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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
13. Soll man in den Jahresangaben die Septuaginta oder den hebräischen Text als maßgebend erachten?
Aber wenn ich das sage, hält man mir sofort entgegen, es handle sich da um eine solche Fälschung seitens der Juden, wovon oben schon zur Genüge die Rede war; denn die 70 Übersetzer, Männer von gefeiertem Rufe, hätten nicht fälschen können. Da ließe sich nun freilich fragen, was eher Glauben verdiene, daß sich das weithin verstreute Judenvolk zu dieser Fälschung einmütig habe verständigen können und aus Mißgunst über das Ansehen, worin ihre Schrift bei andern steht, sich selbst um die Wahrheit gebracht habe, oder daß 70 Leute, selbst auch Juden, an einer Stätte vereinigt, da der ägyptische König Ptolemäus sie zu diesem Werke herbeigerufen hatte, die Wahrheit fremden Völkern mißgönnt haben und nach gemeinsamer Verabredung in der bezeichneten Richtung vorgegangen seien. Die Antwort darauf kann nicht schwer fallen. Aber das eine wie das andere wird kein verständiger Mensch annehmen; es hätten weder die Juden, auch nicht die verkehrtesten und bösartigsten, bei der großen Zahl und der weiten Verstreuung der Handschriften so etwas zuwege gebracht, noch haben sich jene denkwürdigen 70 Männer auf den Plan verständigt, den Völkern die Wahrheit aus Neid vorzuenthalten. Annehmbarer erscheint mir daher die Vermutung, es habe eine derartige Fälschung stattfinden können, als man daran ging, die Übersetzung, die in den Büchern des Ptolemäus stand, abzuschreiben, und zwar gleich in der ersten davon genommenen Abschrift, von der sie sich dann von selbst weiter verbreitete; es könnte sich dabei an sich auch um Irrtum des Band 16, S. 829Schreibers gehandelt haben. Allein das mag zutreffen in der abweichenden Angabe über die Lebensdauer des Mathusalam und bei Lamech, wo die Summe um 24 Jahre auseinandergeht. Dagegen in jenen Fällen, wo immer der gleiche Fehler wiederkehrt in der Weise, daß vor der Zeugung des betreffenden Sohnes in der Septuaginta 100 Jahre mehr angegeben werden als im hebräischen Text, und nach der Zeugung hier die fehlenden als Überschuß erscheinen, dort die überschüssigen fehlen und also die Summe wieder stimmt, eine Unregelmäßigkeit, die sich in gleicher Weise bei der ersten, zweiten, dritten, vierten, fünften und siebenten Geschlechtsreihe findet, da hat augenscheinlich der Irrtum sozusagen eine gewisse Stetigkeit und verrät Absicht, nicht Zufall.
So mag man also für die Abweichungen in den Zahlenangaben zwischen dem griechischen und lateinischen Text einerseits und dem hebräischen andrerseits, soweit es sich nicht um die immer in gleicher Weise durch so viele Geschlechtsreihen hindurch sich wiederholende Spannung handelt, die erst durch Hinzurechnung, dann durch Abzug von 100 Jahren entsteht, die Nachlässigkeit des Schreibers verantwortlich machen, der zuerst die Handschrift aus der Bibliothek des genannten Königs zum Abschreiben erhielt; wir brauchen hierfür weder die Bosheit der Juden noch den Fleiß oder den Scharfsinn der 70 Übersetzer heranzuziehen. Denn auch heute noch werden Zahlen, falls sie nicht auf etwas aufmerksam machen, was sich leicht erkennen läßt oder zu wissen nützlich erscheint, nachlässig abgeschrieben und selten wieder richtig gestellt. Wem gilt es etwa für besonders wissenswert, wieviel tausend Männer jeder einzelne Stamm Israels zählen mochte?1Das zu wissen hält man nicht für irgend nützlich, und wie wenige Menschen gibt es, denen gar der tiefe Sinn dieses nützlichen Wissens zum Bewußtsein kommt? Anders aber ist die Sache mit den 100 Jahren zu beurteilen, die auf der einen Seite da sind, auf der andern fehlen durch eine Anzahl Geschlechtsfolgen hindurch und nach der Geburt des jeweils zu erwähnenden Sohnes fehlen, wo sie Band 16, S. 830schon da waren, oder da sind, wo sie gefehlt haben, so daß die Summe übereinstimmt. Jener, der die 100 Jahre vor die Geburt gestellt hat, wollte glauben machen, die große Zahl der Lebensjahre, die den