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Werke Augustinus von Hippo (354-430) De catechizandis rudibus

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Vom ersten katechetischen Unterricht (SKV 7)

16. Kapitel

24. Nehmen wir nun dennoch an, daß jemand zu uns gekommen ist, der Christ werden will, und zwar jemand aus der Kategorie der völlig Ungebildeten, doch nicht vom Land, sondern aus der Stadt, also einer von jenen, mit denen du es in Karthago häufig zu tun haben mußt. Nachdem wir ihn auch befragt haben, ob er um eines diesseitigen Vorteils willen Christ zu sein begehrt oder wegen der Ruhe, die man sich für S. 54 die Zeit nach diesem Leben erhofft, hat er das zweite bejaht. So nun könnte etwa die Ansprache lauten, mit der wir ihn in den Glauben einführen:

Gott sei es gedankt, mein Bruder, ich bin sehr froh und freue mich für dich, daß du in den gewaltigen und gefahrvollen Stürmen dieser Welt an eine echte und beständige Sicherheit gedacht hast. Schon in diesem Leben suchen ja die Menschen unter gewaltigen Anstrengungen Ruhe und Sicherheit, finden sie aber nicht, weil sie nach dem Falschen streben. Wir wollen nämlich Ruhe finden in ruhelosen und unbeständigen Dingen; da sich diese uns aber im Lauf der Zeit entziehen und vergehen, plagen sie die Menschen mit Ängsten und Sorgen und lassen ihnen keine Ruhe. Will der Mensch etwa im Reichtum seine Ruhe finden, wird er davon eher überheblich als sorgenfrei. Wir sehen doch, wie viele ihren Reichtum plötzlich verloren haben, wie viele durch ihn gar zugrunde gingen, sei es, als sie selber auf der Jagd nach ihm waren, sei es, als noch Gierigere sie niederzwangen und ihnen den Reichtum Wegnahmen. Und selbst wenn der Reichtum das ganze Leben hindurch beim Menschen bliebe und seinen Liebhaber nicht im Stich ließe, müßte dieser selbst bei seinem Tod den Reichtum zurücklassen.

Wie kurz ist doch das Leben des Menschen, auch wenn er ein hohes Alter erreicht!1 Wenn sich die Menschen aber ein hohes Alter wünschen, was wünschen sie sich anderes als eine lange Zeit der Gebrechlichkeit? Und wenn sie sich erst die Ehren dieser Welt wünschen: was sind sie denn anderes als Stolz und Einbildung und drohender Sturz? Denn so spricht die Heilige Schrift: »Alles Fleisch ist wie Gras und alle Herrlichkeit des Menschen wie die Blüte des Grases. Das Gras verdorrt, und die Blüte fällt ab. Das Wort des Herrn aber bleibt in Ewigkeit.«2

Wer also die wahre Ruhe und das wahre Glück sucht, muß S. 55 seine Hoffnung von den sterblichen und vergänglichen Dingen wegheben und sie auf das Wort Gottes setzen, damit er, mit dem verbunden, was in Ewigkeit bleibt, selber mit ihm in Ewigkeit bleibe.

25. Es gibt auch Menschen, die weder nach Reichtum streben noch sich ehrgeizig bemühen, zum eitlen Pomp der Würden zu gelangen, dafür aber ihre Freude und Entspannung in Kneipen und Bordellen suchen sowie in Theatern und geistlosen Zirkusspielen, die ihnen in den großen Städten umsonst zur Verfügung stehen. Doch auch so bringen sie das bescheidene Vermögen in ihrer Verschwendungssucht durch und verlegen sich dann aus der Not heraus auf Diebstahl und Einbruch, manchmal sogar auf offenen Raub, und auf einmal werden sie von zahllosen und tiefen Ängsten gepackt. Und sie, die eben noch in den Kneipen gesungen haben, träumen nun schon vom Wehklagen im Gefängnis. In ihrer Zirkusleidenschaft aber werden sie den bösen Geistern ähnlich, indem sie mit Schlachtrufen Menschen, die sich vorher nichts antaten, aufhetzen, sich gegenseitig niederzuschlagen und auf Leben und Tod zu kämpfen, nur um dem rasenden Pöbel zu gefallen. Und wenn sie sehen, daß die Wettkämpfer sich gegenseitig schonen, packt sie der Haß, und sie wollen sich rächen, indem sie laut fordern, daß man diese wie Betrüger verprügle; und sie zwingen gar den Schiedsrichter, der doch Regelwidrigkeiten ahnden sollte, diese Regelwidrigkeit zu begehen. Wenn sie dagegen sehen, daß die Wettkämpfer in brutaler Härte aufeinander losgehen – seien es nun die sogenannten »sintae,3 seien es Schauspieler und Tänzer, seien es Wagenlenker oder jene unglückseligen Gladiatoren, die man nicht nur zum Kampf gegeneinander, sondern auch zum S. 56 Kampf gegen Tiere in die Wettkampfarena schickt – dann steigert sich ihre Lust und ihr Vergnügen, je deutlicher sie erkennen, wie schonungslos diese Kämpfer gegeneinander wüten. Wenn diese kampfgierig sind, feuern sie sie an, und mit ihren Anfeuerungsrufen steigern sie noch die Kampfgier; auf der Tribüne toben die Zuschauer, aufgeteilt in zwei Lager, noch heftiger gegeneinander als jene Kämpfer, für deren Toben die Wahnsinnigen verantwortlich sind und an deren Toben sie sich in ihrem Wahnsinn auch weiden wollen.

