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Werke Augustinus von Hippo (354-430) De catechizandis rudibus

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Vom ersten katechetischen Unterricht (SKV 7)

21. Kapitel:

37. Einige Generationen später aber führte Gott ein weiteres Modell vor, das besonders deutlich mit dem Heilsgeschehen S. 71 in Verbindung steht: Die Bürgerschaft jener Stadt wurde nämlich gefangengenommen und ein großer Teil von ihr nach Babylon weggeführt. Wie nun Jerusalem Sinnbild ist für die Bürgerschaft und die Gemeinschaft der Heiligen, so ist Babylon Sinnbild für die Bürgerschaft und die Gemeinschaft der Ungerechten; denn dieser Name soll soviel wie »Verwirrung« bedeuten.1 Uber diese zwei Bürgerschaften, die miteinander vermischt von Anfang des Menschengeschlechts bis zum Ende der Zeiten die wechselvollen Epochen durchlaufen und die dann beim letzten Gericht voneinander geschieden werden müssen, haben wir kurz vorher schon gesprochen.2 Jener Bürgerschaft von Jerusalem, die gefangengenommen war, und jenem Volk, das nach Babylon geführt wurde, befiehlt also der Herr durch Jeremias, den Propheten jener Zeit, sich dem Sklavenjoch zu beugen.3 Und es gab da Könige von Babylon, unter deren Knechtschaft jenes Volk stand, die aus Anlaß seiner Anwesenheit von manchen Wundertaten so beeindruckt waren, daß sie den einen wahren Gott, den Schöpfer jeglicher Kreatur, erkannten, ihn verehrten und seine Verehrung befahlen.4 Das jüdische Volk aber wurde aufgefordert, für die zu beten, von denen sie gefangen gehalten wurden, und im Frieden jener den eigenen Frieden zu erhoffen, um so Kinder zeugen, Häuser bauen, Gärten und Weinberge anlegen zu können.5 Es wurde ihnen aber versprochen, daß sie nach 70 Jahren aus jener Gefangenschaft befreit würden.6

Dies alles versinnbildlicht modellhaft, daß die Kirche Christi in all ihren Heiligen, welche die Bürger des himmlischen Jerusalem sind, versklavt sein wird unter den Königen dieser Welt. Auch die Lehre des Apostels sagt ja, »daß jede Seele S. 72 sich den vorgesetzten Obrigkeiten unterwerfe«7 und »daß man jedem das erstattet, was ihm gebührt: wem Tribut, dem Tribut, wem Steuern, dem Steuern«,8 und ebenso alles andere, was wir den Obrigkeiten im Bereich der menschlichen Rechtsordnung entrichten, ohne gegen die Verehrung unseres Gottes zu verstoßen. Sogar der Herr selber ließ sich ja herab, für die menschliche Natur, die er angenommen hatte, Kopfsteuer zu bezahlen,9 um uns Menschen ein Beispiel für diese gesunde Lehre zu geben.10 Im weiteren werden auch die Sklaven,11 die Christen und gute Gläubige geworden sind, aufgerufen, ihren zeitlichen Herren in Geduld und Treue zu dienen;12 sie werden diese einmal richten, wenn sie bis zum Ende in ihrer Bosheit verharren, oder aber gleichberechtigt mit ihnen herrschen, wenn sie sich ebenfalls zum wahren Gott bekehren. Allen aber wird befohlen, den menschlichen Mächten dieser Erde zu dienen, bis die Kirche wie einst Jerusalem nach Ablauf der vorbestimmten Zeit – wofür die 70 Jahre ein Sinnbild sind – aus der Verwirrung dieser Zeit, gleichsam als der babylonischen Gefangenschaft, befreit wird. Anläßlich dieser Gefangenschaft der Kirche haben sogar irdische Herrscher ihre Götzenbilder, um derentwillen sie die Christen verfolgten, im Stich gelassen, erkannten den einen wahren Gott und Christus den Herrn und verehrten ihn. Für diese Herrscher befahl Paulus zu beten, schon als sie die Kirche noch verfolgten. Denn so spricht er: »Vor allem beschwöre ich euch also, daß Bitten, Gebete, Fürbitten und Danksagungen verrichtet werden für alle Menschen, für die Könige und für alle, die Befehlsgewalt S. 73 haben, damit wir ein ungestörtes und ruhiges Leben führen in aller Frömmigkeit und Liebe.«13 Daher wurde der Kirche durch diese Könige der Friede geschenkt, wenn auch nur ein zeitlicher Friede, eine zeitliche Ruhe, damit geistigerweise Häuser gebaut, Gärten und Weinberge angelegt werden können. Denn siehe, auch wir sind gerade dabei, dich mit diesem Gespräch aufzubauen und zu pflanzen. Und dies geschieht auf dem ganzen Erdkreis unter der Friedensordnung der christlichen Herrscher, so wie derselbe Apostel sagt: »Ihr seid Gottes Ackerfeld, ihr seid Gottes Bauwerk.«14

