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Vom ersten katechetischen Unterricht (SKV 7)
26. Kapitel
50. Nach diesen Ausführungen ist der Zuhörer zu fragen, ob er an das Gesagte glaube und den festen Wunsch habe, danach zu leben. Wenn er dies bejaht, bezeichnen wir ihn feierlich S. 88 mit dem Zeichen des Kreuzes und verfahren dann weiter nach dem Brauch der Kirche.
Bezüglich der Aufnahmezeremonien, die wir an ihm vollziehen, müssen wir ihm freilich ganz deutlich klar machen, daß das, was sichtbar ist, nur Zeichen für das göttliche Heilsgeschehen ist, und daß in ihm das Geschehen selber, das unsichtbar ist, zur Darstellung kommt, und daß das, was vor den Augen erscheint, durch die Segnung geheiligt ist und deshalb nicht mehr so zu verstehen ist, wie es im gewöhnlichen Alltag geschieht. Wir müssen ihm dann auch sagen, was für eine Bedeutung die rituelle Formel habe, die er gehört hat, ebenso, was die durch das Salz sinnbildlich dargestellte Würzung bei ihm bewirkt.1 Bei dieser Gelegenheit wollen wir ihn noch einmal daran erinnern, jedesmal, wenn er sogar in den Heiligen Schriften etwas hört, was fleischlich klingt – selbst wenn er den Sinn nicht erkennt –, daran zu glauben, daß damit sinnbildhaft etwas Geistiges bezeichnet ist, etwas was sich auf die heilige Lebensführung und das zukünftige Leben bezieht. Dies lernt er in kurzer Zeit, so daß er dann, wenn immer er in den kanonischen Schriften etwas hört, was er nicht mit der Liebe zum ewigen Leben, zur Wahrheit und Heiligkeit und auch nicht mit der Liebe zum Nächsten in Verbindung bringen kann, daran glaubt, daß das im Sinn eines Modells gesagt oder getan wurde, und dann versucht, die Stelle so zu verstehen,2 daß er sie auf jene zweifache Liebe bezieht. Er wird zum Beispiel den Begriff »der Nächste« nicht im fleischlichen Sinn verstehen, sondern in diesen Begriff jeden einschließen, der mit ihm zu jener Gemeinschaft der Heiligen gehören kann, mag er tatsächlich schon offen S. 89 dazugehören oder noch nicht. Und er wird bei keinem Menschen die Hoffnung auf Bekehrung aufgeben, solange er ihn durch die Geduld Gottes noch am Leben sieht, was ja, wie der Apostel sagt, einzig deshalb geschieht, damit er zur Buße geführt werde.3
51. Wenn dir das eben vorgeführte Beispiel, mit dem ich zeigte, wie man einen Nichtchristen in den Glauben einführen kann, zu lang erscheint, darfst du dich kürzer fassen; länger dagegen sollte die Einführung nicht werden. Aber es hängt natürlich sehr davon ab, was sich während des Vortrags vom Inhalt her aufdrängt und was sich bei den anwesenden Zuhörern an Aufnahmefähigkeit, aber auch an Erwartungen erkennen läßt. Wenn aber wenig Zeit zur Verfügung steht, schaue nun, wie einfach sich der ganze Stoff gestalten läßt! Nimm also noch einmal an, es sei einer da, der Christ sein will! Nachdem wir ihn über sein Motiv befragt haben, antwortete er gleich wie oben. Würde er anders antworten, müßten wir ihm sagen, daß die Antwort so lauten müßte. Alles weitere ist dann auf folgende Weise zu gestalten:
52. In der Tat, mein Bruder, jene Glückseligkeit ist groß und echt, die den Heiligen in der zukünftigen Welt versprochen ist. Alles Sichtbare aber geht vorüber; und der ganze Prunk dieser Welt, ihre Lustbarkeiten, ihre Wißbegier werden vergehen und jene mit sich in den Abgrund ziehen, die daran Gefallen finden. Vor diesem Abgrund, das heißt vor der ewigen Strafe, wollte der barmherzige Gott die Menschen befreien, vorausgesetzt daß sie sich nicht selber zu Feinden würden und der Barmherzigkeit ihres Schöpfers Widerstand leisteten: Er schickte also seinen eingeborenen Sohn,4 d. h. das ihm wesensgleiche Wort, durch das er alles erschaffen S. 90 hat.5 Dieser verblieb zwar in seiner Gottesnatur und entfernte sich nicht von seinem Vater und veränderte sich in keiner Weise, nahm aber die Menschennatur an und zeigte sich in sterblichem Fleisch und kam so zu den Menschen.6 Wie nämlich durch den einen Menschen, der als erster erschaffen wurde, nämlich durch Adam, der Tod ins Menschengeschlecht eintrat,7 weil Adam mit seiner vom Teufel verführten Frau gemeinsame Sache machte, so daß sie beide das Gebot Gottes übertraten,8 ebenso sollten durch den einen Menschen, der zugleich auch Gott ist, nämlich durch den Gottessohn Jesus Christus, alle, die an ihn glauben, ins ewige Leben eintreten, nachdem ihnen alle vorher begangenen Sünden getilgt waren.9
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Die Aufnahmezeremonien sind nicht beschrieben. Sie bestehen aus dem Exorzismus, dem Kreuzzeichen, der Handauflegung und der Darreichung des Salzes (vgl. Conf. 1,11.17 und de peccatorum meritis et remissione 2,26,42); dazu jetzt J. E. Latham, The Religious Symbolism of Salt (Théologie Historique vol. 64), Paris 1982, bes. 97 ff. ↩
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Vgl. Mt 22,40. ↩
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Vgl. Röm 2,4. ↩
