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Werke Augustinus von Hippo (354-430) De Civitate Dei

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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)

28. Wie zeigt sich Gottes Gericht in der Zulassung, dass feindliche Gier an Leibern von Enthaltsamen sündigen durfte?

Wenn daher eure Keuschheit, ihr Christgläubigen, den Feinden zum Gespötte war, so sei euch doch euer Leben nicht zum Ekel. Ihr habt einen großen und wahrhaftigen Trost, wenn ihr das sichere Bewußtsein in euch traget, daß ihr nicht eingewilligt habt in ihre Sünden, deren Begehung an euch zugelassen worden ist. Wenn ihr etwa fragt, warum das zugelassen wurde, so muß ich freilich sagen, die Vorsehung des Schöpfers und Lenkers der Welt ist erhaben und „unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege“1; erkundet jedoch aufrichtig euer Inneres, ob ihr euch nicht etwa wegen jenes Gutes der Unberührtheit, der Enthaltsamkeit oder Keuschheit mit einigem Stolz überhoben und aus Freude am Lobe der Menschen auch manche in dieser Hinsicht beneidet habt. Ich mache nicht zum Gegenstand einer Anklage, was ich nicht weiß, und höre nicht, was eure Herzen auf diese Fragen euch antworten. Wenn sie aber die Fragen bejahen, so sollt ihr euch nicht darüber wundern, daß ihr das verloren habt, Band 1, S. 69worin ihr den Menschen zu gefallen wünschtet, und daß euch nur das geblieben ist, was den Menschen nicht vor Augen geführt werden kann. Habt ihr den Sünden nicht zugestimmt, so trat zur Gnade Gottes, damit sie nicht verloren gehe, die Hilfe Gottes hinzu; dem Ruhm bei Menschen dagegen folgte, damit an ihn nicht das Herz verloren gehe, Schmach vor den Menschen nach. An beiden tröstet euch, Kleinmütige, erprobt durch das eine, gestraft durch das andere, durch das eine gerechtfertigt, durch das andere gebessert. Die aber unter euch, denen das Herz auf die Frage antwortet, daß sie niemals auf das Gut der Jungfräulichkeit, der Witwenehre oder der ehelichen Keuschheit stolz waren, sondern es „mit den Niedrigen gehalten“2und über die Gabe Gottes mit Zittern frohlockt haben, daß sie niemand um den Vorzug gleicher Heiligkeit und Keuschheit beneidet, sondern, gleichgültig gegen Menschenlob, das in der Regel umso reichlicher fließt, je seltner das Gut ist, das zum Lob herausfordert, gewünscht haben, es möchte lieber die Zahl der Reinen größer sein, als daß sie selbst in ihrer Ausnahmestellung um so mehr hervorragen, auch sie sollen, wenn manche von ihnen die Opfer barbarischer Wollust geworden sind, nicht darüber murren, daß dies zugelassen worden ist, und nicht glauben, daß Gott sich um derlei Dinge nicht kümmere, weil er etwas geschehen ließ, was doch niemand ungestraft begehen kann. Denn manche furchtbare Last böser Gelüste schlüpft bei dem geheimen Gerichte Gottes auf Erden durch und wird für das öffentliche letzte Gericht aufbewahrt. Vielleicht jedoch trugen jene Frauen, die darin ein gutes Gewissen haben, daß sich ihr Herz ob des Gutes der Keuschheit nicht überhob, und die gleichwohl feindliche Gewalt an ihrem Leibe erduldeten, eine verborgene Schwachheit an sich, die sich zu Stolz und Hoffart hätte ausbilden können, wenn sie der Demütigung bei jener Verwüstung entgangen wären. Wie also „manche vom Tode hinweggerafft worden sind, damit die Bosheit ihren Sinn nicht verkehre“3, so ist ihnen etwas mit Gewalt entrissen worden, damit nicht ein glücklicher Band 1, S. 70Ausgang ihre Bescheidenheit verkehre. Demnach wurde denen, die sich ihres Leibes deshalb, weil er von niemand schändliche Berührung erduldet habe, rühmten oder sich etwa hätten rühmen können, falls nicht einmal feindliche Gewalt an ihn herangekommen wäre, nicht etwa die Keuschheit benommen, wohl aber Demut beigebracht; die einen wurden von der ihnen schon innewohnenden Hoffart befreit, die andern gegen die erst drohende gefeit.