38. Nach jenen siebzig Jahren aber, die Jeremias in gleichnishafter Sprache prophezeit hatte,15 um damit ein Modellbild vom Ende der Zeiten zu geben, erfolgte nun, damit dieses Modell vervollständigt würde, in Jerusalem der Wiederaufbau des Tempels Gottes. Da sich aber der ganze Vorgang nur im Sinne eines Modells abspielte, waren Friede und Freiheit, die den Juden zurückgegeben wurden, nicht von Dauer. Sie wurden später von den Römern besiegt und tributpflichtig gemacht.

Freilich wurde Christus den Juden, seit sie das Land der Verheißung empfangen hatten und erstmals Könige hatten, recht deutlich und durch eine Vielzahl von Prophezeiungen angekündigt, nicht nur von David selber im Buch der Psalmen, sondern auch von den anderen großen und heiligen Propheten bis zur Zeit der Gefangenschaft in Babylon, damit sie nicht etwa meinten, die Verheißung von Christus als Befreier sei ihnen in einem der Könige in Erfüllung gegangen. Auch in der Gefangenschaft selber gab es Propheten, welche den kommenden Herrn Jesus Christus als Befreier aller ankündigten. Und als nach Ablauf der siebzig Jahre der S. 74 Tempel wieder hergestellt wurde, hatten die Juden von den Königen der Heidenvölker so viel Bedrängnis und Leid zu erdulden, daß sie erkennen mußten, daß der Befreier noch nicht gekommen war. Freilich erkannten sie nicht, daß dieser sie im geistigen Sinn befreien werde, sie warteten vielmehr voll Sehnsucht auf ihn, um im fleischlichen Sinn befreit zu werden.


  1. Vgl. Gen 11,9. ↩

  2. Siehe 31. ↩

  3. Vgl. Jer 21,1-10; 27. ↩

  4. Vgl. Dan 2,46ff.; 3,95ff.; 4,34ff.; 6,25ff. ↩

  5. Vgl. Jer 29,5-7. ↩

  6. Vgl. Jer 25,10f.; 29,10. ↩

  7. Röm 13,1. ↩

  8. Röm 13,7. ↩

  9. Vgl. Mt 17,24-27. ↩

  10. Vgl. 1 Tim 1,10. ↩

  11. Nach servi ist ein Komma zu setzen. Nicht christliche Sklaven und gute Gläubige sind einander gegenübergestellt, sondern Sklaven und Herren. ↩

  12. Vgl. Kol 3,22; Eph 6,3. ↩

  13. 1 Tim 2,1 f. ↩

  14. 1 Kor 3,9. ↩

  15. Vgl. Jer 29,10. ↩

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De catechizandis rudibus

CAPUT XXI. Captivitas Babylonica et in ea gesta quid significent. Post captivitatem Babylonicam libertas qualis reddita.

