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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
21. Warum wird nach der Erwähnung Enochs, des Sohnes Kains, ohne Unterbrechung gleich dessen gesamte Stammreihe bis zur Sündflut herab angeschlossen, während sich nach der Erwähnung des Enos, des Sohnes Seths, die Erzählung zum Anfang des Menschengeschlechtes, zur Schöpfung, zurückwendet?
Doch zuerst müssen wir einen auffallenden Unterschied in der Berichtsanordnung ins Auge fassen. Bei Aufzählung der aus Kain hervorgegangenen Zeugungsreihen werden, nachdem nur erst vor dessen sonstigen Abkömmlingen der genannt ist, auf dessen Name eine Stadt gegründet ward, Enoch meine ich, die übrigen gleich angeschlossen bis zu dem Endpunkt, von dem ich gesprochen habe, nämlich bis zur Sündflut, die jenes Geschlecht und all seine Sprößlinge vernichtete; dagegen ist bei Seth kaum dessen Sohn, der einzige Enos, genannt, als auch schon, ohne daß die übrigen bis zur Sündflut beigefügt wären, ein Absatz eingeschaltet ist, Band 16, S. 853der besagt1: „Dies ist das Buch der Entstehung der Menschen; an dem Tage, da Gott den Adam schuf, schuf er ihn nach dem Bilde Gottes. Mann und Weib schuf er sie, und er segnete sie und nannte ihren Namen Adam, an dem Tage, da er sie schuf“. Dies scheint mir der Berichterstatter zu dem Zweck eingeschaltet zu haben, um von hier aus neuerdings mit Adam selbst die Zeitenzählung zu beginnen, die er beim Weltstaat nicht anstellen wollte; wie wenn diesen Gott zwar erwähnte, aber nicht rechnete. Und nun kehrt er von da, nachdem er doch schon den Sohn des Seth erwähnt hat, den Menschen, der da hoffte, anzurufen den Namen Gottes des Herrn2, zu jener kurzen Wiederholung zurück3; er mußte auf diese Weise die beiden Staaten einführen, den einen in einem Menschenmörder und wieder zu einem Menschenmörder reichend [denn auch Lamech hat einen Mord begangen, wie er seinen beiden Frauen gestand4], den andern in dem, der da hoffte, anzurufen den Namen Gottes des Herrn. Denn das ist die ganze und die höchste Aufgabe, die der auf dieser Welt pilgernde Gottesstaat in dieser Vergänglichkeit hat, und sie mußte dargestellt werden in dem einen Menschen5, den nun wirklich die Auferstehung6 des Ermordeten7 zeugte. Dieser eine Mensch nämlich bedeutet die Einheit des ganzen himmlischen Staates, die zwar noch nicht in Erfüllung gegangen ist, aber nach diesem prophetischen Vorbild in Erfüllung gehen wird. Der Sohn Kains also, d. i. der Sohn des Besitzes [natürlich des irdischen], möge einen Namen haben im Weltstaat, weil dieser auf seinen Namen gegründet ist. Sein Geschlecht ist es ja, von dem es im Psalme heißt8: „Sie werden deren Namen anrufen in deren Erdkreisen“; weshalb Band 16, S. 854ihnen widerfährt, was in einem andern Psalm geschrieben steht9: „Herr, in Deinem Staate wirst Du ihren Schein zunichte machen“. Der Sohn des Seth aber, d. i. der Sohn der Auferstehung, hoffe, anzurufen den Namen Gottes des Herrn; denn er sinnbildet die Menschengenossenschaft, die da spricht10: „Ich aber wie ein fruchtbarer Ölbaum im Hause Gottes habe auf Gottes Erbarmen gehofft“; den eitlen Ruhm eines auf Erden klangvollen Namens aber suche er nicht; denn11„glückselig der Mann, der seine Hoffnung auf den Namen des Herrn setzt und sich nicht umsieht nach Eitelkeiten und trügerischen Torheiten“. Nachdem also die beiden Staaten, der eine in dieser Welt festgewurzelt, der andere mit seiner Hoffnung auf Gott gerichtet, nun eingeführt sind, hervorgetreten gleichsam aus der in Adam eröffneten gemeinsamen Pforte der Vergänglichkeit, um sich zu entfalten und auszulaufen nach ihrem gesonderten, eigenen und verdienten Endausgang, so beginnt die Zeitenzählung. An deren Hand werden dann die anderen Geschlechtsreihen nachgetragen, nachdem der Faden bei Adam wieder aufgenommen ist, aus dessen verdammter Nachkommenschaft Gott wie aus einer einzigen, der verdienten Verdammnis übergebenen Masse Gefäße des Zornes zur Schmach bildet und Gefäße des Erbarmens zur Ehre12, jenen vergeltend in Pein, was ihnen gebührt, diesen schenkend in Gnade, was ihnen nicht gebührt, damit der himmlische Staat, der auf Erden in der Fremde weilt, gerade auch aus dem Vergleich mit den Gefäßen der Schmach lerne, nicht auf die Wahlfreiheit seines Willens zu vertrauen, sondern zu hoffen, den Namen Gottes des Herrn anzurufen. Denn der Wille kann in einem Wesen, das gut aus der Hand des guten Gottes, aber, weil aus nichts erschaffen, wandelbar aus der Hand des Unwandelbaren hervorgegangen ist, sowohl vom Guten abweichen, um das Böse zu tun, und das bringt man zustande durch den wahlfreien Band 16, S. 855Willen, als auch vom Bösen, um das Gute zu tun, und das bringt man nur mit göttlicher Hilfe zustande.