Es wäre doch auch noch zu erwähnen, daß manche dieser Frauen vielleicht in dem Irrtum befangen waren, das Gut der Enthaltsamkeit gehöre zu den leiblichen Gütern und sein Bestand hänge davon ab, daß der Leib nicht durch die Lust eines andern befleckt werde; es bestehe also nicht ausschließlich in der von Gott unterstützten Kraft des Willens, an Leib und Geist heilig zu sein, und sei nicht ein Gut, das wider den Willen des Geistes gar nicht entrissen werden könne; ein Irrtum, der ihnen vielleicht nun benommen worden ist. Wenn sie nämlich daran denken, mit welcher Gewissenhaftigkeit sie Gott gedient haben, wenn sie mit unerschütterlichem Glauben von ihm annehmen, daß er die, die ihm so dienen und ihn anrufen, keineswegs verlassen kann, wenn sie daran nicht zweifeln können, daß ihm die Keuschheit gar sehr gefällt, so werden sie daraus von selbst den Schluß ziehen, Gott hätte gewiß nicht zugelassen, daß derlei seinen Heiligen widerfährt, wenn auf diese Weise die Heiligkeit vernichtet werden könnte, die er ihnen verliehen hat und die er an ihnen liebt.


  1. Röm. 11, 33. ↩

  2. Röm. 12, 16. ↩

  3. Sap. 4, 11. ↩

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De civitate Dei (CCSL)

Caput XXVIII: Quo iudicio dei in corpora continentium libido hostilis peccare permissa sit.

Non itaque uobis, o fideles Christi, sit taedio uita uestra, si ludibrio fuit hostibus castitas uestra. habetis magnam ueramque consolationem, si fidam conscientiam retinetis non uos consensisse peccatis eorum, qui in uos peccare permissi sunt. quodsi forte, cur permissi sint, quaeritis, alta quidem est prouidentia creatoris mundi atque rectoris, et inscrutabilia sunt iudicia eius et inuestigabiles uiae eius; uerumtamen interrogate fideliter animas uestras, ne forte de isto integritatis et continentiae uel pudicitiae bono uos inflatius extulistis et humanis laudibus delectatae in hoc etiam aliquibus inuidistis. non accuso quod nescio, nec audio quod uobis interrogata uestra corda respondent. tamen si ita esse responderint, nolite admirari hoc uos amisisse, unde hominibus placere gestistis, illud uobis remansisse, quod ostendi hominibus non potest. si peccantibus non consensistis, diuinae gratiae, ne amitteretur, diuinum accessit auxilium; humanae gloriae, ne amaretur, humanum successit obprobrium. in utroque consolamini, pusillanimes, illinc probatae hinc castigatae, illinc iustificatae hinc emendatae. quarum uero corda interrogata respondent numquam se de bono uirginitatis uel uiduitatis uel coniugalis pudicitiae superbisse, sed humilibus consentiendo de dono dei cum tremore exultasse, nec inuidisse cuiquam paris excellentiam sanctitatis et castitatis, sed humana laude postposita, quae tanto maior deferri solet, quanto est bonum rarius quod exigit laudem, optasse potius ut amplior earum numerus esset, quam ut ipsae in paucitate amplius eminerent: nec istae, quae tales sunt, si earum quoque aliquas barbarica libido conpressit, permissum hoc esse causentur, nec ideo deum credant ista neglegere, quia permittit quod nemo inpune committit. quaedam enim ueluti pondera malarum cupiditatum et per occultum praesens diuinum iudicium relaxantur et manifesto ultimo reseruantur. fortassis autem istae, quae bene sibi sunt consciae non se ex isto castitatis bono cor inflatum extulisse, et tamen uim hostilem in carne perpessae sunt, habebant aliquid latentis infirmitatis, quae posset in superbiae fastum, si hanc humilitatem in uastatione illa euasissent, extolli. sicut ergo quidam morte rapti sunt, ne malitia mutaret intellectum eorum, ita quiddam ab istis ui raptum est, ne prosperitas mutaret modestiam earum. utrisque igitur, quae de carne sua, quod turpem nullius esset perpessa contactum, uel iam superbiebant uel superbire, si nec hostium uiolentia contrectata esset, forsitan poterant, non ablata est castitas, sed humilitas persuasa; illarum tumori succursum est inmanenti, istarum occursum est inminenti. quamquam et illud non sit tacendum, quod quibusdam, quae ista perpessae sunt, potuit uideri continentiae bonum in bonis corporalibus deputandum et tunc manere, si nullius libidine corpus adtrectaretur; non esse autem positum in solo adiuto diuinitus robore uoluntatis, ut sit sanctum et corpus et spiritus; nec tale bonum esse, quod inuito animo non possit auferri; qui error eis fortasse sublatus est. cum enim cogitant, qua conscientia deo seruierint, et fide inconcussa non de illo sentiunt, quod ita sibi seruientes eumque inuocantes deserere ullo modo potuerit, quantumque illi castitas placeat dubitare non possunt, uident esse consequens nequaquam illum fuisse permissurum, ut haec acciderent sanctis suis, si eo modo perire posset sanctitas, quam contulit eis et diligit in eis.

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