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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
17. Der Friede zwischen der himmlischen Gemeinschaft und dem Erdenstaat und die Grenzen dieses Friedens1.
Jedoch eine Familie, deren Glieder nicht aus dem Band 28, S. 1192Glauben leben, sucht den irdischen Frieden aus den Gütern und Annehmlichkeiten dieses zeitlichen Lebens zu gewinnen; dagegen eine Familie, deren Glieder aus dem Glauben leben, stellt ihre Erwartung auf die ewigen Güter, die für die Zukunft verheißen sind, und gebraucht die irdischen und zeitlichen Dinge wie ein Fremdling, läßt sich nicht durch sie fesseln und von ihrem Streben nach Gott abziehen, sondern betrachtet sie nur als eine Stütze, um die Last des „vergänglichen Leibes, der die Seele beschwert“2, leichter zu ertragen und möglichst wenig zu vermehren. Darum ist der Gebrauch der zu diesem sterblichen Leben nötigen Dinge beiden Arten von Menschen und Familien gemeinsam; jedoch nach Zweck und Absicht des Gebrauchens unterscheiden sich beide Arten gewaltig. So strebt auch der Erdenstaat, der nicht aus dem Glauben lebt, nach dem Frieden auf Erden und setzt die Eintracht der Bürger in bezug auf Befehlen und Gehorchen darein, daß unter ihnen hinsichtlich der zum sterblichen Leben gehörigen Dinge eine gewisse Willensübereinstimmung der einzelnen stattfinde. Und der himmlische Staat oder vielmehr der Teil davon, der in diesem sterblichen Dasein pilgert und aus dem Glauben lebt, muß sich gleichfalls dieses Friedens bedienen, bis eben dieses sterbliche Dasein, für das ein solcher Friede nötig ist, sein Ende erreicht; und so leistet er unbedenklich, so lange er an der Seite des Erdenstaates sozusagen das Gefangenenleben seiner Pilgerschaft führt, wobei er allerdings bereits die Verheißung der Freiheit und als ein Unterpfand die Gabe des Geistes3 erhalten hat, den Gesetzen des Erdenstaates Folge, durch die das geregelt wird, was der Erhaltung des sterblichen Lebens förderlich ist. Es besteht sonach Eintracht zwischen beiden Staaten in den zum vergänglichen Leben gehörigen Dingen, weil dieses sterbliche Leben beiden gemeinsam ist. Nun hat aber der Erdenstaat unter den Seinigen Weise gehabt, wie sie die göttliche Lehre verwirft, Weise, die auf Mutmaßungen hin oder von Dämonen berückt4 glaubten, man müsse eine Band 28, S. 1193Vielheit von Göttern für die menschlichen Angelegenheiten günstig stimmen, und es seien deren verschiedenen Wirkungskreisen, um mich so auszudrücken, verschiedene Gegenstände unterstellt und zuständig5, dem einen der Leib, dem anderen der Geist, und vom Leib wiederum dem einen das Haupt, dem anderen der Nacken usw., jedem ein Teil; ebenso im Geiste dem einen der Verstand, dem anderen die Wissenschaft, wieder einem der Zorn, einem anderen die Begierlichkeit; weiterhin von den zum Leben in Beziehung stehenden Dingen dem einen das Vieh, einem anderen das Getreide, wieder je einem der Wein, das Öl, der Wald, das Geld, die Schiffahrt, Krieg und Sieg, Ehe, Geburt und Fruchtbarkeit und so alles übrige, jedem etwas. Der himmlische Staat dagegen kennt nur die Verehrung eines Gottes und hält in frommem Glauben daran fest, daß ihm allein der Dienst zu erweisen sei, der griechisch λατρεία [Anbetung] heißt und allein nur Gott gebührt. Daher konnte er die Religionsgesetze mit dem Erdenstaat nicht gemeinsam haben und mußte in dieser Hinsicht von ihm abweichen und von den anders Denkenden lästig empfunden werden und sich deren Zorn und Haß und Verfolgungsansturm aussetzen, nur daß er die Wut der Gegner zuweilen durch den Schrecken vor der großen Zahl der Seinigen und immer durch göttliche Hilfe dämpfte. Dieser himmlische Staat nun beruft während seiner irdischen Pilgerschaft aus allen Völkern seine Bürger und sammelt seine Pilgergesellschaft aus allen Sprachen, unbekümmert um den Unterschied in Lebensgewohnheiten, Gesetzen und Einrichtungen, wodurch der irdische Friede begründet oder aufrechterhalten wird. Ohne irgend etwas davon zu verneinen oder zu vernichten, schätzt und schützt er vielmehr die bei aller nationalen Verschiedenheit doch auf ein und dasselbe Ziel des irdischen Friedens berechneten Einrichtungen, wofern sie nur nicht der Religion hinderlich sind, nach deren Lehre ein höchster und wahrer Gott zu verehren ist. So bedient sich also auch der himmlische Staat während seiner irdischen Pilgerschaft des irdischen Friedens und Band 28, S. 1194erhält und erstrebt in den die sterbliche Natur der Menschen betreffenden Dingen die Willensübereinstimmung der Menschen, soweit das ohne Verletzung der Frömmigkeit und Religion möglich ist, und diesen irdischen Frieden setzt er in Beziehung zum himmlischen Frieden, der in Wahrheit in einem Sinne Friede ist, daß er allein als der Friede wenigstens für das vernunftbegabte Geschöpf gelten und bezeichnet werden muß, nämlich zu der vollkommen geordneten und einträchtigen Gemeinschaft des Gottgenießens und des wechselseitigen Genusses in Gott. Ist man dorthin eingegangen, so gibt es kein sterbliches Leben mehr, sondern ein allseits und unwandelbar lebendiges, keinen seelischen Leib, der in seiner Vergänglichkeit die Seele beschwert, sondern einen geistigen ohne jegliches Bedürfnis, vollkommen dem Willen unterworfen. Diesen Frieden hat er, so lang die Pilgerschaft dauert, im Glauben, und aus diesem Glauben führt er ein gerechtes Leben, indem er zur Erlangung jenes Friedens alles in Beziehung setzt, was er an guten Handlungen gegen Gott und den Nächsten unternimmt; denn das Leben einer bürgerlichen Gemeinschaft legt natürlich Wert auf die Beziehung zum Nebenmenschen.
