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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
7. Die Spaltung des israelitischen Königtums ist ein Vorbild der dauernden Trennung des geistigen Israels vom fleischlich gesinnten.
Wiederum sündigte Saul durch Ungehorsam, und wiederum redete Samuel im Namen des Herrn zu ihm1: „Weil du verachtet hast das Wort des Herrn, so hat der Herr dich verachtet, daß du nicht König seiest über Israel.“ Und um derselben Sünde willen sprach wiederum Samuel, da Saul sie bekannte und um Verzeihung flehte und den Samuel bat, mit ihm zurückzukehren und Gott zu versöhnen: „Ich werde nicht mit dir zurückkehren; Band 28, S. 1007denn du hast des Herrn Wort verachtet, und der Herr wird dich verachten, daß du nicht König seiest über Israel. Und Samuel kehrte sein Angesicht ab, um wegzugehen; da hielt ihn Saul am Ende seines Mantels und riß es ab. Und Samuel sprach zu ihm: Weggerissen hat heute von Israel der Herr das Königtum aus deiner Hand, und er wird es deinem Nächsten geben, dem guten über dir, und Israel wird in zwei Teile gespalten werden; und er wird seinen Sinn nicht ändern noch Reue empfinden; denn er ist nicht wie ein Mensch, daß es ihn reute; der droht und hält nicht durch.“ Der, dem das Wort galt: „Der Herr wird dich verachten, daß du nicht König seiest über Israel“, und: „Weggerissen hat heute von Israel der Herr das Königtum aus deiner Hand“, war vierzig Jahre lang König über Israel, gerade so lang wie David, und er bekam das in der ersten Zeit seines Königtums zu hören; so werden wir belehrt, daß sich die Worte auf den Ausschluß des Stammes Sauls vom Königtum beziehen, und zugleich wird unser Blick auf den Stamm Davids hingelenkt, aus welchem dem Fleische nach hervorgegangen ist der Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Christus Jesus2.
Die Schrift3 liest jedoch nicht: „Weggerissen hat der Herr das Königtum über Israel aus deiner Hand“, wie in den meisten lateinischen Handschriften steht, sondern so, wie wir angegeben haben nach dem Befund der griechischen Handschriften: „Weggerissen hat von Israel der Herr das Königtum aus deiner Hand“; „aus deiner Hand“ und „von Israel“ sind also aufzufassen als zweierlei Ausdrücke für dieselbe Sache. Demnach stellte Saul das Volk Israel dar, und dieses Volk sollte seine Herrschaft verlieren, da unser Herr Jesus Christus berufen war, durch das Neue Testament im geistigen Sinne, nicht im fleischlichen, die Herrschaft anzutreten. Auf ihn also geht das Wort: „Und er wird es deinem Nächsten geben“, und dieses Wort bezieht sich auf die leibliche Verwandtschaft; denn aus Israel stammt Christus dem Band 28, S. 1008Fleische nach, woher auch Saul stammte. „Dem guten über dir“ kann man deuten: „einem besseren als du“, und so haben auch manche übersetzt; aber richtiger deutet man „dem guten über dir“ dahin, daß dieser Nächste deshalb, weil er gut ist, über dir sein soll, gemäß jenem anderen prophetischen Ausspruch4: „Bis ich alle deine Feinde dir zu Füße lege“; darunter auch Israel, Christi Verfolger, von dem er das Königtum hinweggenommen hat. Freilich steckte darunter auch Israel, in dem kein Falsch war5, sozusagen wie Weizen in jener Spreu; denn von daher stammten die Apostel, von daher so viele Märtyrer mit Stephanus an der Spitze, von daher so viele Kirchen, die Gott priesen über die Bekehrung des Paulus, wie er erwähnt6.