Edition
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De civitate Dei (CCSL)
Caput XXI: Qua ratione commemorato Enoch, qui fuit filius Cain, totius generationis eius usque ad diluuium sit continuata narratio; commemorato autem Enos, qui fuit filius Seth, ad conditionis humanae principium sit reditum.
Primo autem intuendum est, quemadmodum, cum ex Cain generationes enumerarentur, commemorato ante ceteros posteros eius illo, in cuius nomine condita est ciuitas, id est Enoch, contexti sunt ceteri usque ad illum finem, de quo locutus sum, donec illud genus atque uniuersa propago diluuio deleretur; cum uero filius Seth unus commemoratus fuisset Enos, nondum usque ad diluuium additis ceteris articulus quidam interponitur et dicitur: hic liber natiuitatis hominum, qua die fecit deus Adam, ad imaginem dei fecit illum. masculum et feminam fecit illos, et benedixit illos, et cognominauit nomen eorum Adam, qua die fecit illos. quod mihi uidetur ad hoc interpositum, ut hinc rursus inciperet ab ipso Adam dinumeratio temporum, quam noluit facere, qui haec scripsit, in ciuitate terrena; tamquam eum deus sic commoneret, ut non conputaret. sed quare hinc reditur ad istam recapitulationem, posteaquam commemoratus est filius Seth, homo qui sperauit inuocare nomen domini dei, nisi quia sic oportebat istas duas proponere ciuitates, unam per homicidam usque ad homicidam - nam et Lamech duabus uxoribus suis se perpetrasse homicidium confitetur - , alteram per eum, qui sperauit inuocare nomen domini dei? hoc est quippe in hoc mundo peregrinantis ciuitatis dei totum atque summum in hac mortalitate negotium, quod per unum hominem, quem sane occisi resurrectio genuit, commendandum fuit. homo quippe ille unus totius supernae ciuitatis est unitas, nondum quidem conpleta, sed praemissa ista prophetica praefiguratione conplenda. filius ergo Cain, hoc est filius possessionis - cuius nisi terrenae? - habeat nomen in ciuitate terrena, quia in eius nomine condita est. de his est enim, de quibus cantatur in psalmo: inuocabunt nomina eorum in terris ipsorum; propter quod sequitur eos quod in alio psalmo scriptum est: domine, in ciuitate tua imaginem eorum ad nihilum rediges. filius autem Seth, hoc est filius resurrectionis, speret inuocare nomen domini dei; eam quippe societatem hominum praefigurat quae dicit: ego autem sicut oliua fructifera in domo dei speraui in misericordia dei; uanas autem glorias famosi in terra nominis non requirat; beatus est enim uir, cuius est nomen domini spes eius, et non respexit in uanitates et insanias mendaces. propositis itaque duabus ciuitatibus, una in re huius saeculi, altera in spe dei, tamquam ex communi, quae aperta est in Adam, ianua mortalitatis egressis, ut procurrant et excurrant ad discretos proprios ac debitos fines, incipit dinumeratio temporum, in qua et aliae generationes adiciuntur, facta recapitulatione ex Adam, ex cuius origine damnata, ueluti massa una meritae damnationi tradita, facit deus alia in contumeliam uasa irae, alia in honorem uasa misericordiae, illis reddens quod debetur in poena, istis donans quod non debetur in gratia; ut ex ipsa etiam conparatione uasorum irae superna ciuitas discat, quae peregrinatur in terris, non fidere libertate arbitrii sui, sed speret inuocare nomen domini dei. quoniam uoluntas in natura, quae facta est bona a deo bono, sed mutabilis ab inmutabili, quia ex nihilo, et a bono potest declinare, ut faciat malum, quod fit libero arbitrio, et a malo, ut faciat bonum, quod non fit sine diuino adiutorio.