Urvätern zugeteilt wird, rühre daher, daß man nur ganz kurze Jahre gekannt hätte, und suchte das zu erweisen durch Beziehung auf die Geschlechtsreife, die die Erzeugung von Kindern ermöglicht. Zu diesem Zwecke glaubte er den Ungläubigen gegenüber andeuten zu sollen, daß 100 damalige Jahre 10 heutige seien, damit die Leute sich nicht weigerten, die langen Lebenszeiten gläubig anzunehmen, und so erhöhte er die Angaben über die Lebensdauer bis zur Zeugung um 100 Jahre überall da, wo er ein zur Zeugung von Kindern unfähiges Lebensalter angegeben fand, zog dann aber, um eine Übereinstimmung der Summen zu erzielen, die 100 Jahre von den Lebensjahren nach der Zeugung wieder ab. Er wollte eben ein der Erzeugung von Nachkommenschaft entsprechendes Alter glaubhaft machen, ohne doch das Gesamtlebensalter der einzelnen an Zahl der Jahre zu schmälern. Wenn er in der sechsten Geschlechtsreihe nicht so verfahren ist, so bestätigt gerade diese Unterlassung unsere Annahme; er hat sein Verfahren nur da angewendet, wo es die Sache, die wir meinen, verlangte; wo sie es nicht verlangte, verfuhr er nicht so. Er fand nämlich in der bezeichneten Geschlechtsreihe im hebräischen Text für Jared bis zur Zeugung Enochs 162 Jahre angesetzt, was nach jener Lehre von den kurzen Jahren 16 Jahre und etwas weniger als 2 Monate ergibt, ein Alter, das bereits zeugungsfähig ist, und deshalb war es nicht nötig, Jareds Alter bis zur Zeugung um 100 kurze Jahre zu erhöhen, um es auf 26 heutige Jahre zu bringen, womit dann auch das Abziehen der 100 Jahre von den Lebensjahren nach der Zeugung entfiel, da er sie ja vor der Zeugung nicht hinzugefügt hatte. So erklärt es sich, daß sich bei Jared keine Abweichung zwischen den beiderseitigen Texten zeigt.
Aber auffallend ist hinwieder, daß in der achten Geschlechtsreihe, in der der hebräische Text dem Mathusalam bis zur Geburt Lamechs 182 Jahre zuteilt, in unserm Text, wo doch sonst gewöhnlich 100 Jahre mehr Band 16, S. 831angegeben sind, 20 Jahre weniger verzeichnet werden, die dann nach Lamechs Geburt nachgetragen sind zur Ergänzung der Summe, die in beiden Texten die gleiche ist. Denn wenn der Schreiber mit Beziehung auf die Geschlechtsreife 170 Jahre als 17 aufgefaßt wissen wollte, so durfte er bei Mathusalam so wenig etwas abziehen als hinzufügen, weil er bei ihm ein zeugungsfähiges Alter bereits angegeben vorfand, um dessentwillen er, wenn er es nicht vorfand, bei anderen die 100 Jahre beifügte. Wir könnten ja diese Spannung von 20 Jahren recht wohl als einen durch Zufall entstandenen Fehler gelten lassen, wenn der Schreiber die 20 Jahre nicht hinterher, wie er sie vorher abgezogen hatte, wieder einzusetzen Sorge getragen hätte, damit sich die Gesamtsumme decke. Oder soll man annehmen, es handle sich um einen ganz besonders schlauen Kniff? es wäre also zur Verdeckung der Absichtlichkeit, die bei der vorangängigen Erhöhung und nachherigen Herabsetzung des Lebensalters um 100 Jahre vorliegt, ähnlich auch da verfahren worden, wo es nicht nötig gewesen wäre, indem, wenn auch nicht gerade 100 Jahre, aber doch irgendeine kleine Zahl zuerst abgezogen, dann nachgetragen wurde? Aber wie man auch darüber denkt, ob man sich die Spannungen so zurechtlegt oder anders, und schließlich auch, ob es sich in Wirklichkeit so verhält oder nicht, eines steht mir unzweifelhaft fest: bei Abweichungen in der beiderseitigen Textüberlieferung hat man, vorausgesetzt daß gegenüber dem wirklichen Verlauf der Begebenheiten nicht beides zumal richtig sein kann, dem Urtext zu glauben, aus dem die Übersetzung in eine andere Sprache durch Dolmetscher vorgenommen worden ist. Findet sich doch auch in manchen Handschriften, und zwar in drei griechischen, einer lateinischen und einer syrischen, übereinstimmend die Angabe, daß Mathusalam 6 Jahre vor der Sündflut gestorben sei.
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Num. 2. ↩
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The City of God
Chapter 13.--Whether, in Computing Years, We Ought to Follow the Hebrew or the Septuagint.