Hierauf ist unbedenklich nach meiner Ansicht zu beziehen das nun folgende Wort: „Und Israel wird in zwei Teile gespalten werden“, nämlich in das Christo feindselige Israel und in das Christo sich anschließende Israel; in das Israel, das der Magd angehört, und in das Israel, das der Freien angehört. Denn diese beiden Arten waren zunächst noch vereinigt, gleich als wenn Abraham noch der Magd angehangen hätte, bis die durch Christi Gnade befruchtete Unfruchtbare rief: „Wirf hinaus die Magd und ihren Sohn“7. Zwar wurde um der Sünde Salomons willen unter der Regierung seines Sohnes Roboam Israel in zwei Teile gespalten8, wie uns wohl bekannt ist, und verharrte in dieser Spaltung, jeder Teil unter eigenen Königen, bis das ganze Judenvolk von den Chaldäern unter ungeheurer Verheerung überwältigt und in die Fremde versetzt wurde. Aber was hat das mit Saul zu schaffen? Wenn es überhaupt Gegenstand einer prophetischen Drohung werden sollte, so war eine solche Drohung eher an David zu richten, dessen Sohn Salomon war. Und überdies ist das hebräische Volk zurzeit nicht unter sich gespalten, sondern unterschiedslos dem gleichen Irrtum ergeben und Band 28, S. 1009darin über die Erde zerstreut. Dagegen die Teilung, die Gott diesem Reich und Volk androhte in der Person Sauls, des Vertreters jenes Reiches und Volkes, ist als eine ewige und unabänderliche gekennzeichnet durch den darauf bezüglichen Zusatz: „Und er wird seinen Sinn nicht ändern noch Reue empfinden; denn er ist nicht wie ein Mensch, daß es ihn reute; der droht und hält nicht durch“; nämlich der Mensch droht und hält nicht durch; nicht aber Gott, den es nicht reut wie den Menschen, Gottes Reue nämlich, wo von ihr die Rede ist in der Hl. Schrift, bedeutet eine Änderung in den Dingen, während das göttliche Vorherwissen seine Unwandelbarkeit beibehält. Wenn es also heißt, daß ihn etwas nicht reue, so will das sagen, daß er keine Änderung eintreten läßt.
Ganz unwiderruflich also und auf immer, wie wir sehen, erging durch diese Worte von Seiten Gottes der Urteilsspruch, der auf Teilung des Volkes Israel lautete. Denn alle, die aus diesem Volke zu Christus übergegangen sind, übergehen oder noch übergehen werden, gehörten wohl nach der übrigens durchgehends gleichen Natur des Menschengeschlechtes zum Volke Israel, nicht aber nach dem Vorherwissen Gottes. Und vollends alle an Christus sich anschließenden Israeliten, die in ihm ausharren, werden niemals auf Seiten jener Israeliten stehen, die seine Feinde bleiben bis zum Ende des Lebens. Sie werden vielmehr auf immer in der Trennung beharren, die hier vorherverkündet ist. Denn das Alte Testament vom Berge Sina, das zur Knechtschaft gebiert9, nützt nur dadurch, daß es dem Neuen Testamente Zeugnis gibt. Widrigenfalls liegt, solange Moses gelesen wird, eine Decke über ihren Herzen. Sowie aber einer übergeht zu Christus, wird die Decke hinweggenommen10. Die ganze Gesinnung der Übertretenden ja ändert sich und vollzieht den Übergang vom Alten zum Neuen [Testament], so daß man nicht mehr auf Erlangung fleischlichen Glückes sinnt, sondern auf Erlangung geistigen. Das wird auch vorgebildet durch eine bedeutsame Handlung Band 28, S. 1010des großen Propheten Samuel11; er hatte Saul noch nicht zum König gesalbt, sondern flehte zum Herrn für Israel, und der Herr erhörte ihn und ließ, als während des Brandopfers, das Samuel darbrachte, die Feinde nahten zum Kampf wider das Volk Gottes, seinen Donner über sie erschallen, so daß sie in Verwirrung gerieten und unglücklich kämpften den Israeliten gegenüber und eine Niederlage davontrugen: da nahm Samuel einen Stein und richtete ihn auf zwischen dem neuen Massephat und dem alten und gab ihm den Namen Abennezer, d. i. in unserer Sprache „Stein des Helfers“, und sprach: „Bis daher hat der Herr geholfen.“ Massephat heißt soviel wie Gesinnung. Jener Stein des Helfers ist die Mittelstellung des Erlösers, durch den man vom alten Massephat übergehen muß zum neuen, d. i. von der Gesinnung, die im fleischlichen Reich eine unwahre fleischliche Glückseligkeit erwartete, zu der Gesinnung, die durch das Neue Testament im Himmelreich die allein wahre geistige Glückseligkeit erwartet; bis daher, weil es nichts Besseres gibt als sie, hilft Gott.
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The City of God
Chapter 7.--Of the Disruption of the Kingdom of Israel, by Which the Perpetual Division of the Spiritual from the Carnal Israel Was Prefigured.
