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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
25. Wahre Glückseligkeit wird dem Menschen im irdischen Leben nicht zuteil.
Band 16, S. 795Wenn wir indes genauer zusehen, lebt nur der Glückselige, wie er will, und ist nur der Gerechte glückselig. Jedoch auch der Gerechte wird erst leben, wie er will, wenn er dorthin gelangt ist, wo er überhaupt nicht sterben, sich irren und zu Schaden kommen kann und überdies die Gewißheit hat, daß es immer so bleibt. Dies verlangt die Natur, und nur die Stillung dieses Verlangens kann sie ganz und vollkommen glückselig machen. Aber wer könnte hienieden leben, wie er will, da doch niemand auch nur zu leben in seiner Gewalt hat? Leben will jeder, und jeder muß sterben. Wie kann da die Rede sein von leben, wie man will, wenn man nicht lebt, solang man will? Und wenn einer sterben will, so kann erst recht nicht von leben, wie man will, die Rede sein; ein solcher will ja überhaupt nicht leben. Sollte er aber nicht aus Überdruß am Leben sterben wollen, sondern aus Sehnsucht nach einem besseren Leben jenseits des Todes, so lebt er also jetzt noch nicht so, wie er will, sondern erst dann, wenn er durch Sterben zu dem gelangt ist, was er will. Aber gut, es lebe einer so, wie er will, nachdem er es über sich gebracht und sich streng auferlegt hat, nicht zu wollen, was er nicht kann, und nur das zu wollen, was er kann1 sagt: „Da doch nicht geschehen kann, was du willst, so wolle, was du kannst“, so ist ein solcher deshalb noch nicht glückselig, weil er in Geduld unglücklich ist. Ein glückseliges Leben hat man ja nur, wenn man es auch liebt. Liebt man es aber und hat man es, so muß man es mehr als alles andere lieben, weil um seinetwillen alles, was man sonst liebt, liebenswert ist. Liebt man es nun nach Verdienst (und glückselig ist nur, wer das glückselige Leben auch nach Verdienst liebt), so schließt das von selbst das Verlangen in sich, es möge ewig sein. Nur dann also wird es ein glückseliges Leben sein, wenn es ein ewiges sein wird.
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wie Terenz Ter. Andr. 2, 1, 5. ↩
Edition
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De civitate Dei (CCSL)
Caput XXV: De uera beatitudine, quam temporalis uita non obtinet.
Quamquam si diligentius adtendamus, nisi beatus non uiuit ut uult, et nullus beatus nisi iustus. sed etiam ipse iustus non uiuet ut uult, nisi eo peruenerit, ubi mori falli offendi omnino non possit eique sit certum ita semper futurum. hoc enim natura expetit, nec plene atque perfecte beata erit nisi adepta quod expetit. nunc uero quis hominum potest ut uult uiuere, quando ipsum uiuere non est in potestate? uiuere enim uult, mori cogitur. quomodo ergo uiuit ut uult, qui non uiuit quamdiu uult? quodsi mori uoluerit, quomodo potest ut uult uiuere, qui non uult uiuere? et si ideo mori uelit, non quo nolit uiuere, sed ut post mortem melius uiuat: nondum ergo ut uult uiuit, sed cum ad id quod uult moriendo peruenerit. uerum ecce uiuat ut uult, quoniam sibi extorsit sibique imperauit non uelle quod non potest, atque hoc uelle quod potest, sicut ait Terentius: quoniam non potest id fieri quod uis, id uelis quod possis: num ideo beatus est, quia patienter miser est? beata quippe uita si non amatur, non habetur. porro si amatur et habetur, ceteris omnibus rebus excellentius necesse est ametur, quoniam propter hanc amandum est quidquid aliud amatur. porro si tantum amatur, quantum amari digna est - non enim beatus est, a quo ipsa beata uita non amatur ut digna est - : fieri non potest, ut eam, qui sic amat, non aeternam uelit. tunc igitur beata erit, quando aeterna erit.