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Vom ersten katechetischen Unterricht (SKV 7)
13. Kapitel
18. Wirklich beschwerlich aber ist es, einen Vortrag bis zum vorgesehenen Ende durchzuhalten, wenn wir beim Hörer kein Zeichen der Regung feststellen, sei es daß er aus religiöser Furcht nicht wagt, durch ein Wort oder eine Geste seine Zustimmung kundzutun, sei es daß ihn persönliche Schüchternheit daran hindert, sei es daß er unsere Ausführungen nicht versteht, sei es daß er sie gering achtet. Da wir ja nicht in sein Inneres blicken können, über die Gründe also im Unklaren sind, müssen wir in unserem katechetischen Gespräch alles versuchen, was ihn aufrütteln und gleichsam aus seinem Versteck herauslocken könnte. Wenn ein Übermaß religiöser Scheu ihn daran hindert, seine Meinung kundzutun, können wir das durch freundliches Zureden abbauen; seine Schüchternheit können wir vermindern, indem wir ihm unsere brüderliche Verbundenheit bewußt machen; ob er uns versteht, können wir durch Zwischenfragen in Erfahrung bringen S. 45 und auch dadurch, daß wir ihm Mut machen, freimütig mögliche Einwände vorzubringen; man frage ihn auch, ob er das schon früher einmal gehört hat, so daß unsere Darlegungen ihm vielleicht in allen Einzelheiten vertraut sind und ihn deshalb nicht mehr bewegen. Je nach seiner Antwort wollen wir dann den weiteren Fortgang des Vortrags gestalten, sei es daß wir noch verständlicher und klarer formulieren, sei es daß wir die Gegenmeinungen widerlegen, sei es, daß wir das, was dem Hörer bekannt ist, nicht mehr allzu weitläufig darlegen, sondern nur noch kurz zusammenfassen, dafür aber, vor allem in der historischen Darstellung, einige von den allegorisch formulierten Aussagen aus den Heiligen Schriften auswählen, deren Enthüllung und Deutung dem Vortrag zusätzlichen Reiz verleihen sollte. Ist der Hörer aber geistig allzu unbeweglich und gegenüber allen Feinheiten dieser Art unempfänglich, ja geradezu ablehnend, müssen wir ihn eben barmherzig ertragen.1 Alle andern Fragen werden wir im Vorbeigehen erwähnen, jene aber, die wir unbedingt behandeln müssen, nämlich »Die Einheit der katholischen Kirche«, »Die Versuchungen«, »Der christliche Lebenswandel«, wollen wir im Hinblick auf das zukünftige Gericht mit erhobenem Drohfinger einschärfen. Im übrigen ist es sinnvoller, ausführlicher für ihn zu Gott zu sprechen, als mit ihm über Gott.
19. Oft kommt es auch vor, daß einer, der anfänglich bereitwillig zuhörte, später, sei es vom Zuhören, sei es vom Stehen ermüdet, seinen Mund nicht mehr für ein Wort der Zustimmung, sondern zum Gähnen öffnet und damit sogar gegen seinen Willen zu erkennen gibt, daß er am liebsten Weggehen möchte. Sobald wir dies bemerken, müssen wir seine Aufmerksamkeit wieder wecken, indem wir etwa eine mit S. 46 Humor gewürzte und zum Thema, das wir gerade behandeln, passende Bemerkung einflechten, oder indem wir etwas erzählen, was großes Erstaunen und Verblüffung oder aber Schmerz und Klage hervorruft. Vorzugsweise sollte die Zwischenbemerkung mit ihm selbst zu tun haben, damit er, an einem wunden Punkt getroffen, wieder wach wird; andererseits darf sie nicht durch Schroffheit sein empfindliches Gemüt verletzen, soll es vielmehr durch den persönlichen Ton für uns gewinnen. Ein anderes Mittel, die Aufmerksamkeit des Zuhörers wieder zu wecken, besteht darin, ihm eine Sitzgelegenheit anzubieten. Freilich wäre es ganz entschieden