• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Augustinus von Hippo (354-430) Tractatus in Euangelium Iohannis Vorträge über das Johannes-Evangelium (BKV)
11. Vortrag.

2.

Siehe, ihr habt gehört: „Als der Herr Jesus Christus in Jerusalem war an Ostern zum Feste, glaubten S. 183 viele an seinen Namen, da sie seine Zeichen sahen, die er tat. Viele glaubten an seinen Namen“. Und was folgt? „Jesus selbst aber vertraute sich ihnen nicht an.“ Was soll nun das heißen: „Sie glaubten an seinen Namen“, und: „Jesus selbst aber vertraute sich ihnen nicht an“1? Glaubten sie vielleicht nicht an ihn und stellten sie sich, als glaubten sie an ihn, und vertraute sich Jesus deshalb ihnen nicht an? Allein der Evangelist würde nicht sagen: „Viele glaubten an seinen Namen“, wenn er ihnen nicht ein wahres Zeugnis ausstellen würde. Etwas Großes also, etwas Staunenswertes: die Menschen glauben an Christus, und Christus vertraut sich den Menschen nicht an. Zumal da er der Sohn Gottes ist, hat er ohne Zweifel freiwillig gelitten, und wenn er nicht wollte, so würde er nie leiden; wenn er nicht wollte, würde er auch nicht geboren werden; wenn er aber bloß dies wollte, daß er nur geboren würde, so würde er sowohl nicht den Tod erleiden2, als auch tun, was immer er wollte, weil der Sohn des allmächtigen Vaters allmächtig ist. Dies wollen wir aus den Tatsachen selbst beweisen. Denn als sie ihn festnehmen wollten, entzog er sich ihnen; das Evangelium sagt: „Und als sie ihn vom Gipfel des Berges hinabstürzen wollten, ging er unverletzt von dannen“3. Und als sie zu seiner Ergreifung kamen, da er von dem Verräter bereits verkauft war, indem dieser es in seiner Macht zu haben glaubte, seinen Meister und Herrn auszuliefern, auch da zeigte der Herr, daß er freiwillig leide, nicht gezwungen. Denn als ihn die Juden ergreifen wollten, sprach er zu ihnen: „Wen suchet ihr? Aber jene sagten: Jesus von Nazareth. Und er: Ich bin es. Als sie dieses Wort hörten, wichen sie zurück und fielen nieder“4. Dadurch, daß er durch seine Antwort sie niederwarf, zeigte er seine Macht, um darin, daß er sich von ihnen festnehmen ließ, seine freie Zustimmung zu zeigen. Also daß er litt, war ein Werk der S. 184 Barmherzigkeit. „Denn er ist hingegeben worden wegen unserer Sünden und er ist auferstanden wegen unserer Rechtfertigung“5. Höre seine eigenen Worte: „Ich habe die Gewalt, mein Leben hinzugeben, und ich habe die Gewalt, es wieder zu nehmen; niemand nimmt es von mir, sondern ich gebe es selbst von mir, um es wieder zu nehmen“6. Da er also eine so große Gewalt hatte, indem er sie in Worten verkündete, in Taten offenbarte, was heißt dann dies: „Jesus vertraute sich ihnen nicht an“, als könnten sie ihm gegen seinen Willen einen Schaden zufügen oder gegen seinen Willen etwas tun, zumal da sie schon an seinen Namen glaubten? Sagt ja der Evangelist von den nämlichen: „Sie glaubten an seinen Namen“, von denen er sagt: „Er aber vertraute sich ihnen nicht an“. Warum? „Weil er selbst alle kannte, und weil er nicht nötig hatte, daß ihm jemand Zeugnis gebe von einem Menschen; denn er wußte, was im Menschen war.“ Besser wußte der Künstler, was in seinem Werke war, als das Werk selbst, was in ihm war. Der Schöpfer des Menschen wußte, was im Menschen war, was der erschaffene Mensch selbst nicht wußte. Können wir dies nicht von Petrus beweisen, da er nicht wußte, was in ihm war, als er sprach: „Ich gehe mit Dir bis in den Tod“? Höre, daß der Herr wußte, was im Menschen war: „Du mit mir in den Tod? Wahrlich, wahrlich, ich sage dir, ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen“7. Der Mensch wußte also nicht, was in ihm war, aber der Schöpfer des Menschen wußte, was im Menschen war. Es glaubten jedoch viele an seinen Namen, und er selbst vertraute sich ihnen nicht an. Was sagen wir, Brüder? Vielleicht wird uns das Folgende anzeigen, welches Geheimnis in diesen Worten liegt. Daß die Menschen an ihn glaubten, ist offenbar, ist wahr, niemand zweifelt daran, das Evangelium sagt es, der wahrheitsliebende Evangelist bezeugt es. Desgleichen, daß Jesus selbst sich ihnen nicht anvertraute, auch dies ist offenbar und kein Christ S. 185 bezweifelt es, weil auch dies das Evangelium berichtet und derselbe wahrheitsliebende Evangelist es bezeugt. Warum glaubten also jene an seinen Namen und vertraute sich Jesus ihnen nicht an? Sehen wir uns das Folgende an.


  1. Für „glauben“ und „anvertrauen“ steht im lateinischen Texte hier und im Folgenden credere. ↩

  2. Ich ziehe: et non moreretur, zum Nachsatz. ↩

  3. Luk. 4, 29 f. ↩

  4. Joh. 18, 4―6. ↩

  5. Röm. 4, 25. ↩

  6. Joh. 10, 18. ↩

  7. Matth. 26, 33 f.; Luk. 22, 33 f. ↩

pattern
  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Download
  • docxDOCX (859.52 kB)
  • epubEPUB (841.42 kB)
  • pdfPDF (3.20 MB)
  • rtfRTF (2.83 MB)
Übersetzungen dieses Werks
Vorträge über das Johannes-Evangelium (BKV)

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung