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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
21. Gottes Wissen und Wille ist ewig und unwandelbar; was er erschaffen, gefiel ihm daher gleich gut im Plane und in der Wirklichkeit.
Denn was sonst sollten wir darunter verstehen, wenn es immer wieder heißt: „Gott sah, daß es gut sei“, als eben die Billigung eines Werkes, das dem Urbild gemäß, das Gottes Weisheit ist, Gestalt gewonnen hat. Aber weit entfernt, daß Gott erst dann die Güte des Werkes erkannte, als es ins Dasein trat1, wäre vielmehr überhaupt kein Ding ins Dasein getreten, wenn es ihm Band 16, S. 616unbekannt gewesen wäre2. Indem er also „sieht, daß gut ist“, was gar nicht ins Dasein treten würde, wenn er es nicht gesehen hätte, bevor es ins Dasein trat, wird er nicht erst inne, sondern weist darauf hin, daß es gut sei. Ja Plato3 gebraucht noch einen stärkeren Ausdruck, nämlich, Gott sei über die Vollendung des Weltalls von Freude hingerissen worden. Auch er ist dabei nicht in der törichten Vorstellung befangen, Gott sei durch sein neues Werk glückseliger geworden, sondern er wollte damit andeuten, daß das Werk, nunmehr erschaffen, seinem Bildner gefallen habe, das ihm im Urbild als ein zu schaffendes gefallen hatte; nicht als wäre Gottes Wissen irgendwie der Veränderung unterworfen, so daß die Dinge eine verschiedene Wirkung darin hervorbrächten, je nachdem sie noch nicht vorhanden oder gegenwärtig vorhanden oder nicht mehr vorhanden sind; denn nicht nach unserer Weise schaut er nach dem Zukünftigen aus und auf das Gegenwärtige hin und auf das Vergangene zurück, sondern auf eine andere Weise, die von unserer Art zu denken himmelweit verschieden ist. Denn sein Schauen ist nicht ein Wechsel des Denkens von einem zum andern, sondern es ist schlechthin unveränderlich. Während daher die zeitlichen Geschehnisse teils als zukünftig noch nicht, teils als gegenwärtig eben jetzt, teils als vergangen nicht mehr sind, erfaßt er dies alles in Kraft einer unverrückbaren und ewigen Gegenwart; nicht auf zweierlei Art, anders mit den Augen als mit dem Geiste; denn er besteht nicht aus Leib und Seele; auch nicht anders jetzt als vorher und nachher; denn sein Wissen ändert sich nicht wie das unsere mit dem Wechsel der drei Zeiten, der Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft, da es „bei ihm keinen Wechsel gibt noch den Schatten einer Veränderung“4. Denn sein Geistesblick wendet sich nicht von einem Gedanken zu einem andern, vielmehr steht vor seiner unkörperlichen Anschauung alles zumal, was er weiß; denn wie er das Zeitliche bewegt, ohne selbst der Band 16, S. 617zeitlichen Bewegung unterworfen zu sein, so umgreift er die Zeiten, ohne dem Begriffe der Zeiten zu unterliegen. Zumal also sah er, daß gut sei, was er erschaffen, und daß gut sei, es zu schaffen; er hat auch dadurch, daß er die Dinge erschaffen sah, seine Erkenntnis nicht verdoppelt noch irgendwie vermehrt, als hätte er, bevor er sie sichtbar schuf, eine mangelhaftere Kenntnis besessen, er, der so vollkommen nur wirkt auf Grund eines vollkommenen Wissens, das keinen Zuwachs erfahren kann aus seinen Werken.
Es würde daher, wenn uns lediglich beigebracht werden sollte, wer das Licht erschaffen, genügen zu sagen: „Gott schuf das Licht“. Sollte aber außerdem noch geoffenbart werden, wodurch er es erschaffen, so würde die Mitteilung genügen: „Und Gott sprach: Es werde Licht, und es ward Licht“. Wir würden dann wissen, nicht nur daß Gott das Licht erschaffen, sondern auch, daß er es durch das Wort erschaffen habe. Weil uns jedoch hinsichtlich des Geschaffenen drei Punkte als besonders wissenswert bekannt gegeben werden sollten, nämlich wer es erschaffen, wodurch es erschaffen und weshalb es erschaffen, so heißt es: „Gott sprach: Es werde Licht, und es ward Licht. Und Gott sah das Licht, daß es gut sei“. Es wird uns also auf drei Fragen eine Antwort zuteil: Wer hat die Schöpfung ins Dasein gerufen? Gott. Wodurch? „Er sprach: Sie werde, und sie ward.“ Warum? „Weil sie gut ist.“ Es gibt keinen Urheber, der erhabener wäre als Gott; keine Gestaltungskraft, die wirksamer wäre als Gottes Wort; keinen Grund, der besser wäre als der, daß Gutes erschaffen werde vom guten Gott. Dies nennt auch Plato den gerechtesten Grund der Weltschöpfung, daß nämlich von dem guten Gott gute Werke ins Dasein gerufen würden; mag er nun obige Worte gelesen oder sie von solchen, die sie gelesen, etwa erfahren haben, oder mag er kraft seines außerordentlichen Scharfsinnes das Unsichtbare an Gott in den geschaffenen Dingen erkannt und geschaut haben oder von solchen, die es geschaut, seinerseits inne geworden sein.