vorzuziehen, wenn er gleich von Anfang an sitzend zuhören könnte, falls sich dies in passender Weise einrichten läßt. Viel besser beraten ist man in einigen Kirchen jenseits des Mittelmeers, wo die Bischöfe, wenn sie zum Volk sprechen, nicht als einzige sitzen, sondern auch dem Volk Sitzgelegenheiten zur Verfügung stellen, damit nicht etwa ein körperlich Schwächerer, vom Stehen ermüdet, in seiner heilsamen Aufmerksamkeit abgelenkt wird oder gar die Kirche verlassen muß. Und dabei besteht immerhin ein großer Unterschied, ob jemand, der durch die sakramentale Gemeinschaft schon an die Kirche gebunden ist, sich aus einer großen Menge unbemerkt entfernt, um neue Kräfte zu sammeln, oder ob einer sich davonmacht, den wir gerade für die Riten zur Aufnahme ins Katechumenat vorbereiten müssen; diesem bleibt meist gar keine andere Wahl, da er nahe daran ist ohnmächtig zu werden und zu stürzen. Die Scham verbietet es ihm nämlich zu sagen, warum er weggeht, sein Schwächezustand aber erlaubt es ihm nicht, länger zu stehen. Ich spreche da aus Erfahrung, denn einem Mann vom Land erging es so, als ich ihm die Einführungskatechese erteilte; aus diesem Fall lernte ich, daß man große Sorgfalt anwenden muß. Wer nämlich könnte unsere Anmaßung ertragen, wenn wir Männer, die unsere Brüder sind, oder aber, was von uns besonders sorgsame Einfühlung verlangt, unsere Brüder werden sollen, vor unseren Augen stehen S. 47 ließen? Und unserem Herrn selber, vor dem die Engel stehen, hörte die Frau sitzend zu.2
Gewiß, wenn nur ein kurzer Vortrag vorgesehen ist oder wenn kein geeigneter Ort für das Beisammensitzen vorhanden ist, mag man stehend zuhören. Diese Einschränkung gilt aber nur bei zahlreicher Hörerschaft und niemals für Einführungskatechesen. Denn wenn nur einer oder zwei oder einige wenige zuhören, die gekommen sind, um Christen zu werden, ist es zu gewagt, sie beim Vortrag stehen zu lassen. Haben wir den Vortrag aber vor stehendem Publikum begonnen, so müssen wir wenigstens, sobald wir bei einem der Zuhörer ein Zeichen des Unbehagens erkennen, ihm eine Sitzgelegenheit anbieten, ihn sogar geradezu zum Sitzen drängen und dann ein kurzes Wort sagen, um seine Aufmerksamkeit wieder zu wecken und vielleicht auch eine Sorge aus seinem Herzen zu verscheuchen, die ihn gerade befallen und vom Vortrag abzulenken begonnen hat.
Wenn aber die Gründe unklar sind, warum er ohne Erklärung sich plötzlich weigert, uns weiter zuzuhören, sollten wir ihm, nachdem er sich gesetzt hat, in scherzhaftem oder nachdenklichem Ton, wie ich oben dargelegt habe,3 unser Mißfallen äußern, daß sich Gedanken an Alltagsgeschäfte eingeschlichen haben. Falls es wirklich solche Gedanken sind, die ihn beschäftigt hatten, müßten diese, gleichsam namentlich angeklagt, weichen; falls sie es aber nicht sind und der Hörer nur vom Zuhören ermüdet ist, kann sich seine Aufmerksamkeit vom Überdruß erholen, während wir in der oben besprochenen Weise, überraschend und vom Thema abweichend, uns zu diesen weltlichen Gedanken äußern, so als ob sie tatsächlich verantwortlich gewesen wären; denn wir wissen es ja nicht. Wir sollten uns dabei aber kurz fassen, vor allem weil wir ja vom Thema abweichen, damit nicht das Heilmittel selber, mit dem wir gegen die Krankheit des Überdrusses S. 48 ankämpfen wollen, sie im Gegenteil noch verschlimmert. Den Rest wollen wir kürzer gestalten, den baldigen Schluß in Aussicht stellen und uns daran halten.
