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Bibliothek der Kirchenväter
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Works Augustine of Hippo (354-430) Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
4. Buch

21. Wenn man sich nicht zu der Erkenntnis aufschwang, daß es nur einen Gott gebe, so hätte man sich wenigstens an Virtus und Felicitas genügen lassen sollen.

Nicht die Wahrheit, sondern Wahnwitz schafft diese Göttinnen; derlei Güter sind ja nur Geschenke des wahren Gottes, nicht selbst Göttinnen. Indes wo Tugend und Glück wohnen, was will man da noch mehr? Wie kann man überhaupt jemand befriedigen, der sich an Tugend und Glück nicht genügen läßt? Denn die Tugend schließt alles in sich, was man zu tun hat, ebenso das Glück alles, was begehrenswert ist. Wenn man Jupiter um dieser Gaben willen deshalb verehrte, weil Größe und Bestand des Reiches, falls sie zu den Gütern gehören, eben auch einen Teil des Glückes ausmachen, warum hat man sich nicht zu der Erkenntnis aufgeschwungen, daß diese Güter Gaben Gottes sind, nicht Göttinnen? Hielt man sie aber für Göttinnen, so hätte man doch den übrigen Schwarm der Götter entbehren können. Man mag die Aufgaben sämtlicher Götter und Göttinnen, wie man sie nach willkürlicher Vermutung ersonnen hat, ins Auge fassen, man wird nichts ausfindig machen können, was irgend ein Gott einem Menschen zu gewähren hätte, der die Tugend und das Glück besitzt. Was hätte man sich Band 1, S. 214an Kenntnis von Mercurius oder Minerva noch zu erflehen, da schon die Tugend all das mit sich brächte? Denn eben als die Kunst, gut und recht zu leben, haben die Alten die Tugend definiert. Und sie nahmen deshalb an, daß das lateinische Wort ars von dem griechischen ἀρετὴ [Tugend]herkomme. Wenn jedoch die Tugend nur Begabten zuteil werden kann, wozu brauchte man den Gott „Vater Catius“, um die Menschen geweckt zu machen, da diese Gabe doch das Glück verleihen konnte? Denn wohlbegabt zur Welt zu kommen, ist eine Sache des Glücks, und wenn daher auch der Mensch im Mutterschoß die Göttin Felicitas nicht verehren kann, um sie für diese Gabe günstig zu stimmen, so würde sie doch den sie verehrenden Eltern die Gnade verleihen, begabte Kinder zu bekommen. Wozu brauchten die Mütter in der schweren Stunde Lucina anzurufen, da sie doch unter dem Beistand der Felicitas nicht nur eine gute Geburt hätten, sondern auch gute Kinder gebären würden? Wozu sollte man die Kinder bei der Geburt der Göttin Opis anempfehlen, wenn sie schreien, dem Gott Vaticanus, wenn sie in der Wiege liegen, der Göttin Cunina, wenn sie trinken, der Göttin Rumina, wenn sie auf ihren Füßen zu stehen beginnen, dem Gott Statilinus, wenn sie zulaufen der Göttin Adeona, wenn sie weglaufen, der Göttin Abeona; der Göttin Mens, damit sie eine gute Auffassungsgabe hätten, dem Gott Volumnus oder der Göttin Volumna, damit sie das Gute wollen; den Heiratsgöttern, damit sie sich gut verehlichten, den Flurgöttern und vorab der Göttin Fructesea, damit sie reichliche Früchte ernteten; dem Mars und der Bellona, damit sie im Kampfe ihren Mann stellten, der Göttin Victoria, damit sie siegreich seien; dem Gotte Honos, damit sie Ehren einheimsten, der Göttin Pecunia, damit sie reich an Geld seien, dem Gott Äsculanus und seinem Sohn Argentinus, damit sie stets Erz- und Silbergeld hätten? Man machte nämlich deshalb den Äsculanus zum Vater des Argentinus, weil die Erzmünze vorher in Gebrauch war und die Silbermünze erst später. Ich wundere mich nur, daß Argentinus nicht einen Aurinus zeugte, da später noch die Goldmünze dazu kam. Hätten sie diesen Gott gehabt, so Band 1, S. 215hatten sie ihn gewiß noch über seinen Vater Argentinus und seinen Großvater Äsculanus gestellt, so gut wie Jupiter über Saturnus. Was brauchte man also wegen solcher geistiger oder körperlicher oder äußerer Güter einen ganzen Schwarm von Göttern zu verehren und anzurufen (ich habe ja nicht alle erwähnt und sie selbst waren nicht imstande, für alle menschlichen Güter in ihrer Zerlegung nach einzelnen Phasen jeweils eigene Teil- oder Stückgötter vorzusehen), während auf viel kürzerem und leichterem Wege die einzige Göttin Felicitas alles verleihen konnte, so daß weder zur Erlangung von Gütern noch zur Fernhaltung von Übeln irgend ein anderer Gott erforderlich war? Warum auch sollte man bei Ermüdung die Göttin Fessona, zur Vertreibung der Feinde die Göttin Pellonia, bei Krankheiten als Arzt Apollo oder Äsculap oder beide, wenn die Gefahr groß ist, zu Hilfe rufen müssen? Man brauchte weder den Gott Spiniensis zu bitten, daß er die Dornen aus den Äckern ausreute, noch die Göttin Rubigo, daß sie ferne bleibe; wenn nur Felicitas da wäre und ihren Schutz gewährte, so würde jegliches Übel verhindert oder doch mit spielender Leichtigkeit verscheucht. Und schließlich, weil es zwei Göttinnen, Virtus und Felicitas, sind, von denen wir hier handeln: wenn das Glück der Lohn der Tugend ist, so ist es nicht eine Göttin, sondern ein Geschenk Gottes; wenn aber das Glück eine Göttin ist, warum soll man dieser Göttin nicht auch die Verleihung der Tugend zuschreiben, da doch die Erwerbung der Tugend ein großes Glück ist?

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