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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
10. Waren wohl die ersten Menschen im Paradies, ehe sie sündigten, von Leidenschaften beunruhigt?
Jedoch mit Recht wirft man die Frage auf, ob der erste Mensch oder die ersten Menschen (denn es war eine Verbindung von zweien) in ihrem seelischen Leibe vor der Sünde diese Leidenschaften hatten, die wir im geistigen Leibe, nach Beseitigung und Ausschließung aller Sünde, nicht haben werden. Denn hatten sie sie, wo bleibt dann ihre Glückseligkeit an jener denkwürdigen Stätte der Glückseligkeit, im Paradiese? Ist doch niemand vollkommen glückselig, der von Furcht oder Schmerz beunruhigt wird. Allein was hätten jene ersten Menschen zu fürchten oder zu leiden gehabt mitten im Überfluß so herrlicher Güter, wo der Tod nicht drohte noch Siechtum des Leibes, wo nichts mangelte, was ein auf das Gute gerichteter Wille sich wünschen konnte, nichts Feindseliges sich zeigte, was Leib oder Seele des glücklich lebenden Menschen hätte verletzen können? Liebe herrschte, unerschütterte Liebe zu Gott und zwischen den Gatten, die in treuer und aufrichtiger Gemeinschaft lebten, und aus dieser Liebe floß gewaltige Freude, da der Gegenstand der Liebe zugleich unaufhörlich Gegenstand des Genusses war. Es herrschte ein wunschloses Meiden der Sünde, und solang dieses andauerte, brach von keiner Seite irgendein Übel herein, das Betrübnis hervorgerufen hätte. Oder begehrten sie etwa, die verbotene Frucht zu genießen, fürchteten aber den Tod, und hätte sonach Begierde und Furcht schon Band 16, S. 766damals an jener Stätte die ersten Menschen beunruhigt? Aber nein, es gab ja da überhaupt keine Sünde, und von Sünde wäre es nicht freizusprechen, wollte man wider das Gebot Gottes begehren und sich der Übertretung aus Furcht vor der Strafe enthalten, nicht aus Liebe zur Gerechtigkeit. Nein, sage ich, es gab dort vor dem Eintritt der Sünde überhaupt nicht schon der verbotenen Frucht gegenüber jene Sünde, die Gott dem Weibe gegenüber kennzeichnet mit den Worten1: „Wenn einer ein Weib ansieht, um ihrer zu begehren, hat er schon die Ehe mit ihr gebrochen in seinem Herzen“. Und so glücklich nun wie die ersten Menschen waren, frei von Gemütsunruhe und von allem Ungemach des Leibes, ebenso glücklich wäre die Gesamtgemeinschaft der Menschen, wenn das erste Paar nichts Böses begangen hätte, das sie auch auf die Nachkommen hinüberleiteten, und wenn niemand aus ihrer Nachkommenschaft aus Bosheit sich etwas zuschulden kommen ließ, was er mit der Verdammnis büßen sollte. Und dieses Glück hätte beständig fortgedauert, bis kraft jenes Segenswortes2: „Wachset und mehret euch“ die Zahl der vorherbestimmten Heiligen voll geworden wäre, und dann wäre ein anderes noch größeres Glück verliehen worden, das, welches den glückseligen Engeln verliehen ist, ein Zustand, bei dem nunmehr jede Möglichkeit der Sünde und des Todes ausgeschlossen und das Leben der Heiligen ohne Hindurchgang durch Mühsal, Schmerz und Tod so beschaffen sein sollte, wie es sein wird nach Hindurchgang durch all dieses bei jener Unvergänglichkeit des Leibes, die durch die Auferstehung der Toten wieder verliehen wird.
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The City of God
Chapter 10.--Whether It is to Be Believed that Our First Parents in Paradise, Before They Sinned, Were Free from All Perturbation.
But it is a fair question, whether our first parent or first parents (for there was a marriage of two), before they sinned, experienced in their animal body such emotions as we shall not experience in the spiritual body when sin has been purged and finally abolished. For if they did, then how were they blessed in that boasted place of bliss, Paradise? For who that is affected by fear or grief can be called absolutely blessed? And what could those persons fear or suffer in such affluence of blessings, where neither death nor ill-health was feared, and where nothing was wanting which a good will could desire, and nothing present which could interrupt man's mental or bodily enjoyment? Their love to God was unclouded, and their mutual affection was that of faithful and sincere marriage; and from this love flowed a wonderful delight, because they always enjoyed what was loved. Their avoidance of sin was tranquil; and, so long as it was maintained, no other ill at all could invade them and bring sorrow. Or did they perhaps desire to touch and eat the forbidden fruit, yet feared to die; and thus both fear and desire already, even in that blissful place, preyed upon those first of mankind? Away with the thought that such could be the case where there was no sin! And, indeed, this is already sin, to desire those things which the law of God forbids, and to abstain from them through fear of punishment, not through love of righteousness. Away, I say, with the thought, that before there was any sin, there should already have been committed regarding that fruit the very sin which our Lord warns us against regarding a woman: "Whosoever looketh on a woman to lust after her, hath committed adultery with her already in his heart." 1 As happy, then, as were these our first parents, who were agitated by no mental perturbations, and annoyed by no bodily discomforts, so happy should the whole human race have been, had they not introduced that evil which they have transmitted to their posterity, and had none of their descendants committed iniquity worthy of damnation; but this original blessedness continuing until, in virtue of that benediction which said, "Increase and multiply," 2 the number of the predestined saints should have been completed, there would then have been bestowed that higher felicity which is enjoyed by the most blessed angels,--a blessedness in which there should have been a secure assurance that no one would sin, and no one die; and so should the saints have lived, after no taste of labor, pain, or death, as now they shall live in the resurrection, after they have endured all these things.