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Bibliothek der Kirchenväter
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Works Augustine of Hippo (354-430)

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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)

15. Die Freiheit ist das ursprünglich Natürliche; die Sklaverei hat ihre letzte Ursache in der Sünde, wie sich deutlich darin zeigt, daß ein Mensch mit bösem Willen, auch ohne der Sklave eines anderen zu sein, Sklave der eigenen Begierde ist.

Das schreibt die natürliche Ordnung vor, so hat Gott den Menschen erschaffen. Denn er hat gesagt1: „Er soll herrschen über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über alle kriechenden Tiere, die hinkriechen über der Erde.“ Vernunftbegabt, nach Gottes Ebenbild erschaffen, sollte der Mensch nur über die vernunftlosen Wesen herrschen, nicht über Menschen, sondern über das Tier. Darum war den ersten Gerechten nicht eine Stellung als Könige über Menschen, sondern eine Stellung als Hirten über Tiere angewiesen, damit auch dadurch Gott nahelege, was die Rangordnung der Geschöpfe erfordere, und was hingegen das Mißverdienst der Sünden erheische2. Denn mit Recht nimmt man an, daß die Sklaverei ein erst dem Sünder auferlegter Stand sei. Wir lesen denn auch nirgends in der Schrift von einem Sklaven, bis der gerechte Noe als Strafe für die Sünde dieses Wort über seinen Sohn aussprach3. Also hat eine Schuld diesen Namen veranlaßt, Band 28, S. 1189nicht die Natur. Im Lateinischen soll sich der Ursprung des Wortes servus davon ableiten, daß die, die man nach Kriegsrecht hätte töten können, von den Siegern, indem sie sie reservierten, zu servi gemacht wurden, so genannt von servari; und auch das hat seinen Grund in Sündenschuld. Denn auch wenn es sich um einen gerechten Krieg handelt, so wird eben auf Seiten der Gegenpartei für die Sünde gekämpft; und jeglicher Sieg, auch wenn er den Bösen zufällt, ist ein Gottesgericht zur Erniedrigung der Besiegten, um Sünden entweder zu bessern oder zu strafen. Zeuge dafür ist der Gottesmann Daniel, wenn er in der Gefangenschaft seine und seines Volkes Sünden vor Gott bekennt und in frommer Klage sie als Ursache jener Gefangenschaft bezeichnet4. Also hat die Sklaverei, die darin besteht, daß ein Mensch an einen anderen durch die soziale Stellung in Unterwürfigkeit gekettet wird, ihren letzten Grund in der Sünde; denn dazu kann es nur kommen durch einen Urteilsspruch Gottes, und bei Gott gibt es keine Ungerechtigkeit, und er weiß die verschiedenen Strafen je nach den Mißverdiensten der Schuldigen zuzuteilen. Allein, wie der oberste Herr sagt5, „jeder, der Sünde tut, ist ein Sklave der Sünde“; und so befinden sich viele Frommen in dienender Stellung bei ungerechten Herren, die aber deshalb, weil sie Herren sind, doch nicht frei sind; „denn wem einer unterliegt, dem ist er als Sklave verfallen“6, Und gewiß glücklicher lebt sich’s als Sklave eines Menschen denn als Sklave einer Begierde, da ja, um von anderen Begierden zu schweigen, gerade die Herrschsucht mit überaus grausamer Tyrannei im Menschenherzen wütet. Übrigens ist nach jener Friedensordnung, wonach ein Teil der Menschheit dem anderen untergeben ist, wie für die Dienenden Demut ein Vorteil, so für die Herrschenden Hochmut ein Nachteil. Niemand aber ist von Natur aus, so wie Gott ursprünglich den Menschen erschaffen hat, Sklave eines Menschen oder einer Sünde. Trotzdem jedoch die Sklaverei den Charakter einer Band 28, S. 1190Strafe trägt, ist doch auch sie ein ordnender Ausfluß des Gesetzes7, das die natürliche Ordnung zu wahren befiehlt und zu stören verbietet; denn wäre nicht gegen dieses Gesetz verstoßen worden, so gäbe es nichts durch die Strafe der Sklaverei zu büßen. Deshalb mahnt auch der Apostel8 die Sklaven, ihren Herren ergeben zu sein und ihnen von Herzen mit gutem Willen zu dienen, damit sie, wenn sie von ihren Herren die Freiheit nicht erlangen können, ihre Sklaverei in einem gewissen Sinne selbst zu einer freien machen dadurch, daß sie nicht in arglistiger Furcht, sondern in treuer Liebe dienen, bis die Bosheit vorübergeht9 und jegliche Herrschaft und menschliche Gewalt abgetan wird und Gott alles in allem ist10.