Wie kann sich denn ein Herz, das sich an Haß und Kampf nährt, die Besonnenheit bewahren, die zum Frieden führt? Wie die Speise des Menschen, so sein Befinden.4 Und ein letzter Gedanke: Mögen diese Freuden auch noch so groß sein – obwohl man bei Freuden des Wahnsinns überhaupt nicht von Freuden sprechen kann –, mag uns das Prahlen mit dem Reichtum, der Dünkel aufgrund der Ämter, der Morast der Kneipen, die Kämpfe im Theater, der Schmutz der Bordelle und die Lüsternheit in den Bädern noch so sehr Vergnügen bereiten, ein einziger kleiner Fieberanfall nimmt uns dies alles weg und entzieht uns, während wir noch leben, die ganze trügerische Glückseligkeit. Zurück bleibt uns dann ein wertloses und verwundetes Gewissen, das bald Gott als Richter zu spüren bekommt, den es als Hüter nicht haben wollte; es wird den als strengen Herrn vorfinden, den es als milden Vater zu suchen und zu lieben verschmähte.

Da du aber die wahre Ruhe suchst, die den Christen nach diesem Leben versprochen ist,5 wirst du sie schon hier, mitten in den bittersten Mühsalen dieses Lebens, in ihrer Süße und Lieblichkeit genießen können, wenn du die Gebote S. 57 dessen liebst, der diese Ruhe versprochen hat. Denn schnell wirst du merken, daß die Früchte der Gerechtigkeit süßer sind als die des Unrechts,6 daß ein Mensch sich echter und tiefer freuen kann über ein gutes Gewissen inmitten der Mühsal als über ein schlechtes Gewissen inmitten der Genüsse. Denn du bist ja nicht gekommen, dich der Kirche Gottes anzuschließen, um aus ihr einen Nutzen in dieser Welt zu ziehen.


  1. Vgl. Ps 89,10. ↩

  2. 1 Petr 1,24f.; Jes 40,6.8. ↩

  3. Die Bedeutung von sintae ist ungeklärt; es sind wahrscheinlich Schauspieler, die mythologische Kampfszenen vorführen. Zum Theater vgl. W Weismann, Kirche und Schauspiele. Die Schauspiele im Urteil der lateinischen Kirchenväter unter besonderer Berücksichtigung von Augustin (Cassiciacum Bd. 27), Würzburg 1972. ↩

  4. Qualis cibus sumitur, talis valetudo consequitur: eine sprichwörtliche Redensart, die bei A. Otto, Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Römer, Leipzig 1890 (Nachdruck Darmstadt 1965) und bei R. Häussler*, Nachträge zu A. Otto, Darmstadt 1968, nicht verzeichnet ist. ↩

  5. Vgl. Hebr 4,10; Offb 14,13. ↩

  6. Vgl. Spr 16,8. ↩

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De catechizandis rudibus

CAPUT XVI. Formula orationis catechistae.