37. Post aliquot tamen generationes ostendit alium typum ad rem maxime pertinentem. Nam captivata est illa civitas, et multa pars ejus educta [Col. 0337] in Babyloniam. Sicut autem Jerusalem significat civitatem societatemque sanctorum; sic Babylonia significat civitatem societatemque iniquorum, quoniam dicitur interpretari Confusio. De quibus duabus civitatibus, ab exordio generis humani usque in finem saeculi permixte temporum varietate currentibus, et ultimo judicio separandis, paulo ante jam diximus1. Illa ergo captivitas Jerusalem civitatis, et ille populus in Babyloniam ductus ad servitutem ire jubetur a Domino per Jeremiam illius temporis prophetam. Et exstiterunt reges Babyloniae, sub quibus illi serviebant, qui ex eorum occasione commoti quibusdam miraculis cognoscerent et colerent et coli juberent unum verum Deum, qui condidit universam creaturam2. Jussi sunt autem et orare pro eis a quibus captivi tenebantur, et in eorum pace pacem sperare, ad gignendos filios, et domos aedificandas, et plantandos hortos et vineas. Post septuaginta autem annos promittitur eis ab illa captivitate liberatio3. Hoc autem totum figurate significabat Ecclesiam Christi in omnibus sanctis ejus, qui sunt cives Jerusalem coelestis, servituram fuisse sub regibus hujus saeculi. Dicit enim et apostolica doctrina, ut omnis anima sublimioribus potestatibus subdita sit;]: et ut reddantur omnibus omnia; cui tributum, tributum; cui vectigal, vectigal4; et caetera quae salvo Dei nostri cultu, constitutionis humanae principibus reddimus; quando et ipse Dominus, ut nobis hujus sanae doctrinae praeberet exemplum, pro capite hominis quo erat indutus, tributum solvere non dedignatus est5. Jubentur autem etiam servi christiani et boni fideles dominis suis temporalibus aequanimiter fideliterque servire6: quos judicaturi sunt, si usque in finem iniquos invenerint; aut cum quibus aequaliter regnaturi sunt, si et illi ad verum Deum conversi fuerint. Omnibus tamen praecipitur servire humanis potestatibus atque terrenis, quousque post tempus praefinitum, quod significant septuaginta anni, ab istius saeculi confusione tanquam de captivitate Babyloniae, sicut Jerusalem liberetur Ecclesia. Ex cujus captivitatis occasione ipsi etiam terreni reges desertis idolis, pro quibus persequebantur Christianos, unum verum Deum et Christum Dominum cognoverunt et colunt, pro quibus apostolus Paulus jubet orari, etiam cum persequerentur Ecclesiam. Sic enim dicit: Obsecro itaque primum fieri deprecationes, adorationes, interpellationes, gratiarum actiones, pro regibus, pro omnibus hominibus, et omnibus qui in sublimitate sunt, ut securam et tranquillam vitam agamus cum omni pietate et charitate7. Itaque per ipsos data pax est Ecclesiae, quamvis temporalis, tranquillitas temporalis ad aedificandas spiritualiter domos et plantandos hortos et vineas. Nam et ecce te modo per istum sermonem aedificamus atque plantamus. Et [Col. 0338] hoc fit per totum orbem terrarum cum pace regum christianorum, sicut idem dicit apostolus: Dei agricultura, Dei aedificatio estis8.

38. Et post annos quidem septuaginta, quos mystice prophetaverat Jeremias, ut finem temporum praefiguraret, tamen ut ipsa figura integraretur, facta est in Jerusalem restitutio aedificationis templi Dei: sed quia totum figurate agebatur, non erat firma pax ac libertas reddita Judaeis. Itaque postea a Romanis victi sunt, et tributarii facti. Ex illo sane tempore ex quo terram promissionis acceperunt, et reges habere coeperunt, ne in aliquo regum suorum completum esse arbitrarentur quod eis liberator Christus promittebatur, apertius per multas prophetias prophetatus est Christus; non solum ab ipso David in libro Psalmorum, sed etiam a caeteris et magnis et sanctis prophetis, usque ad tempus captivitatis in Babyloniam: et in ipsa captivitate fuerunt prophetae, qui venturum Dominum Jesum Christum liberatorem omnium prophetarent. Et posteaquam templum transactis septuaginta annis restitutum est, tantas pressuras et calamitates a regibus Gentium Judaei perpessi sunt, ut intelligerent nondum venisse liberatorem, quem non spiritualiter liberaturum intelligebant, sed pro liberatione carnali desiderabant.


  1. Cap. 19. ↩

  2. Dan. II-VI, XIV. ↩

  3. Jerem. XXV, XXIX. ↩

  4. Rom. XIII, 1, 7. ↩

  5. Matth. XVII, 26. ↩

  6. Ephes. VI, 5. ↩

  7. I Tim. II, 1, 2. ↩

  8. I Cor. III, 9.  ↩

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