5.
Von dieser Knechtschaft befreit also nur der Herr; der sie nicht hatte, befreit davon; kam er ja allein in diesem Fleische ohne Sünde. Denn die Kleinen, die ihr auf den Händen der Mütter tragen seht, können noch nicht gehen und sind doch schon gefesselt; sie haben sich nämlich von Adam her das zugezogen, was von Christus gelöst werden muß. Auch auf sie bezieht sich, wenn sie getauft werden, jene Gnade, welche der Herr verheißt, weil von der Sünde nur der befreien kann, der ohne Sünde kam und zum Opfer für die Sünde wurde. Ihr habt ja gehört, da der Apostel gelesen wurde: „Wir sind“, sagt er, „Gesandte für Christus, indem gleichsam Gott durch uns ermahnt; wir beschwören an Christi Statt1, d. h. als ob euch Christus beschwören würde. Zu welchem Zwecke? „Versöhnet euch mit Gott.“ Wenn der Apostel ermahnt und beschwört, daß wir uns mit Gott versöhnen, dann waren wir Feinde. Zu Feinden aber hat uns nicht die Natur gemacht, sondern die Sünde. Wodurch wir seine Feinde geworden sind, dadurch sind wir auch Knechte der Sünde geworden. Gott hat keine Freien zu Feinden; sie müssen Knechte sein, und Knechte werden sie bleiben, wenn sie nicht von dem befreit werden, dessen Feinde sie durch Sündigen sein wollten. „Wir beschwören“ also, sagt er, „an Christi Statt, versöhnet euch mit Gott.“ Wie aber sollen wir versöhnt werden, wenn das trennende Hindernis zwischen uns und ihm nicht beseitigt wird? Er sagt ja durch den Propheten: „Er hat das Ohr nicht beschwert, daß es nicht höre, sondern eure Sünden trennen zwischen euch und Gott“2. Wir werden also nicht S. 609 versöhnt außer durch Entfernung dessen, was in der Mitte liegt, und durch Setzung dessen, was in die Mitte gehört. Denn es gibt ein trennendes Hindernis dazwischen, aber dagegen gibt es auch einen versöhnenden Mittler; das trennende Hindernis dazwischen ist die Sünde, der versöhnende Mittler ist der Herr Jesus Christus: „Denn ein Gott ist, und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Christus Jesus“3. Damit also die trennende Scheidewand d. i. die Sünde entfernt werde, kam jener Mittler und es wurde zum Opfer der Priester selbst. Und weil er zum Opfer geworden ist für die Sünde, indem er sich selbst zum Brandopfer darbrachte am Kreuze seines Leidens, fährt der Apostel weiter und sagt nach den Worten: „Wir beschwören an Christi Statt, versöhnet euch mit Gott“, als würden wir fragen: Wie werden wir mit Gott versöhnt werden können? „Ihn“, sagt er, d. i. Christus selbst, „der die Sünde nicht kannte, hat er für uns zur Sünde gemacht, damit wir seien Gerechtigkeit Gottes in ihm“4. „Ihn“ selbst, sagt er, Christus den Gott, „der die Sünde nicht kannte.“ Er kam nämlich im Fleische d. h. in der Ähnlichkeit des Fleisches der Sünde5, jedoch nicht im Fleische der Sünde ― er war ohne irgendeine Sünde ―, und darum wurde er ein wahres Opfer für die Sünde, weil er selbst keine Sünde hatte.