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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
52. Was ist von der von mancher Seite vertretenen Ansicht zu halten, es werde nun nach den zehn Verfolgungen, die bereits stattgefunden haben, nur mehr eine einzige eintreten, und zwar die, die sich zur Zeit des Antichrists zutragen wird?
Demnach darf man nach meiner Ansicht nicht leichthin behaupten oder glauben, wie man da und dort angenommen hat oder noch annimmt, daß die Kirche nun bis zur Zeit des Antichrists keine weitere Verfolgung zu erleiden habe, als die sie schon erlitten hat, d. i. deren zehn, so daß die elfte und zugleich letzte Verfolgung vom Antichrist ausginge. Als die erste nämlich zählt man dabei die, die unter Nero stattfand, als die zweite die unter Domitian, als die dritte die unter Trajan, als die vierte die unter Antonin, als die fünfte die unter Severus, als die sechste die unter Maximin, als die siebente die unter Decius, als die achte die unter Valerian, als die neunte die unter Aurelian und als die zehnte die unter Diocletian und Maximian. Es seien nämlich, so glaubt man, die Plagen der Ägypter, weil ihrer zehn waren, ehe das Volk Gottes den Auszug antrat, auf die Verfolgungen der Kirche zu beziehen und auszudeuten; so würde dann die letzte Verfolgung, die des Antichrists, ähnlich erscheinen der elften Plage, bei der die Ägypter, als sie den Hebräern feindlich nachjagten, im Roten Meer den Untergang fanden, während das Volk Gottes trockenen Fußes hindurchging. Allein nach meiner Ansicht sind die erwähnten Begebenheiten in Ägypten keine prophetischen Sinnbilder der Verfolgungen der Kirche; so sorgsam und geistreich auch von den Vertretern dieser Meinung der Vergleich bis ins einzelne durchgeführt erscheint, so spricht hier doch nicht Band 28, S. 1138prophetischer Geist, sondern die Mutmaßung menschlichen Scharfsinns, und sie trifft ja mitunter das Richtige, mitunter aber geht sie auch in die Irre.
Was würden auch die Verteidiger der Zehnzahl von der Verfolgung sagen, in welcher der Herr selbst gekreuzigt worden ist? Bei welcher von den zehn würden sie sie einreihen? Wenn sie aber auch diese erste Verfolgung von vornherein nicht mitzählen wollen unter dem Vorwand, es seien nur die einzubeziehen, die den Leib betreffen, nicht auch die, durch welche man auf das Haupt selbst abzielte und es dem Tod überlieferte, was fangen sie doch mit der an, die sich nach Christi Himmelfahrt in Jerusalem zutrug, bei der der hl. Stephanus gesteinigt1, bei der Jakobus, der Bruder des Johannes, mit dem Schwerte getötet, bei der der Apostel Petrus als Todesopfer gefangen gesetzt und durch einen Engel befreit wurde2, bei der die Brüder vertrieben wurden aus Jerusalem und sich zerstreuten3, bei der Saulus, aus dem nachmals der Apostel Paulus wurde, die Kirche verwüstete4, bei der er dann auch selbst, nun ein Verkündiger des Glaubens, den er verfolgt hatte, dieselben Leiden zu erdulden hatte, wie er sie den Christen zugefügt hatte, ob er seine glühende Christuspredigt über Judäa hin oder bei anderen Völkern wo immer erschallen ließ? Warum also meinen sie bei Nero den Anfang machen zu sollen, da doch die Kirche Neros Zeiten überhaupt nur unter den heftigsten Verfolgungen heranwachsend erreichte, von denen alles zu erzählen viel zu weit führen würde? Wenn sie etwa nur die von Herrschern veranstalteten Verfolgungen zählen zu sollen glauben, gut, aber Herodes war doch auch ein König, und er veranstaltete ebenfalls eine sehr schwere Verfolgung nach der Auffahrt des Herrn. Sodann, wie kommen sie mit Julian zurecht, den sie nicht aufzählen unter den zehn Verfolgern? Oder hat er, der die Christen vom Lehrwesen und der höheren Bildung ausschloß, die Band 28, S. 1139Kirche nicht verfolgt? Unter ihm wurde Valentinian der Ältere, der übernächste Kaiser nach Julian, ein Bekenner Christi und aus dem Heer entfernt; nichts zu sagen von dem, was Julian bei Antiochien vorhatte und ausgeführt hätte, wenn ihm nicht die Unerschrockenheit und Freudigkeit eines einzigen, ebenso gläubigen als standhaften jungen Mannes Staunen und Schrecken eingeflößt hätte und die Befürchtung, er möchte sich bei den übrigen noch schlimmer bloßstellen; man hatte nämlich eine größere Zahl von Christen ergriffen und beabsichtigte sie zu foltern, und jener junge Mann wurde als der erste einen ganzen Tag hindurch gefoltert, sang aber mitten unter den Folterpeinen Psalmen. Und hat endlich nicht noch zu unseren Zeiten Kaiser Valens, der Bruder des obenerwähnten Valentinian, ein Arianer, die katholische Kirche im morgenländischen Reichsteil durch eine große Verfolgung heimgesucht? Man darf doch nicht übersehen, daß die überall in der Welt fruchttragende und wachsende Kirche bei manchen Völkern unter Verfolgung seitens der Könige stehen kann, auch wenn sie bei anderen nicht unter Verfolgung steht. Oder ist es nicht als Verfolgung zu rechnen, wenn ein Gothenkönig5 im Gothenlande die Christen mit ausgesuchter Grausamkeit verfolgte, als es dort nur katholische Christen gab?6Sehr viele von ihnen erlangten da die Krone des Martyriums, wie wir von einigen Brüdern vernommen haben, die damals dort als Knaben lebten und noch ganz frisch in Erinnerung hatten, Augenzeugen davon gewesen zu sein. Und was geschieht zurzeit in Persien? So hitzig war dort die Verfolgung der Christen [wenn sie sich überhaupt schon gelegt hat], daß manche Flüchtlinge von dort bis in römische Städte verschlagen wurden. Im Hinblick auf diese und ähnliche Tatsachen scheint es mir nicht richtig zu sein, die Zahl der Verfolgungen, durch die die Kirche gestählt werden muß, so bestimmt abzugrenzen. Andererseits freilich wäre es ebenso voreilig zu behaupten, daß noch weitere Verfolgungen von Königen Band 28, S. 1140veranstaltet würden, außer jener letzten, an der kein Christ zweifelt. Darum lasse ich dies dahingestellt und setze mich weder für noch gegen eine bejahende oder verneinende Entscheidung dieser Frage ein, sondern will nur warnen vor dreister Sicherheit in der Behauptung des einen wie des anderen.