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Vom ersten katechetischen Unterricht (BKV)
13. Kapitel: Der Grund der Verdrossenheit liegt oft auch in der Teilnahmslosigkeit der Zuhörer. Große, nachsichtige Nächstenliebe und ein gewisser praktischer Sinn werden die daraus erwachsenden Schwierigkeiten beheben
18. Groß aber wird das Opfer fürwahr erst dann, wenn man mit seinem Vortrag bis zum vorgesteckten Ziel ausharren soll, ohne daß man einen Eindruck bei seinem Zuhörer wahrnimmt. Mag das nun daher kommen, daß er es aus heiliger Ehrfurcht nicht wagt, seinen S. 263Beifall durch ein Wort oder auch nur durch eine Gebärde kund zu tun oder daß er seinen Beifall aus natürlicher Schüchternheit unterdrückt oder auch, daß er das Vorgetragene nicht versteht oder vielleicht sogar verachtet: kurz, sobald wir, die wir ja nicht in sein Herz hineinblicken können, über den Grund hievon nicht im klaren sind, müssen wir die ganze Kraft unseres Vortrags aufbieten, um ihn aufzurütteln und gleichsam aus seinen Schlupfwinkeln herauszureißen. Ist es übertriebene Furchtsamkeit, die ihn hindert, sein Urteil kund zu tun, so muß man sie durch liebevolles Zureden verscheuchen, muß seine Schüchternheit durch brüderliche Behandlung mäßigen, muß sich durch Fragen von seinem Verständnis überzeugen und muß ihm Mut einsprechen, sich frei darüber zu äußern, wo er Einwände machen zu müssen glaubt. Man frage ihn auch, ob er nicht etwa von diesen Dingen schon einmal gehört habe und ob sie ihn nicht vielleicht als etwas gar wohl Bekanntes ansprächen; je nach seiner Antwort verfahre man dann mit ihm: man spreche entweder deutlicher und klarer, widerlege die gemachten Einwürfe oder lasse sich über das ihm schon Bekannte nicht mehr so weitläufig aus, sondern fasse es kurz zusammen und wähle schließlich einige mystische Stellen der Heiligen Schrift vor allem im [katechetischen] Vortrag selbst aus und erkläre sie in ihrem eigentlichen Sinn, um den Vortrag anziehend zu gestalten. Ist der Zuhörer aber gar zu schwerfällig, so daß er auch für solche Schönheiten keinen Sinn oder gar nur Abneigung hat, dann ertrage man ihn eben mit Nachsicht und schärfe ihm nach einer nur knappen Behandlung vor allem andern lediglich das Allernotwendigste ein, d.h. die Wahrheiten von der Einheit der Kirche, von den Versuchungen, vom christlichen Wandel, den wir wegen des künftigen Gerichtes zu führen haben, und verlege sich darauf, mehr für ihn zu Gott, als vor ihm von Gott zu sprechen.
19. Auch das kommt oft vor, daß einer, der anfangs gerne zuhörte, vom Aufpassen und Stehen müde wird und den Mund öffnet, aber nicht um Beifall zu spenden, sondern um zu gähnen, und daß er so, ohne es zu wollen, S. 264erkennen läßt, er möchte gerne fortgehen. Sobald man so etwas merkt, so muß man seine Aufmerksamkeit von neuem wecken, indem man seine Rede mit einem anständigen und dem Gegenstand angemessenen Scherz würzt oder indem man von etwas recht Merkwürdigem und Staunenswertem oder auch von etwas Traurigem und Beklagenswertem spricht; mehr noch [hilft es vielleicht], wenn man von ihm selbst redet, um ihn durch das Interesse an der eigenen Person wach zu erhalten. Doch soll man nicht irgendwie durch Schroffheit sein Zartgefühl verletzen, sondern muß ihn vielmehr durch freundliche Behandlung anziehen; man komme ihm vielleicht auch dadurch entgegen, daß man ihn zum Sitzen einlädt. Es ist übrigens zweifelsohne überhaupt besser, dem Zuhörer, wo es füglich geschehen kann, gleich von Anfang an einen Sitz anzubieten. Noch weit angemessener aber ist es, wenn wie in manchen überseeischen Kirchen nicht nur der Bischof sitzt, wenn er zum Volke spricht, sondern wenn auch das Volk