel sagt, Adam sei ein Vorbild des Zukünftigen. „Der da ist, sagt er, ein Vorbild des Zukünftigen“6. Alles wurde auf mystische Weise vorhergebildet. Es konnte fürwahr Gott auch dem Wachenden eine Rippe entnehmen und ein Weib bilden. Oder mußte er vielleicht deshalb schlafen, damit die Seite nicht Schmerz empfinde, wenn die Rippe herausgenommen ist? Wer kann so schlafen, daß er nicht aufwacht, wenn ihm Beine herausgenommen werden? Oder merkte es der Mensch deshalb nicht, weil Gott sie herausnahm? Also konnte er ihm auch im wachenden Zustand ohne Schmerz die Rippe herausnehmen, der sie ihm im Schlafe herausnehmen konnte. Aber ohne Zweifel wurde der erste Krug angefüllt; die Prophetie jener Zeit wurde für die künftige Zeit verkündet.