2.
Er hatte gesagt: „Der Sohn kann nichts von sich selbst tun, außer was er den Vater tun sieht“1. Wir haben aber erkannt, daß der Vater nichts für sich allein macht, so daß dann der Sohn, wenn er es sieht, etwas Ähnliches mache nach dem Werke seines Vaters, das er gesehen, sondern daß er deshalb gesagt hat: „Der Sohn kann nichts von sich selbst tun, außer was er den Vater tun sieht“, weil der ganze Sohn vom Vater ist, und seine ganze Wesenheit und Macht von dem ist, der ihn gezeugt hat. Nun aber, nachdem er gesagt hatte, daß er auf gleiche Weise das tue, was der Vater tut ― damit wir nicht meinten, anderes tue der Vater, anderes der Sohn, sondern durch die gleiche Macht tue der Sohn dasselbe, was der Vater tut, da der Vater es tut durch den Sohn, fährt er weiter und spricht das, was wir in der heutigen Lesung vernommen haben: „Denn der Vater liebt den Sohn und zeigt ihm alles, was er selbst tut“. Wieder kommt sterbliches Denken in Verwirrung. Der Vater zeigt dem Sohne, was er selbst tut. Also, sagt S. 356 einer, tut der Vater etwas für sich allein, damit der Sohn sehen kann, was er tut. Abermals treten vor das menschliche Denken gleichsam zwei Handwerker, wie wenn ein Zimmermann seinen Sohn in seinem Geschäfte unterrichtet und ihm alles zeigt, damit er es selbst auch tun kann: „Alles, sagt er, zeigt er ihm, was er selbst tut“. Wenn also der Vater etwas tut, wirkt der Sohn nicht mit, damit der Sohn zusehen kann, was der Vater tut? Gewiß „alles ist durch ihn geworden, und ohne ihn ist nichts geworden“. Hieraus2 sehen wir, wie der Vater dem Sohne zeigt, was er tut, da der Vater nichts tut, außer was er durch den Sohn tut. Was machte der Vater? Die Welt. Hat er nun die gemachte Welt dem Sohne so gezeigt, damit er etwas Ähnliches zustande bringe. Man zeige uns also die Welt, welche auch der Sohn gemacht hat. Allein „alles ist durch ihn geworden, und ohne ihn ist nichts geworden, und die Welt ist durch ihn geworden“3. Wenn durch ihn die Welt geworden ist und alles durch ihn geworden ist, und der Vater nichts macht, was er nicht auch durch den Sohn macht, wo zeigt der Vater dem Sohne, was er macht, außer im Sohne selbst, durch den er es macht? Denn welches wäre der Ort, wo das Werk des Vaters dem Sohne gezeigt würde, als ob er außerhalb wirken und außerhalb sitzen und der Sohn auf die Hand des Vaters schauen würde, wie er es macht? Wo bleibt dann jene unzertrennliche Dreieinigkeit? Wo ist das Wort, von dem es heißt, daß es die Kraft und Weisheit Gottes ist4. Wo das, was von eben dieser Weisheit die Heilige Schrift sagt: „Sie ist der Abglanz des ewigen Lichtes“?5 Wo das, was von ihr wieder gesagt wird: „Sie reicht von einem Ende bis zum andern und ordnet alles lieblich an“6. Wenn der Vater etwas tut, so tut er es durch den Sohn; wenn er es durch seine Weisheit und Kraft tut, so zeigt er es ihm nicht außerhalb, damit er es sehe, sondern in ihm selbst zeigt er ihm, was er tut.