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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
5. Die Ansicht der Platoniker über das Wesen von Leib und Seele ist zwar erträglicher als die der Manichäer, aber doch auch nicht annehmbar, weil sie die Ursachen alles sittlich Bösen im Wesen des Fleisches sucht.
Band 16, S. 749Man braucht also nicht unsere Sünden und Laster zur Schmach für den Schöpfer schuldzugeben der Natur des Fleisches, die in ihrer Art und an ihrem Orte gut ist, sondern dies ist nicht gut, unter Hintansetzung des guten Schöpfers nach einem geschaffenen Gut zu leben, ob man nun lieber nach dem Fleische oder nach der Seele oder nach dem ganzen Menschen lebt, der aus Seele und Leib besteht (weshalb er auch mit dem einen wie dem andern bezeichnet werden kann). Denn wer als das höchste Gut die Natur der Seele preist und die Natur des Fleisches als ein Übel anschuldigt, der ist in seinem Streben und Meiden gleich fleischlich, obwohl er der Seele das Streben und dem Fleische das Meiden zugedacht hat; denn seine Meinung ist menschliche Torheit, nicht göttliche Wahrheit. Zwar verirren sich die Platoniker nicht soweit wie die Manichäer, daß sie die irdischen Körper gleich als das Wesen des Bösen verabscheuen würden, vielmehr führen sie alle Bestandteile, aus denen sich die sichtbare und betastbare Welt zusammensetzt, und dazu die Eigenschaften dieser Bestandteile auf Gott als Bildner zurück; jedoch lassen sie die Seele „durch die irdische Hülle sterblicher Glieder“1 in der Weise beeinflußt werden, daß ihr daraus die Krankheiten der Begierde, Furcht, Lust und Bekümmernis erwachsen. Und in diesen vier Gemütserregungen, wie Cicero sie nennt2, oder Leidenschaften, wie man zumeist den griechischen Ausdruck hierfür wörtlich wiedergibt, ist die ganze Fehlerhaftigkeit des sittlichen Gehabens der Menschen beschlossen. Was soll aber dann des Äneas verwunderte Frage bei Vergil3, an den Vater gerichtet, der ihm von der Rückkehr der Seelen der Unterwelt in Leiber erzählt hat: Band 16, S. 750
„Ist's denn glaublich, o Vater, daß einige Seelen zur Höhe
Wieder entschweben von hier und in träge Körper zurückgehn?
Welch unselige Gier nach Licht durchbebt diese Armen!“
Lebt diese unselige Gier immer noch von der „irdischen Hülle sterblicher Glieder“ her in den Seelen, trotz ihrer hochgepriesenen Reinheit? Sind sie nicht von aller derartigen Körperpest, wie er das nennt4, gereinigt, wenn sie „wieder zurück in Leiber zu wandern verlangen“?5Selbst angenommen also, es hätte seine Richtigkeit, was ganz und gar grundlos ist, mit der stets wechselnden Reinigung und Befleckung von unablässig hin- und wiederwandernden Seelen, so hätte man doch nicht sagen dürfen, daß den Seelen alle schuldbaren und sündhaften Regungen nur aus ihren irdischen Leibern erwüchsen; denn jene unselige Gier, um mit dem edlen Wortführer zu reden, rührt nach den Platonikern durchaus nicht vom Leibe her; sie zwingt vielmehr die von aller Körperpest gereinigte und außerhalb jeglichen Körpers befindliche Seele erst hinein in einen Leib. Demnach wird auch nach ihrem eigenen Geständnis die Seele nicht vom Leib allein beeinflußt in der Richtung auf Begierde, Furcht, Lust und Bekümmernis, sondern sie kann auch aus sich selbst durch solche Regungen erschüttert werden.
Edition
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De civitate Dei (CCSL)
Caput V: Quod de corporis animaeque natura tolerabilior quidem Platonicorum quam Manichaeorum sit opinio, sed et ipsa reprobanda, quoniam uitiorum omnium causas naturae carnis adscribunt.
Non igitur opus est in peccatis uitiisque nostris ad creatoris iniuriam carnis accusare naturam, quae in genere atque ordine suo bona est; sed deserto creatore bono uiuere secundum creatum bonum non est bonum, siue quisque secundum carnem siue secundum animam siue secundum totum hominem, qui ex anima constat et carne - unde et nomine solius animae et nomine solius carnis significari potest - eligat uiuere. nam qui uelut summum bonum laudat animae naturam et tamquam malum naturam carnis accusat, profecto et animam carnaliter adpetit et carnem carnaliter fugit, quoniam id uanitate sentit humana, non ueritate diuina. non quidem Platonici sicut Manichaei desipiunt, ut tamquam mali naturam terrena corpora detestentur, cum omnia elementa, quibus iste mundus uisibilis contrectabilisque conpactus est, qualitatesque eorum deo artifici tribuant; uerumtamen ex terrenis artubus moribundis que membris sic adfici animas opinantur, ut hinc eis sint morbi cupiditatum et timorum et laetitiae siue tristitiae; quibus quattuor uel perturbationibus, ut Cicero appellat, uel passionibus, ut plerique uerbum e uerbo Graeco exprimunt, omnis humanorum morum uitiositas continetur. quod si ita est, quid est quod Aeneas apud Vergilium, cum audisset a patre apud inferos animas rursus ad corpora redituras, hanc opinionem miratur exclamans: o pater, anne aliquas ad caelum hinc ire putandum est sublimes animas iterumque ad tarda reuerti corpora? quae lucis miseris tam dira cupido? numquidnam haec tam dira cupido ex terrenis artubus moribundis que membris adhuc inest animarum illi praedicatissimae puritati? nonne ab huiusmodi corporeis, ut dicit, pestibus omnibus eas adserit esse purgatas, cum rursus incipiunt in corpora uelle reuerti? unde colligitur, etiamsi ita se haberet, quod est omnino uanissimum, uicissim alternans incessabiliter euntium atque redeuntium animarum mundatio et inquinatio, non potuisse ueraciter dici omnes culpabiles atque uitiosos motus animarum eis ex terrenis corporibus inolescere, siquidem secundum ipsos illa, ut locutor nobilis ait, dira cupido usque adeo non est ex corpore, ut ab omni corporea peste purgatam et extra omne corpus animam constitutam ipsam esse conpellat in corpore. unde etiam illis fatentibus non ex carne tantum adficitur anima, ut cupiat metuat, laetetur aegrescat, uerum etiam ex se ipsa his potest motibus agitari.