Edition
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De civitate Dei (CCSL)
Caput XXI: De aeterna et incommutabili scientia dei ac uoluntate, qua semper illi uniuersa quae fecit sic placuerunt facienda, quemadmodum facta.
Quid est enim aliud intellegendum in eo, quod per omnia dicitur: uidit deus quia bonum est, nisi operis adprobatio secundum artem facti, quae sapientia dei est? deus autem usque adeo non, cum factum est, tunc didicit bonum, ut nihil eorum fieret, si ei fuisset incognitum. dum ergo uidet quia bonum est, quod, nisi uidisset antequam fieret, non utique fieret: docet bonum esse, non discit. et Plato quidem plus ausus est dicere, elatum esse scilicet deum gaudio mundi uniuersitate perfecta. ubi et ipse non usque adeo desipiebat, ut putaret deum sui operis nouitate factum beatiorem; sed sic ostendere uoluit artifici suo placuisse iam factum, quod placuerat in arte faciendum; non quod ullo modo dei scientia uarietur, ut aliud in ea faciant quae nondum sunt, aliud quae iam sunt, aliud quae fuerunt; non enim more nostro ille uel quod futurum est prospicit, uel quod praesens est aspicit, uel quod praeteritum est respicit; sed alio modo quodam a nostrarum cogitationum consuetudine longe alteque diuerso. ille quippe non ex hoc in illud cogitatione mutata, sed omnino incommutabiliter uidet; ita ut illa quidem, quae temporaliter fiunt, et futura nondum sint et praesentia iam sint et praeterita iam non sint, ipse uero haec omnia stabili ac sempiterna praesentia conprehendat; nec aliter oculis, aliter mente; non enim ex animo constat et corpore; nec aliter nunc et aliter antea et aliter postea; quoniam non sicut nostra, ita eius quoque scientia trium temporum, praesentis uidelicet et praeteriti uel futuri, uarietate mutatur, apud quem non est inmutatio nec momenti obumbratio. neque enim eius intentio de cogitatione in cogitationem transit, in cuius incorporeo contuitu simul adsunt cuncta quae nouit; quoniam tempora ita nouit nullis suis temporalibus notionibus, quemadmodum temporalia mouet nullis suis temporalibus motibus. ibi ergo uidit bonum esse quod fecit, ubi bonum esse uidit ut faceret; nec quia factum uidit scientiam duplicauit uel ex aliqua parte auxit, tamquam minoris scientiae fuerit priusquam faceret quod uideret, qui tam perfecte non operaretur, nisi tam perfecta scientia, cui nihil ex eius operibus adderetur. quapropter, si tantummodo nobis insinuandum esset quis fecerit lucem, sufficeret dicere, fecit deus lucem; si autem non solum quis fecerit, uerum etiam per quid fecerit, satis esset ita enuntiari: et dixit deus: fiat lux, et facta est lux; ut non tantum deum, sed etiam per uerbum lucem fecisse nossemus. quia uero tria quaedam maxime scienda de creatura nobis oportuit intimari, quis eam fecerit, per quid fecerit, quare fecerit: dixit deus, inquit: fiat lux, et facta est lux. et uidit deus lucem quia bona est. si ergo quaerimus, quis fecerit: deus est; si per quid fecerit: dixit: fiat, et facta est; si quare fecerit: quia bona est. nec auctor est excellentior deo, nec ars efficacior dei uerbo, nec causa melior quam ut bonum crearetur a deo bono. hanc etiam Plato causam condendi mundi iustissimam dicit, ut a bono deo bona opera fierent; siue ista legerit, siue ab his qui legerant forte cognouerit; siue acerrimo ingenio inuisibilia dei per ea, quae facta sunt, intellecta conspexerit, siue ab his qui ista conspexerant et ipse didicerit.