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Vgl. 1 Joh 1,9. ↩
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Vgl. Joh 1,3. ↩
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Vgl. Phil 2,6 ff. ↩
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Vgl. Röm 5,12. ↩
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Vgl. Gen 3,6; 1 Tim 2,14. ↩
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Vgl. Röm 5,17-19. ↩
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Vom ersten katechetischen Unterricht (BKV)
26. Kapitel: Eine kleinere Katechese des heiligen Augustinus, deren Hauptinhalt darin gipfelt, daß alle Prophezeiungen des Alten Testamentes in Christus erfüllt worden sind
50. Nach diesem Vortrag frage man den Zuhörer, ob er daran glaube und ob er den Wunsch habe, sich darnach zu richten. Bejaht er dies, so soll er feierlich [mit dem Kreuzzeichen] bezeichnet und nach dem Gebrauch der Kirche behandelt werden1 . In Betreff des Sakramentes, das er empfängt, muß ihm zunächst wohl eingeschärft werden, daß die äußeren Zeichen der übernatürlichen Dinge zwar sichtbar sind, daß in ihnen aber etwas Unsichtbares verehrt wird und daß man die durch Segnungen geheiligten Sachen nicht mehr so ansehen dürfe, wie es im gewöhnlichen Leben geschieht; dann muß man ihm aber auch sagen, was die Worte bedeuten, die er gehört hat und welches in ihm die geistige Wirkung dessen sei, wovon jene Sache2 nur ein Sinnbild ist. Bei dieser Gelegenheit soll man ihn auch ermahnen, er solle immer,. wenn ihm beim Anhören der Heiligen Schrift etwas gar zu fleischlich klingt, selbst dann, wenn er es nicht versteht, doch glauben, es liege darin ein geistiger, auf S. 304einen heiligmäßigen Wandel und das künftige Leben bezüglicher Sinn. So lernt er in Kürze, wenn er in den kanonischen Büchern etwas hört, was er nicht auf die Liebe zur Ewigkeit, Wahrheit und Heiligkeit oder auf die Liebe zum Nächsten anwenden kann, dies gläubig für ein sinnbildliches Wort oder Ereignis anzunehmen und er versucht dann schon, es so auszulegen, daß er es mit jener doppelten Liebe in Einklang bringen kann. Demgemäß wird er z. B. auch den Ausdruck „Nächster“ nicht fleischlich verstehen, sondern jeden Menschen für seinen Nächsten halten, der mit ihm in jenem heiligen Gottesstaat sein kann, mag er es nun in Wirklichkeit schon sein oder noch nicht als dessen Mitglied erscheinen; er wird auch an keines Menschen Besserung verzweifeln, solange er sieht, daß Gottes Langmut ihn noch am Leben läßt, was ja nach dem Ausspruch des Apostels aus keinem anderen irdischen Grunde geschieht, als damit er zur Buße geführt werde3 .
51. Wenn dir aber dieser Vortrag, womit ich gleichsam einen persönlich gegenwärtigen, im Religiösen noch unwissenden Menschen unterrichtet habe, zu lange erscheinen sollte, so darfst du seinen Inhalt ja nur selber kürzer zusammenfassen; noch ausführlicher aber wirst du wohl nicht mehr werden, wenngleich viel darauf ankommt, was die Sachlage selbst im wirklichen Falle noch erheischt und was die anwesenden Zuhörer nicht bloß geduldig annehmen, sondern vielmehr augenscheinlich sogar mit Spannung erwarten. Ist aber Eile notwendig, so siehe, wie sich die ganze Sache auch schnell abmachen läßt. Denke dir also wiederum, es sei einer gekommen, der Christ werden will; er sei wie der erste befragt worden und habe auch die gleiche Antwort gegeben. [Denn selbst wenn er diese Antwort tatsächlich nicht gibt, hätte er, so müssen wir den Fall setzen, dieselbe doch geben wollen.] Danach wäre dann das übrige folgendermaßen zusammenzufassen.
Wahrlich groß und wahrhaftig ist nur jene Seligkeit, geliebter Bruder, die den Heiligen für das S. 305künftige Leben verheißen ist. Alles Sichtbare aber geht vorüber und aller Glanz dieser Welt und alle Lust und alle Wissensbegierde werden untergehen und ihre Liebhaber mit ins Verderben hinabziehen4 . Von diesem Verderben, das heißt von den ewigen Strafen, wollte der barmherzige Gott die Menschen befreien, wenn anders sie nicht ihre eigenen Feinde sein und der Barmherzigkeit ihres Schöpfers nicht widerstehen wollten; darum sandte er ihnen seinen eingebornen Sohn5 , das heißt das mit ihm wesensgleiche Wort, durch das er alles erschaffen hat6 . Dieses Wort Gottes behielt nun zwar seine göttliche Natur bei, verließ den Vater nicht und erlitt auch keinerlei Veränderung; aber es nahm noch die Menschennatur dazu an und kam im sterblichen Fleisch, sichtbar den Menschen, zu den Menschen; auf diese Weise sollten, wie durch den einen Menschen, der zuerst geschaffen worden ist, nämlich durch Adam, der Tod über das Menschengeschlecht kam7 , weil er seinem vom Teufel verführten Weibe zustimmte und so beide das Gebot Gottes übertraten, in gleicher Weise durch einen Menschen, der zugleich Gott selbst und Gottes Sohn ist, nämlich durch Jesus Christus, alle begangenen Sünden getilgt werden und so alle, die an ihn glauben würden, ins ewige Leben eingehen können.