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Œuvres Augustin d'Hippone (354-430) Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
10. Buch

2. Die Ansicht des Platonikers Plotinus über die Erleuchtung durch Gott.

Doch darüber besteht zwischen uns und den bekannten Hauptphilosophen keine Meinungsverschiedenheit. Sie haben vielmehr erkannt und in ihren Schriften Band 16, S. 516vielfach sehr ausführlich niedergelegt, daß für jene Wesen die Quelle der Glückseligkeit die gleiche sei wie für uns, nämlich das Entgegentreten eines nur dem geistigen Schauen erkennbaren Lichtes, das nach den Platonikern Gott ist und etwas anderes als jene Wesen und von dem jene Wesen erleuchtet werden, so daß sie verklärt sind und durch die Teilnahme an ihm in der Vollkommenheit und Glückseligkeit verharren. Wiederholt und vielfach versichert Plotinus, indem er die Ansicht Platos darlegt, daß auch für die von den Platonikern angenommene Seele des Universums keine andere Quelle der Glückseligkeit bestehe als für unsere Seele, und diese Quelle sei ein Licht, das nicht die Weltseele selbst sei, sondern ein Licht, von dem sie erschaffen sei und durch dessen übersinnliche Erleuchtung erst sie in übersinnlicher Erkenntnis leuchte. Er führt auch ein Gleichnis an für diese unkörperlichen Beziehungen und nimmt es her von den sichtbaren, mächtigen Körpern am Himmelszelt; das Licht setzt er dabei gleich der Sonne und die Weltseele dem Mond. Der Mond erhält nämlich, wie man annimmt, sein Licht durch das Gegenüberstehen der Sonne. Also dieser große Platoniker sagt, die vernünftige Seele, oder mag sie vielleicht besser die intellektuelle Seele zu nennen sein — und von dieser Art denkt er sich auch die Seelen jener unsterblichen und glückseligen Wesen, die nach ihm die himmlischen Wohnsitze bevölkern —, habe kein anderes Wesen über sich als Gott, der die Welt gebildet hat und von dem auch sie selbst geschaffen worden ist; und diesen himmlischen Wesen werde das glückselige Leben und das Licht zur Erkenntnis der Wahrheit aus keiner andern Quelle zuteil wie uns; und darin stimmt er mit dem Evangelium überein, wo es heißt1: „Es war ein Mensch von Gott gesandt, der hieß Johannes. Dieser kam zum Zeugnis, damit er Zeugnis gebe von dem Licht, auf daß alle durch ihn glauben möchten. Er war nicht, das Licht, sondern er sollte Zeugnis geben von dem Licht. Dieses war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen“. Der Band 16, S. 517Unterschied, der hier gemacht wird, zeigt deutlich an, daß die vernünftige oder erkennende [intellektuelle]Seele, wie Johannes eine besaß, nicht sich selbst Leuchte sein könne, sondern durch Teilnahme an dem anderen, dem wahren Licht, leuchte. Das bekennt auch derselbe Johannes, da wo er, von ihm Zeugnis gebend, sagt2: „Von seiner Fülle haben wir alle empfangen“.


  1. Joh. 1, 6ff, ↩

  2. Joh. 1, 16. ↩

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