But if I say this, I shall presently be answered, It is one of the Jews' lies. This, however, we have disposed of above, showing that it cannot be that men of so just a reputation as the seventy translators should have falsified their version. However, if I ask them which of the two is more credible, that the Jewish nation, scattered far and wide, could have unanimously conspired to forge this lie, and so, through envying others the authority of their Scriptures, have deprived themselves of their verity; or that seventy men, who were also themselves Jews, shut up in one place (for Ptolemy king of Egypt had got them together for this work), should have envied foreign nations that same truth, and by common consent inserted these errors: who does not see which can be more naturally and readily believed? But far be it from any prudent man to believe either that the Jews, however malicious and wrong-headed, could have tampered with so many and so widely-dispersed manuscripts; or that those renowned seventy individuals had any common purpose to grudge the truth to the nations. One must therefore more plausibly maintain, that when first their labors began to be transcribed from the copy in Ptolemy's library, some such misstatement might find its way into the first copy made, and from it might be disseminated far and wide; and that this might arise from no fraud, but from a mere copyist's error. This is a sufficiently plausible account of the difficulty regarding Methuselah's life, and of that other case in which there is a difference in the total of twenty-four years. But in those cases in which there is a methodical resemblance in the falsification, so that uniformly the one version allots to the period before a son and successor is born 100 years more than the other, and to the period subsequent 100 years less, and vice versâ, so that the totals may agree,--and this holds true of the first, second, third, fourth, fifth, and seventh generations,--in these cases error seems to have, if we may say so, a certain kind of constancy, and savors not of accident, but of design.
Accordingly, that diversity of numbers which distinguishes the Hebrew from the Greek and Latin copies of Scripture, and which consists of a uniform addition and deduction of 100 years in each lifetime for several consecutive generations, is to be attributed neither to the malice of the Jews nor to men so diligent and prudent as the seventy translators, but to the error of the copyist who was first allowed to transcribe the manuscript from the library of the above-mentioned king. For even now, in cases where numbers contribute nothing to the easier comprehension or more satisfactory knowledge of anything, they are both carelessly transcribed, and still more carelessly emended. For who will trouble himself to learn how many thousand men the several tribes of Israel contained? He sees no resulting benefit of such knowledge. Or how many men are there who are aware of the vast advantage that lies hid in this knowledge? But in this case, in which during so many consecutive generations 100 years are added in one manuscript where they are not reckoned in the other, and then, after the birth of the son and successor, the years which were wanting are added, it is obvious that the copyist who contrived this arrangement designed to insinuate that the antediluvians lived an excessive number of years only because each year was excessively brief, and that he tried to draw the attention to this fact by his statement of their age of puberty at which they became able to beget children. For, lest the incredulous might stumble at the difficulty of so long a lifetime, he insinuated that 100 of their years equalled but ten of ours; and this insinuation he conveyed by adding 100 years whenever he found the age below 160 years or thereabouts, deducting these years again from the period after the son's birth, that the total might harmonize. By this means he intended to ascribe the generation of offspring to a fit age, without diminishing the total sum of years ascribed to the lifetime of the individuals. And the very fact that in the sixth generation he departed from this uniform practice, inclines us all the rather to believe that when the circumstance we have referred to required his alterations, he made them; seeing that when this circumstance did not exist, he made no alteration. For in the same generation he found in the Hebrew ms., that Jared lived before he begat Enoch 162 years, which, according to the short year computation, is sixteen years and somewhat less than two months, an age capable of procreation; and therefore it was not necessary to add 100 short years, and so make the age twenty-six years of the usual length; and of course it was not necessary to deduct, after the son's birth, years which he had not added before it. And thus it comes to pass that in this instance there is no variation between the two manuscripts.
This is corroborated still further by the fact that in the eighth generation, while the Hebrew books assign 182 1 years to Methuselah before Lamech's birth, ours assign to him twenty less, though usually 100 years are added to this period; then, after Lamech's birth, the twenty years are restored, so as to equalize the total in the two books. For if his design was that these 170 years be understood as seventeen, so as to suit the age of puberty, as there was no need for him adding anything, so there was none for his subtracting anything; for in this case he found an age fit for the generation of children, for the sake of which he was in the habit of adding those 100 years in cases where he did not find the age already sufficient. This difference of twenty years we might, indeed, have supposed had happened accidentally, had he not taken care to restore them afterwards as he had deducted them from the period before, so that there might be no deficiency in the total. Or are we perhaps to suppose that there was the still more astute design of concealing the deliberate and uniform addition of 100 years to the first period and their deduction from the subsequent period--did he design to conceal this by doing something similar, that is to say, adding and deducting, not indeed a century, but some years, even in a case in which there was no need for his doing so? But whatever may be thought of this, whether it be believed that he did so or not, whether, in fine, it be so or not, I would have no manner of doubt that when any diversity is found in the books, since both cannot be true to fact, we do well to believe in preference that language out of which the translation was made into another by translators. For there are three Greek mss., one Latin, and one Syriac, which agree with one another, and in all of these Methuselah is said to have died six years before the deluge.
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One hundred and eighty-seven is the number given in the Hebrew, and one hundred and sixty-seven in the Septuagint; but notwithstanding the confusion, the argument of Augustin is easily followed. ↩