Übersetzung
ausblenden
Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
16. Unterschied in der Stufenfolge der Geschöpfe, je nachdem man sie vom Gebrauchs- oder vom Vernunftstandpunkt wertet.
Unter den Wesen nämlich, die irgendwie Dasein haben und nicht sind, was Gott ist, von dem sie erschaffen sind, stehen die mit Leben begabten über den leblosen, das will sagen: die, die Zeugungs- oder auch bloß Strebevermögen haben, über denen, die dieser Triebe entbehren; und unter den Lebewesen stehen die sinnbegabten über den sinnentbehrenden, wie die Tiere über den Bäumen; und unter den sinnbegabten stehen die Vernunftwesen über den vernunftlosen, wie die Menschen über den Tieren; und unter den Vernunftwesen stehen die unsterblichen über den sterblichen, wie die Engel über den Menschen. Diese Überordnung beruht auf der natürlichen Rangordnung. Es gibt indes noch eine andere und sehr mannigfaltige Art der Wertung, die von dem Gebrauchswert der Dinge ausgeht, und nach dieser stellen wir wohl auch sinnentbehrende Wesen über sinnbegabte, ja wir möchten gewisse Band 16, S. 611sinnbegabte Wesen, wenn es in unserer Macht stünde, gänzlich aus der Welt der Dinge ausrotten, weil wir ihren Platz im Gefüge des Ganzen nicht erkennen oder weil wir trotzdem unsere Annehmlichkeit höher stellen. Wer möchte auch in seinem Hause nicht lieber Brot als Mäuse, lieber Geld als Flöhe haben? Aber daran ist weiter nichts Auffallendes, da sogar, wenn der Mensch, dessen Wesen doch von so erhabener Würde ist, bei der Wertung Vergleichsgegenstand ist, in der Regel ein Pferd höher bezahlt wird als ein Sklave, eine Perle höher als eine Magd. Und so ist hinsichtlich des Werturteils ein sehr erheblicher Unterschied zwischen dem Standpunkt der reinen Vernunfterwägung und dem des Bedürfnisses oder des Vergnügens. Jene faßt ins Auge den objektiv gegebenen Rang des Vergleichsgegenstandes innerhalb der Stufenfolge der Wesen, das Bedürfnis dagegen dessen Tauglichkeit als Mittel zum Zweck; Die Vernunft hat es abgesehen auf die Wahrheit, fragt, was dem Geisteslicht als das Wahre erscheint, das Vergnügen dagegen auf die Annehmlichkeit, weshalb hier die Frage lautet: Was schmeichelt den körperlichen Sinnen? Gleichwohl spricht bei den Vernunftwesen Wille und Liebe in der Schätzung ein so gewichtiges Wort, daß man im Widerspruch zu der natürlichen Rangordnung, indem man den Maßstab der Gerechtigkeit zugrunde legt, die guten Menschen über die bösen Engel stellt.
Edition
ausblenden
De civitate Dei (CCSL)
Caput XVI: De gradibus et differentiis creaturarum, quas aliter pendit usus utilitatis, aliter ordo rationis.
In his enim, quae quoquo modo sunt et non sunt quod deus est a quo facta sunt, praeponuntur uiuentia non uiuentibus, sicut ea, quae habent uim gignendi uel etiam adpetendi, his, quae isto motu carent; et in his, quae uiuunt, praeponuntur sententia non sentientibus, sicut arboribus animalia; et in his, quae sentiunt, praeponuntur intellegentia non intellegentibus, sicut homines pecoribus; et in his, quae intellegunt, praeponuntur inmortalia mortalibus, sicut angeli hominibus. sed ita praeponuntur naturae ordine; est autem alius atque alius pro suo cuiusque usu aestimationis modus, quo fit, ut quaedam sensu carentia quibusdam sentientibus praeponamus, in tantum, ut si potestas esset ea prorsus de natura rerum auferre uellemus, siue quem in ea locum habeant ignorantes, siue etiamsi sciamus nostris ea commodis postponentes. quis enim non domi suae panem habere quam mures, nummos quam pulices malit? sed quid mirum, cum in ipsorum etiam hominum aestimatione, quorum certe natura tantae est dignitatis, plerumque carius conparetur equus quam seruus, gemma quam famula? ita libertate iudicandi plurimum distat ratio considerantis a necessitate indigentis seu uoluptate cupientis, cum ista quid per se ipsum in rerum gradibus pendat, necessitas autem quid propter quid expetat cogitat, et ista quid uerum luci mentis appareat, uoluptas uero quid iucundum corporis sensibus blandiatur expectat. sed tantum ualet in naturis rationalibus quoddam ueluti pondus uoluntatis et amoris, ut, cum ordine naturae angeli hominibus, tamen lege iustitiae boni homines malis angelis praeferantur.