Again Saul sinned through disobedience, and again Samuel says to him in the word of the Lord, "Because thou hast despised the word of the Lord, the Lord hath despised thee, that thou mayest not be king over Israel." 1 And again for the same sin, when Saul confessed it, and prayed for pardon, and besought Samuel to return with him to appease the Lord, he said, "I will not return with thee: for thou hast despised the word of the Lord, and the Lord will despise thee that thou mayest not be king over Israel. And Samuel turned his face to go away, and Saul laid hold upon the skirt of his mantle, and rent it. And Samuel said unto him, The Lord hath rent the kingdom from Israel out of thine hand this day, and will give it to thy neighbor, who is good above thee, and will divide Israel in twain. And He will not be changed, neither will He repent: for He is not as a man, that He should repent; who threatens and does not persist." 2 He to whom it is said, "The Lord will despise thee that thou mayest not be king over Israel," and "The Lord hath rent the kingdom from Israel out of thine hand this day," reigned forty years over Israel,--that is, just as long a time as David himself,--yet heard this in the first period of his reign, that we may understand it was said because none of his race was to reign, and that we may look to the race of David, whence also is sprung, according to the flesh, 3 the Mediator between God and men, the man Christ Jesus. 4
But the Scripture has not what is read in most Latin copies, "The Lord hath rent the kingdom of Israel out of thine hand this day," but just as we have set it down it is found in the Greek copies, "The Lord hath rent the kingdom from Israel out of thine hand;" that the words "out of thine hand" may be understood to mean "from Israel." Therefore this man figuratively represented the people of Israel, which was to lose the kingdom, Christ Jesus our Lord being about to reign, not carnally, but spiritually. And when it is said of Him, "And will give it to thy neighbor," that is to be referred to the fleshly kinship, for Christ, according to the flesh, was of Israel, whence also Saul sprang. But what is added, "Good above thee," may indeed be understood, "Better than thee," and indeed some have thus translated it; but it is better taken thus, "Good above thee," as meaning that because He is good, therefore He must be above thee, according to that other prophetic saying, "Till I put all Thine enemies under Thy feet." 5 And among them is Israel, from whom, as His persecutor, Christ took away the kingdom; although the Israel in whom there was no guile may have been there too, a sort of grain, as it were, of that chaff. For certainly thence came the apostles, thence so many martyrs, of whom Stephen is the first, thence so many churches, which the Apostle Paul names, magnifying God in their conversion.
Of which thing I do not doubt what follows is to be understood, "And will divide Israel in twain," to wit, into Israel pertaining to the bond woman, and Israel pertaining to the free. For these two kinds were at first together, as Abraham still clave to the bond woman, until the barren, made fruitful by the grace of God, cried, "Cast out the bond woman and her son." 6 We know, indeed, that on account of the sin of Solomon, in the reign of his son Rehoboam, Israel was divided in two, and continued so, the separate parts having their own kings, until that whole nation was overthrown with a great destruction, and carried away by the Chaldeans. But what was this to Saul, when, if any such thing was threatened, it would be threatened against David himself, whose son Solomon was? Finally, the Hebrew nation is not now divided internally, but is dispersed through the earth indiscriminately, in the fellowship of the same error. But that division with which God threatened the kingdom and people in the person of Saul, who represented them, is shown to be eternal and unchangeable by this which is added, "And He will not be changed, neither will He repent: for He is not as a man, that He should repent; who threatens and does not persist,"--that is, a man threatens and does not persist, but not God, who does not repent like man. For when we read that He repents, a change of circumstance is meant, flowing from the divine immutable foreknowledge. Therefore, when God is said not to repent, it is to be understood that He does not change.
We see that this sentence concerning this division of the people of Israel, divinely uttered in these words, has been altogether irremediable and quite perpetual. For whoever have turned, or are turning, or shall turn thence to Christ, it has been according to the foreknowledge of God, not according to the one and the same nature of the human race. Certainly none of the Israelites, who, cleaving to Christ, have continued in Him, shall ever be among those Israelites who persist in being His enemies even to the end of this life, but shall for ever remain in the separation which is here foretold. For the Old Testament, from the Mount Sinai, which gendereth to bondage, 7 profiteth nothing, unless because it bears witness to the New Testament. Otherwise, however long Moses is read, the veil is put over their heart; but when any one shall turn thence to Christ, the veil shall be taken away. 8 For the very desire of those who turn is changed from the old to the new, so that each no longer desires to obtain carnal but spiritual felicity. Wherefore that great prophet Samuel himself, before he had anointed Saul, when he had cried to the Lord for Israel, and He had heard him, and when he had offered a whole burnt-offering, as the aliens were coming to battle against the people of God, and the Lord thundered above them and they were confused, and fell before Israel and were overcome; [then] he took one stone and set it up between the old and new Massephat [Mizpeh], and called its name Ebenezer, which means "the stone of the helper," and said, "Hitherto hath the Lord helped us." 9 Massephat is interpreted "desire." That stone of the helper is the mediation of the Saviour, by which we go from the old Massephat to the new,--that is, from the desire with which carnal happiness was expected in the carnal kingdom to the desire with which the truest spiritual happiness is expected in the kingdom of heaven; and since nothing is better than that, the Lord helpeth us hitherto.