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The City of God
Chapter 17.--What Produces Peace, and What Discord, Between the Heavenly and Earthly Cities.
But the families which do not live by faith seek their peace in the earthly advantages of this life; while the families which live by faith look for those eternal blessings which are promised, and use as pilgrims such advantages of time and of earth as do not fascinate and divert them from God, but rather aid them to endure with greater ease, and to keep down the number of those burdens of the corruptible body which weigh upon the soul. Thus the things necessary for this mortal life are used by both kinds of men and families alike, but each has its own peculiar and widely different aim in using them. The earthly city, which does not live by faith, seeks an earthly peace, and the end it proposes, in the well-ordered concord of civic obedience and rule, is the combination of men's wills to attain the things which are helpful to this life. The heavenly city, or rather the part of it which sojourns on earth and lives by faith, makes use of this peace only because it must, until this mortal condition which necessitates it shall pass away. Consequently, so long as it lives like a captive and a stranger in the earthly city, though it has already received the promise of redemption, and the gift of the Spirit as the earnest of it, it makes no scruple to obey the laws of the earthly city, whereby the things necessary for the maintenance of this mortal life are administered; and thus, as this life is common to both cities, so there is a harmony between them in regard to what belongs to it. But, as the earthly city has had some philosophers whose doctrine is condemned by the divine teaching, and who, being deceived either by their own conjectures or by demons, supposed that many gods must be invited to take an interest in human affairs, and assigned to each a separate function and a separate department,--to one the body, to another the soul; and in the body itself, to one the head, to another the neck, and each of the other members to one of the gods; and in like manner, in the soul, to one god the natural capacity was assigned, to another education, to another anger, to another lust; and so the various affairs of life were assigned,--cattle to one, corn to another, wine to another, oil to another, the woods to another, money to another, navigation to another, wars and victories to another, marriages to another, births and fecundity to another, and other things to other gods: and as the celestial city, on the other hand, knew that one God only was to be worshipped, and that to Him alone was due that service which the Greeks call latreia, and which can be given only to a god, it has come to pass that the two cities could not have common laws of religion, and that the heavenly city has been compelled in this matter to dissent, and to become obnoxious to those who think differently, and to stand the brunt of their anger and hatred and persecutions, except in so far as the minds of their enemies have been alarmed by the multitude of the Christians and quelled by the manifest protection of God accorded to them. This heavenly city, then, while it sojourns on earth, calls citizens out of all nations, and gathers together a society of pilgrims of all languages, not scrupling about diversities in the manners, laws, and institutions whereby earthly peace is secured and maintained, but recognizing that, however various these are, they all tend to one and the same end of earthly peace. It therefore is so far from rescinding and abolishing these diversities, that it even preserves and adopts them, so long only as no hindrance to the worship of the one supreme and true God is thus introduced. Even the heavenly city, therefore, while in its state of pilgrimage, avails itself of the peace of earth, and, so far as it can without injuring faith and godliness, desires and maintains a common agreement among men regarding the acquisition of the necessaries of life, and makes this earthly peace bear upon the peace of heaven; for this alone can be truly called and esteemed the peace of the reasonable creatures, consisting as it does in the perfectly ordered and harmonious enjoyment of God and of one another in God. When we shall have reached that peace, this mortal life shall give place to one that is eternal, and our body shall be no more this animal body which by its corruption weighs down the soul, but a spiritual body feeling no want, and in all its members subjected to the will. In its pilgrim state the heavenly city possesses this peace by faith; and by this faith it lives righteously when it refers to the attainment of that peace every good action towards God and man; for the life of the city is a social life.