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The City of God
Chapter 52.--Whether We Should Believe What Some Think, That, as the Ten Persecutions Which are Past Have Been Fulfilled, There Remains No Other Beyond the Eleventh, Which Must Happen in the Very Time of Antichrist.
I do not think, indeed, that what some have thought or may think is rashly said or believed, that until the time of Antichrist the Church of Christ is not to suffer any persecutions besides those she has already suffered,--that is, ten,--and that the eleventh and last shall be inflicted by Antichrist. They reckon as the first that made by Nero, the second by Domitian, the third by Trajan, the fourth by Antoninus, the fifth by Severus, the sixth by Maximin, the seventh by Decius, the eighth by Valerian, the ninth by Aurelian, the tenth by Diocletian and Maximian. For as there were ten plagues in Egypt before the people of God could begin to go out, they think this is to be referred to as showing that the last persecution by Antichrist must be like the eleventh plague, in which the Egyptians, while following the Hebrews with hostility, perished in the Red Sea when the people of God passed through on dry land. Yet I do not think persecutions were prophetically signified by what was done in Egypt, however nicely and ingeniously those who think so may seem to have compared the two in detail, not by the prophetic Spirit, but by the conjecture of the human mind, which sometimes hits the truth, and sometimes is deceived. But what can those who think this say of the persecution in which the Lord Himself was crucified? In which number will they put it? And if they think the reckoning is to be made exclusive of this one, as if those must be counted which pertain to the body, and not that in which the Head Himself was set upon and slain, what can they make of that one which, after Christ ascended into heaven, took place in Jerusalem, when the blessed Stephen was stoned; when James the brother of John was slaughtered with the sword; when the Apostle Peter was imprisoned to be killed, and was set free by the angel; when the brethren were driven away and scattered from Jerusalem; when Saul, who afterward became the Apostle Paul, wasted the Church; and when he himself, publishing the glad tidings of the faith he had persecuted, suffered such things as he had inflicted, either from the Jews or from other nations, where he most fervently preached Christ everywhere? Why, then, do they think fit to start with Nero, when the Church in her growth had reached the times of Nero amid the most cruel persecutions; about which it would be too long to say anything? But if they think that only the persecutions made by kings ought to be reckoned, it was king Herod who also made a most grievous one after the ascension of the Lord. And what account do they give of Julian, whom they do not number in the ten? Did not he persecute the Church, who forbade the Christians to teach or learn liberal letters? Under him the elder Valentinian, who was the third emperor after him, stood forth as a confessor of the Christian faith, and was dismissed from his command in the army. I shall say nothing of what he did at Antioch, except to mention his being struck with wonder at the freedom and cheerfulness of one most faithful and steadfast young man, who, when many were seized to be tortured, was tortured during a whole day, and sang under the instrument of torture, until the emperor feared lest he should succumb under the continued cruelties and put him to shame at last, which made him dread and fear that he would be yet more dishonorably put to the blush by the rest. Lastly, within our own recollection, did not Valens the Arian, brother of the foresaid Valentinian, waste the catholic Church by great persecution throughout the East? But how unreasonable it is not to consider that the Church, which bears fruit and grows through the whole world, may suffer persecution from kings in some nations even when she does not suffer it in others! Perhaps, however, it was not to be reckoned a persecution when the king of the Goths, in Gothia itself, persecuted the Christians with wonderful cruelty, when there were none but catholics there, of whom very many were crowned with martyrdom, as we have heard from certain brethren who had been there at that time as boys, and unhesitatingly called to mind that they had seen these things? And what took place in Persia of late? Was not persecution so hot against the Christians (if even yet it is allayed) that some of the fugitives from it came even to Roman towns? When I think of these and the like things, it does not seem to me that the number of persecutions with which the Church is to be tried can be definitely stated. But, on the other hand, it is no less rash to affirm that there will be some persecutions by kings besides that last one, about which no Christian is in doubt. Therefore we leave this undecided, supporting or refuting neither side of this question, but only restraining men from the audacious presumption of affirming either of them.