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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
27. Die Sünder, ob Engel oder Menschen, vermögen durch ihre Verkehrtheit die Vorsehung nicht zu beirren.
Demnach vermögen die Sünder, Engel wie Menschen, mit ihrem Treiben nicht zu behindern „die großen Werke des Herrn, die er sich aussucht ganz nach seinem Willen“1; denn er, der mit vorsehender Weisheit und allmächtigem Willen jedem das Seine zuteilt, weiß sich nicht nur der Guten, sondern auch der Bösen zum Guten zu bedienen2. Und indem er sich also des bösen Engels, der wegen des Mißverdienstes des ersten bösen Willens in einer Weise mit Verhärtung bestraft wurde, daß er ferner überhaupt keinen guten Willen mehr hatte, zum Guten bedient, konnte er recht wohl zulassen, daß von ihm der erste Mensch versucht wurde, der aufrecht, d. i. als ein Wesen von gutem Willen erschaffen war. War er doch so eingerichtet, daß er den bösen Engel hätte überwinden können, wenn er als guter Mensch der göttlichen Hilfe vertraute, dagegen freilich überwunden werden sollte, wenn er Gott, seinen Schöpfer und Band 16, S. 799Helfer, in stolzem Selbstgefallen verlassen würde; sein Verdienst sollte bestehen in einem geraden, von Gott unterstützten Willen, sein Mißverdienst in einem verkehrten, von Gott sich abwendenden Willen. Denn ohne Gottes Hilfe hätte er eben jenes Vertrauen auf Gottes Hilfe nicht zuwege gebracht, aber deshalb stand es doch in seiner Gewalt, sich dieser göttlichen Gnadenhilfe durch Wohlgefallen an sich selber zu begeben. Denn wie man es nicht in seiner Gewalt hat, im Fleische hienieden zu leben ohne Zuhilfenahme von Nahrungsmitteln, dagegen es allerdings in seiner Gewalt hat, im Fleische nicht zu leben, wie das Beispiel der Selbstmörder zeigt, so hatte man es auch im Paradiese nicht in seiner Gewalt, gut zu leben ohne Gottes Hilfe, wohl aber hatte man es in seiner Gewalt, schlecht zu leben, wobei dann jedoch die Glückseligkeit nicht andauern, sondern die gerechte Strafe eintreten sollte. Da nun Gott um diesen künftigen Fall des Menschen genau wußte, hätte er ihn deshalb nicht versuchen lassen sollen durch die Bosheit des neidischen Engels? er, der durchaus nicht im Ungewissen darüber war, daß der Mensch besiegt würde, aber ebenso klar vorhersah, daß von dem Samen des Menschen mit Hilfe der göttlichen Gnade derselbe Teufel in den Heiligen um so rühmlicher besiegt werden sollte! Die Sache stand demnach so, daß Gott nichts verborgen war von den kommenden Dingen, daß er aber durch sein Vorherwissen niemand zum Sündigen nötigte und durch die nachfolgende Erfahrung seiner vernunftbegabten Schöpfung in Engel- und Menschenwelt den gewaltigen Unterschied vor Augen führte zwischen vermessener Selbstüberhebung und göttlichem Schutz. Es wäre natürlich in Gottes Macht gelegen gewesen zu bewirken, daß weder Engel noch Mensch gefallen wäre. Aber er zog es vor, das ihrer Macht anheimzustellen und auf diesem Wege zu zeigen, wieviel Schlimmes ihr Hochmut und wieviel Gutes seine Gnade vermöge.
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The City of God
Chapter 27.--Of the Angels and Men Who Sinned, and that Their Wickedness Did Not Disturb the Order of God's Providence.
The sins of men and angels do nothing to impede the "great works of the Lord which accomplish His will." 1 For He who by His providence and omnipotence distributes to every one his own portion, is able to make good use not only of the good, but also of the wicked. And thus making a good use of the wicked angel, who, in punishment of his first wicked volition, was doomed to an obduracy that prevents him now from willing any good, why should not God have permitted him to tempt the first man, who had been created upright, that is to say, with a good will? For he had been so constituted, that if he looked to God for help, man's goodness should defeat the angel's wickedness; but if by proud self-pleasing he abandoned God, his Creator and Sustainer, he should be conquered. If his will remained upright, through leaning on God's help, he should be rewarded; if it became wicked, by forsaking God, he should be punished. But even this trusting in God's help could not itself be accomplished without God's help, although man had it in his own power to relinquish the benefits of divine grace by pleasing himself. For as it is not in our power to live in this world without sustaining ourselves by food, while it is in our power to refuse this nourishment and cease to live, as those do who kill themselves, so it was not in man's power, even in Paradise, to live as he ought without God's help; but it was in his power to live wickedly, though thus he should cut short his happiness, and incur very just punishment. Since, then, God was not ignorant that man would fall, why should He not have suffered him to be tempted by an angel who hated and envied him? It was not, indeed, that He was unaware that he should be conquered. but because He foresaw that by the man's seed, aided by divine grace, this same devil himself should be conquered, to the greater glory of the saints. All was brought about in such a manner, that neither did any future event escape God's foreknowledge, nor did His foreknowledge compel any one to sin, and so as to demonstrate in the experience of the intelligent creation, human and angelic, how great a difference there is between the private presumption of the creature and the Creator's protection. For who will dare to believe or say that it was not in God's power to prevent both angels and men from sinning? But God preferred to leave this in their power, and thus to show both what evil could be wrought by their pride, and what good by His grace.
Ps. cxi. 2. ↩