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Apologetikum (BKV)
36. Kap. Auch ist die Pflicht der Nächstenliebe für den Christen eine allgemeine, von der niemand auszuschließen ist, am wenigsten der Kaiser.
Wenn das sich so verhält und Leute als Feinde erfunden werden, welche beständig den Namen Römer führen, warum versagt man uns, die wir als Feinde gelten, den Namen Römer? Wir können nicht Nicht-Römer sein, wenn wir Feinde sind, da die als Feinde erfunden werden, die für Römer gehalten wurden. Also besteht die den Kaisern schuldige Liebe, Ehrfurcht und Treue nicht in derartigen Erweisungen, die auch ein feindseliger Sinn verrichten kann, eher noch zum Deckmantel für sich, sondern sie besteht in einem Betragen, wie es die dem göttlichen Befehl Gehorchenden ebenso aufrichtig als gegen alle an den Tag legen müssen1. Wir sind S. 137/483 nämlich nicht bloß den Kaisern allein solche Erweise einer guten Gesinnung schuldig. Nichts Gutes verrichten wir unter Bevorzugung bestimmter Personen, weil wir es ja eigentlich uns erweisen, da wir nicht von Menschen eine Bezahlung durch Lob oder Lohn begehren, sondern von Gott, der eine Güte fordert und vergilt, die keinen Unterschied macht. Seinetwegen sind wir dieselben gegenüber den Kaisern wie gegenüber unseren Nachbarn. Denn Übles zu wünschen, Übles zu tun, Schlechtes zu reden und Schlechtes zu denken ist uns in gleicher Weise jedem gegenüber verboten. Was gegen den Kaiser nicht erlaubt ist, das ist es auch gegen keinen ändern; was gegen keinen ändern erlaubt ist, das äst es vielleicht gerade darum noch weniger gegen den Kaiser, der durch Gott eine so hohe Person ist.
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Der Text lautet: in his moribus, quibus divinitas imperat tam vere quam circa omnes necesse habet exhiberi. Oehler änderte „habet“ in „habent“ und erklärte: quibus divinitas tam vere imperat fungi quam ipsi necesse habent circa omnes exhiberi; aber „fungi“ steht nicht im Text. Der Satz bleibt sprachlich unverständlich. Rauschen änderte „imperat“ in „imperatori“, weil der folgende Satz „imperatori“ zu verlangen scheine. Aber auch dann bleibt dieselbe Schwierigkeit. F liest statt „quibus“ quos und am Schluß necesse habent exhibere. Es wird also zu lesen sein: quos divinitus imperati tam vere quam circa omnes necesse habent exhibere. ↩
Edition
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Apologeticum
XXXVI.
[1] Si haec ita sunt, ut hostes deprehendantur qui Romani vocabantur, cur nos, qui hostes existimamur, Romani negamur? Non possumus et Romani non esse et hostes esse, cum hostes reperiantur, qui Romani habebantur. [2] Adeo pietas et religio et fides imperatoribus debita non in huiusmodi officiis consistit quibus et hostilitas magis ad velamentum sui potest fungi, sed in his moribus quibus divinitas imperat tam vere quam circa omnes necesse habent exhiberi. [3] Neque enim haec opera bonae mentis solis imperatoribus debentur a nobis. Nullum bonum sub exceptione personarum administramus, quia nobis praestamus, qui non ab homine aut laudis aut praemii expensum captamus, sed a deo exactore et remuneratore indifferentis benignitatis. [4] Idem sumus imperatoribus qui et vicinis nostris. Male enim velle, male facere, male dicere, male cogitare de quoquam ex aequo vetamur. Quodcunque non licet in imperatorem, id nec in quemquam: quod in neminem, eo forsitan magis nec in ipsum qui per deum tantus est.