  1. Gen. 1, 26. ↩

  2. Die Einsetzung des ersten Königs in Israel wurde um der Sünden des Volkes willen von Gott angeordnet; vgl. 1 Kön. 8. ↩

  3. Gen. 9, 25. ↩

  4. Dan. 9, 5 ff. ↩

  5. Joh. 8, 34. ↩

  6. 2 Petr. 2, 19. ↩

  7. Ein ähnlicher Gedanke, wie oben XIX 13, 2. Absatz, wo es vom Teufel heißt: in ordinis tranquillitate non mansit, nec ideo tamen a potestate ordinatoris effugit — — — ordinatur in poena. Obige Stelle, in der Augustinus lediglich ganz allgemein sagt, daß auch die Sklaverei, obwohl der natürlichen Ordnung zuwiderlaufend, doch als Strafe für Verletzung der natürlichen Ordnung die Ordnung in gewissem Sinne wiederherstellt oder genauer einen neuen ordo pacis begründet, ist viel mißverstanden worden; für notwendig erklärt hier die Sklaverei der Kirchenvater so wenig, als er irgendwo die Sünde für notwendig erklärt hat. ↩

  8. Eph. 6, 5. ↩

  9. Ps 56, 2. ↩

  10. Vgl. 1 Kor. 15, 24 ; 28. ↩

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The City of God

Chapter 15.--Of the Liberty Proper to Man's Nature, and the Servitude Introduced by Sin,--A Servitude in Which the Man Whose Will is Wicked is the Slave of His Own Lust, Though He is Free So Far as Regards Other Men.

This is prescribed by the order of nature: it is thus that God has created man. For "let them," He says, "have dominion over the fish of the sea, and over the fowl of the air, and over every creeping thing which creepeth on the earth." 1 He did not intend that His rational creature, who was made in His image, should have dominion over anything but the irrational creation,--not man over man, but man over the beasts. And hence the righteous men in primitive times were made shepherds of cattle rather than kings of men, God intending thus to teach us what the relative position of the creatures is, and what the desert of sin; for it is with justice, we believe, that the condition of slavery is the result of sin. And this is why we do not find the word "slave" in any part of Scripture until righteous Noah branded the sin of his son with this name. It is a name, therefore, introduced by sin and not by nature. The origin of the Latin word for slave is supposed to be found in the circumstance that those who by the law of war were liable to be killed were sometimes preserved by their victors, and were hence called servants. 2 And these circumstances could never have arisen save through sin. For even when we wage a just war, our adversaries must be sinning; and every victory, even though gained by wicked men, is a result of the first judgment of God, who humbles the vanquished either for the sake of removing or of punishing their sins. Witness that man of God, Daniel, who, when he was in captivity, confessed to God his own sins and the sins of his people, and declares with pious grief that these were the cause of the captivity. 3 The prime cause, then, of slavery is sin, which brings man under the dominion of his fellow,--that which does not happen save by the judgment of God, with whom is no unrighteousness, and who knows how to award fit punishments to every variety of offence. But our Master in heaven says, "Every one who doeth sin is the servant of sin." 4 And thus there are many wicked masters who have religious men as their slaves, and who are yet themselves in bondage; "for of whom a man is overcome, of the same is he brought in bondage." 5 And beyond question it is a happier thing to be the slave of a man than of a lust; for even this very lust of ruling, to mention no others, lays waste men's hearts with the most ruthless dominion. Moreover, when men are subjected to one another in a peaceful order, the lowly position does as much good to the servant as the proud position does harm to the master. But by nature, as God first created us, no one is the slave either of man or of sin. This servitude is, however, penal, and is appointed by that law which enjoins the preservation of the natural order and forbids its disturbance; for if nothing had been done in violation of that law, there would have been nothing to restrain by penal servitude. And therefore the apostle admonishes slaves to be subject to their masters, and to serve them heartily and with good-will, so that, if they cannot be freed by their masters, they may themselves make their slavery in some sort free, by serving not in crafty fear, but in faithful love, until all unrighteousness pass away, and all principality and every human power be brought to nothing, and God be all in all.


  1. Gen. i. 26. ↩

  2. Servus, "a slave," from servare, "to preserve." ↩

  3. Dan. ix. ↩

  4. John viii. 34. ↩

  5. 2 Pet. ii. 19. ↩

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