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Über das Fasten, gegen die Psychiker (BKV)
9. Kap. Verteidigung der Enthaltung von einzelnen Speisen und der Xerophagie.
Diese Hauptart der Kasteiungen in Bezug auf Speise und Trank kann in Betreff der kleineren Betätigungen der Abstinenz bereits das Urteil begründen, daß auch sie in ihrer Weise nützlich und notwendig seien. Denn die Enthaltung von einigen bestimmten Nahrungsmitteln ist ja ein teilweises Fasten. Sehen wir uns also die Xerophagien auf ihre angebliche Neuheit und Torheit einmal an, ob nicht auch in ihnen ein ebenso alter als heilsamer Religionsgebrauch geübt werde. Ich kehre zurück zu Daniel und seinen Gefährten, welche Gemüse als Kost und Wasser als Trank den Schüsseln und Weinkrügen des Königs vorzogen. Infolgedessen S. 537sahen sie, damit ja niemand für ihr leibliches Aussehen bange, noch schöner aus und waren außerdem auch noch geistig geschmückt. Denn Gott gab den Jünglingen Wissenschaft und Einsicht in alle Literatur, und dem Daniel besonders noch Einsicht in jedes Wort, sowie in Traumgesichte und in alle Weisheit, wodurch er auch noch gerade die Mittel erkannte, durch die man von Gott die Kenntnis der Geheimnisse erlangt. Als er dann im dritten Jahre des Cyrus, des Perserkönigs, in die Betrachtung einer Vision verfiel, ersah er sich noch eine andere Art1 der Verdemütigung aus. „In jenen Tagen“, heißt es, „trauerte ich, Daniel, drei Wochen hindurch, feines Brot aß ich nicht, Fleisch und Wein kamen nicht in meinen Mund, und ich salbte mich nicht mit Öl, bis die drei Wochen um waren“2. Nach deren Verlauf wurde der Engel ausgesandt, der ihn also anredete: „Daniel, du bist ein erbarmenswerter Mann, fürchte dich nicht; denn vom ersten Tage an, wo du deine Seele der Betrachtung und der Verdemütigung vor Gott hingegeben, wurde dein Wort erhört, und ich bin gekommen wegen deines Wortes“3. So vertreiben also die erbarmenswerte Übung und die Verdemütigung4 der Xerophagie die Furcht, neigen das Ohr Gottes herab und machen der Erkenntnis verborgener Dinge teilhaftig.
Ich kehre auch zu Elias zurück. Warum brachte jener gewisse Engel ihm zu Bersabe in Judäa, nachdem er ihn aus dem Schlafe geweckt hatte, ohne Zweifel bloß Brot und Wasser, da ihn doch die Raben gewöhnlich mit Brot und Fleisch gesättigt hatten? Fehlte es etwa an Raben, die ihm bessere Kost bringen konnten, oder S. 538war es dem Engel vielleicht zu beschwerlich, irgendwoher von dem Mahle eines Königs einen Diener mit einer wohlversorgten Schüssel zu entführen und sie zu Elias hinüberzutragen, wie dem hungernden Daniel in der Löwengrube das Mittagsmahl der Schnitter gereicht wurde? Nein, es mußte ein Beispiel aufgestellt werden, welches lehrte, daß man zur Zeit der Bedrängnis, Verfolgung und jeglicher Not in Xerophagie leben müsse. Durch eine solche Lebensweise brachte David seine Exomologese zum Ausdruck, indem er Asche als Brot aß, d. h. ein Brot, so trocken und grau wie Asche, und seinen Trank mit Tränen mischte, anstatt mit Wein5. Denn auch die Enthaltung vom Wein hat ihre Vorrechte; sie war es, die Samuel Gott empfahl und Aaron heiligte. In Betreff des Samuel sagte seine Mutter: „Wein und Berauschendes wird er nicht trinken“6. Sie selbst lebte nämlich in gleicher Enthaltsamkeit; so betete sie zu Gott. Und zu Aaron sprach der Herr: „Wein und Meth sollt ihr nicht trinken, du und dein Sohn nach dir, wenn ihr das Gezelt betretet oder zum Altar hinaufsteiget, damit ihr nicht sterbet“7. Also werden die des Todes sterben, welche in der Kirche Gott nicht in Nüchternheit dienen. Darum macht er auch Israel, seinem Sohne, den Vorwurf: „Meinen Geheiligten habt ihr Wein als Trank gegeben“8. Auch diese Beschränkung des Trankes ist ein Teil der Xerophagie.
Indessen, wo die Enthaltung vom Weine durch Gott vorgeschrieben oder vom Menschen gelobt wird, da muß auch eine Verminderung der Speisen vorausgesetzt werden, welche dem Trank die Ordnung vorzeichnet. Wie die Speise, so der Trank. Es ist nicht wahrscheinlich, daß jemand das Opfer seines Gaumens Gott halb bringen, bei Wasser nüchtern und im Essen schwelgerisch sein sollte. Daß auch der Apostel die Xerophagie gekannt habe, er, der Größeres durchgemacht hatte, Hunger, Durst und vieles Fasten, der Trinkgelage und S. 539Schmausereien verworfen hatte, dafür kann man einen hinlänglichen Beweis schon auf seinen Schüler Timotheus gründen. Indem er denselben ermahnt, wegen seines Magens und seiner anhaltenden Schwäche ein wenig Wein zu gebrauchen, dessen sich dieser nicht wegen einer Vorschrift, sondern aus Andacht enthielt (sonst würde es für den Magen besser gewesen sein, bei der Gewohnheit zu bleiben), hat er die Enthaltung von Wein als etwas Gottgefälliges anempfohlen und sie nur infolge einer Notwendigkeit widerraten.