seine Sitze hat, damit nicht etwa ein Schwacher vom Stehen ermüdet und auf diese Weise von der so notwendigen Aufmerksamkeit abgezogen wird oder gar ganz weggehen muß. Dabei besteht aber doch ein großer Unterschied, ob sich einer aus der großen Gemeinde, der schon durch die Teilnahme an den Sakramenten festgehalten wird, der Erholung halber entfernt, oder ob einer weggeht, der eben erst durch die ersten Sakramente1 Aufnahme finden soll; [wenn dieser sich entfernt, dann] wird er sich in der Regel unbedingt dazu gedrängt fühlen, wenn er nicht etwa vor lauter Übelkeit in eine Ohnmacht fallen will; dabei schämen sich solche Leute, den Grund anzugeben, warum sie gehen müssen, obwohl sie vor Schwäche gar nicht mehr stehen können. Ich kann da aus Erfahrung sprechen: denn so ging es mir einmal in einer Katechese mit einem Bauersmann; aus diesem Fall habe ich gelernt, wie fürsorglich man in dieser S. 265Beziehung sein muß. Oder wer wird es nicht als eine unerträgliche Anmaßung von unserer Seite auffassen, wenn wir Leute, die doch unsere Brüder sind oder die, was wir uns mit noch größerer Sorgfalt sollen angelegen sein lassen, noch unsere Brüder werden sollen, in unserer Gegenwart nicht sitzen lassen; hat ja doch ein Weib sogar unserm Herrn sitzend zugehört2 , vor dem selbst die Engel stehen. Allerdings, wenn der Vortrag nur kurz werden soll oder wenn kein passender Platz zum Sitzen vorhanden ist, dann mögen die Zuhörer immerhin stehen, aber auch da nur, wenn ihre Zahl groß ist und wenn es keine Katechumenen sind. Kommen nämlich nur einer oder zwei oder doch nur wenige zu dem Zwecke, um Christen zu werden, so ist es gefährlich, sie bei unserm Vortrag stehen zu lassen. Ist dies aber doch von Anfang an so geschehen, so muß man dem Zuhörer, wenigstens sobald man ihn überdrüssig werden sieht, einen Sitz anbieten, ja ihn förmlich zum Sitzen nötigen und dann von etwas reden, was ihn wieder von neuem anregt und etwa auch jene Unbehaglichkeit, die ihn vielleicht schon zu zerstreuen begann, wieder aus seinem Geist zu vertreiben geeignet ist. Da nämlich die Gründe, warum er uns teilnahmslos die weitere Aufmerksamkeit versagt, ungewiß sind, so lasse man ihn zuerst sich setzen und rede dann, wie gesagt, auf scherzhafte oder auch auf ernsthafte Weise von etwas, was von den zerstreuenden Gedanken an weltliche Geschäfte abbringt: sind es dann gerade diese Geschäfte, mit denen sich der Geist abgegeben hatte, so müssen sie wohl weichen, da sich ja unsere Anklage gewissermaßen namentlich gegen sie wendet; sind sie es aber nicht und ist jener bloß durch das Aufmerken müde geworden, so wird gerade dadurch, daß wir von diesen Gedanken geradeso, als ob sie wirklich vorhanden wären — wir wissen dies aber eigentlich nicht —, in der angegebenen Weise ganz unerwartet und vom eigentlichen Gegenstand abspringend etwas sagen, die Aufmerksamkeit aufs neue wieder angeregt. Doch soll dies nur kurz geschehen, vor S. 266allem deshalb, weil es ja außerhalb des Zusammenhangs liegt; denn sonst könnte ja gerade das Heilmittel selbst die Krankheit des Überdrusses, der wir doch entgegenarbeiten wollen, noch verstärken. Im übrigen beeile man sich, verspreche und mache auch wirklich bald Schluß.
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Gemeint ist das „sacramentum salis"; nach Beendigung der Einführungskatechese wird der sich zum Eintritt ins Christentum meldende Heide durch Bekreuzung, Handauflegung und durch Darreichung von Salz exorzisiert und wird bereits jetzt als Katechumen als zur Gemeinde gehörig angesehen. ↩
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Luk. 10,39: Jesus im Hause der Maria und Martha von Bethanien. ↩