24. Exordium ductum a laudabili proposito suscipiendae christianae religionis, propter futuram requiem. Requies in rebus inquietis non quaerenda. Non in divitiis, nec in [Col. 0329] honoribus. Requiem quaerentes in oblectamentis carnis et in spectaculis.]: Sed tamen faciamus aliquem venisse ad nos, qui vult esse christianus, et de genere quidem idiotarum, non tamen rusticanorum, sed urbanorum, quales apud Carthaginem plures experiri te necesse est: interrogatum etiam utrum propter vitae praesentis aliquod commodum, an propter requiem quae post hanc vitam speratur, christianus esse desiderat, propter futuram requiem respondisse: tali fortasse a nobis instrueretur alloquio. Deo gratias, frater: valde tibi gratulor, et gaudeo de te, quod in tantis ac tam periculosis hujus saeculi tempestatibus de aliqua vera et certa securitate cogitasti. Nam et in hac vita homines magnis laboribus requiem quaerunt et securitatem, sed pravis cupiditatibus non inveniunt. Volunt enim requiescere in rebus inquietis et non permanentibus: et quia illae tempore subtrahuntur et transeunt, timoribus et doloribus eos agitant, nec quietos esse permittunt. Sive enim in divitiis velit homo requiescere, magis superbus efficitur, quam securus. Annon videmus quam multi eas subito perdiderint, multi etiam propter illas perierint, aut cum eas habere cupiunt, aut cum eis oppressis a cupidioribus auferuntur? Quae si etiam per totam vitam cum homine permanerent, et non desererent dilectorem suum, ipse illas sua morte desereret. Quanta est enim vita hominis, etiamsi senescat? Aut cum sibi homines optant senectutem, quid aliud optant nisi longam infirmitatem? Sic et honores hujus saeculi, quid sunt nisi typhus, et inanitas, et ruinae periculum? Quia sic Scriptura sancta dicit: Omnis caro fenum, et claritas hominis ut flos feni. Fenum aruit, flos decidit; verbum autem Domini manet in aeternum1. Ideo qui veram requiem et veram felicitatem desiderat, debet tollere spem suam de rebus mortalibus et praetereuntibus, et eam collocare in verbo Domini; ut haerens ei quod manet in aeternum, etiam ipse cum illo maneat in aeternum.

25. Sunt etiam homines qui nec divites quaerunt esse, nec ad vanas honorum pompas ambiunt pervenire: sed gaudere et requiescere volunt in popinis et in fornicationibus, et in theatris atque spectaculis nugacitatis quae in magnis civitatibus gratis habent. Sed sic etiam ipsi aut consumunt per luxuriam paupertatem suam, et ab egestate postea in furta et effracturas, et aliquando etiam in latrocinia prosiliunt, et subito multis et magnis timoribus implentur; et qui in popina paulo ante cantabant, jam planctus carceris somniant. Studiis autem spectaculorum fiunt daemonibus similes, clamoribus suis incitando homines ut se invicem caedant, secumque habeant contentiosa certamina qui se non laeserunt, dum placere insano populo cupiunt: quos si animadverterint esse concordes, tunc eos oderunt et persequuntur, et tanquam collusores ut fustibus verberentur [Col. 0330] exclamant, et hanc iniquitatem facere etiam vindicem iniquitatum judicem cogunt; si autem horrendas adversus invicem inimicitias eos exercere cognoverint, sive sintae qui appellantur, sive scenici et thymelici, sive aurigae, sive venatores, quos miseros non solum homines cum hominibus, sed etiam homines cum bestiis in certamen pugnamque committunt; quo majore adversus invicem discordia furere senserint, eo magis amant et delectantur, et incitatis favent, et faventes incitant, plus adversus se ipsos insanientes ipsi spectatores alter pro altero, quam illi quorum insaniam insani provocant, sed insaniendo spectare desiderant. Quomodo ergo sanitatem pacis tenere animus potest, qui discordiis et certaminibus pascitur? Qualis enim cibus sumitur, talis valetudo consequitur. Postremo quamvis insana gaudia non sint gaudia, tamen qualiacumque sint, et quantumlibet delectet jactantia divitiarum, et tumor honorum, vorago popinarum, et bella theatrorum, et immunditia fornicationum, et prurigo thermarum; aufert omnia ista una febricula, et adhuc viventibus totam falsam beatitudinem subtrahit: remanet inanis et saucia conscientia, Deum sensura judicem, quem noluit habere custodem; et inventura asperum Dominum, quem dulcem patrem quaerere et amare contempsit. Tu autem quia veram requiem quae post hanc vitam Christianis promittitur quaeris, etiam hic eam inter amarissimas vitae hujus molestias suavem jucundamque gustabis, si ejus qui eam promisit praecepta dilexeris. Cito enim senties dulciores esse justitiae fructus quam iniquitatis, et verius atque jucundius gaudere hominem de bona conscientia inter molestias, quam de mala inter delicias; quia non sic venisti conjungi Ecclesiae Dei, ut ex ea temporalem aliquam utilitatem requiras.


  1. Isai XL, 6-8.  ↩

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