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die noch über die frühere hinausging. ↩
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Dan. 10,2 ff. ↩
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Ebd. 10,12. ↩
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Die überlieferte Lesart xerophagiarum miseratio et humiliatio metum expellunt ist beizubehalten und nicht mit der Wiener Ausgabe in „humilitati metum expellunt“ zu ändern, wie sich aus dem Vorhergehenden ergibt, wo T. diese Übung humiliatio (vgl. auch später, Kap. 12, folgenden griechischen Ausdruck ταπεινοφρόνησις) nennt und zwei Formen, eine mildere und eine strengere, unterscheidet. ↩
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Vgl. Ps. 101,10. ↩
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1 Kön. 1,15. ↩
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Lev. 10,9. ↩
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Amos 2,13. ↩
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On Fasting
Chapter IX.--From Fasts Absolute Tertullian Comes to Partial Ones and Xerophagies.
This principal species in the category of dietary restriction may already afford a prejudgment concerning the inferior operations of abstinence also, as being themselves too, in proportion to their measure, useful or necessary. For the exception of certain kinds from use of food is a partial fast. Let us therefore look into the question of the novelty or vanity of xerophagies, to see whether in them too we do not find an operation alike of most ancient as of most efficacious religion. I return to Daniel and his brethren, preferring as they did a diet of vegetables and the beverage of water to the royal dishes and decanters, and being found as they were therefore "more handsome" (lest any be apprehensive on the score of his paltry body, to boot!), besides being spiritually cultured into the bargain. 1 For God gave to the young men knowledge and understanding in every kind of literature, and to Daniel in every word, and in dreams, and in every kind of wisdom; which (wisdom) was to make him wise in this very thing also,--namely, by what means the recognition of mysteries was to be obtained from God. Finally, in the third year of Cyrus king of the Persians, when he had fallen into careful and repeated meditation on a vision, he provided another form of humiliation. "In those days," he says, "I Daniel was mourning during three weeks: pleasant bread I ate not; flesh and wine entered not into my mouth; with oil I was not anointed; until three weeks were consummated:" which being elapsed, an angel was sent out (from God), addressing him on this wise: "Daniel, thou art a man pitiable; fear not: since, from the first day on which thou gavest thy soul to recogitation and to humiliation before God, thy word hath been heard, and I am entered at thy word." 2 Thus the "pitiable" spectacle and the humiliation of xerophagies expel fear, and attract the ears of God, and make men masters of secrets.
I return likewise to Elijah. When the ravens had been wont to satisfy him with "bread and flesh," 3 why was it that afterwards, at Beersheba of Judea, that certain angel, after rousing him from sleep, offered him, beyond doubt, bread alone, and water? 4 Had ravens been wanting, to feed him more liberally? or had it been difficult to the "angel" to carry away from some pan of the banquet-room of the king some attendant with his amply-furnished waiter, and transfer him to Elijah, just as the breakfast of the reapers was carried into the den of lions and presented to Daniel in his hunger? But it behoved that an example should be set, teaching us that, at a time of pressure and persecution and whatsoever difficulty, we must live on xerophagies. With such food did David express his own exomologesis; "eating ashes indeed as it were bread," that is, bread dry and foul like ashes: "mingling, moreover, his drink with weeping"--of course, instead of wine. 5 For abstinence from wine withal has honourable badges of its own: (an abstinence) which had dedicated Samuel, and consecrated Aaron, to God. For of Samuel his mother said: "And wine and that which is intoxicating shall he not drink:" 6 for such was her condition withal when praying to God. 7 And the Lord said to Aaron: "Wine and spirituous liquor shall ye not drink, thou and thy son after thee, whenever ye shall enter the tabernacle, or ascend unto the sacrificial altar; and ye shall not die." 8 So true is it, that such as shall have ministered in the Church, being not sober, shall "die." Thus, too, in recent times He upbraids Israel: "And ye used to give my sanctified ones wine to drink." And, moreover, this limitation upon drink is the portion of xerophagy. Anyhow, wherever abstinence from wine is either exacted by God or vowed by man, there let there be understood likewise a restriction of food fore-furnishing a formal type to drink. For the quality of the drink is correspondent to that of the eating. It is not probable that a man should sacrifice to God half his appetite; temperate in waters, and intemperate in meats. Whether, moreover, the apostle had any acquaintance with xerophagies--(the apostle) who had repeatedly practised greater rigours, "hunger, and thirst, and fasts many," who had forbidden "drunkennesses and revellings" 9 --we have a sufficient evidence even from the case of his disciple Timotheus; whom when he admonishes, "for the sake of his stomach and constant weaknesses," to use "a little wine," 10 from which he was abstaining not from rule, but from devotion--else the custom would rather have been beneficial to his stomach--by this very fact he has advised abstinence from wine as "worthy of God," which, on a ground of necessity, he has dissuaded.