12. Vergleich zwischen der Glückseligkeit der Gerechten, die den von Gott verheißenen Lohn noch nicht in Händen haben, und der Glückseligkeit der ersten Menschen im Paradies vor dem Sündenfall.
Band 16, S. 605Wir sind sogar der Ansicht, daß innerhalb der mit Verstand und Vernunft begabten Schöpfung außer den Engeln noch andere Geschöpfe als glückselig zu bezeichnen sind. Wer möchte auch in Abrede stellen, daß die ersten Menschen im Paradies vor dem Sündenfall glückselig waren, wenn schon im Ungewissen darüber, wie lang ihre Glückseligkeit und ob sie ewig dauere (und das wäre ja wirklich der Fall gewesen, wenn sie nicht gesündigt hätten). Nennen wir doch jetzt noch ohne Übertreibung die glückselig, die wir gerecht und fromm, getragen von der Hoffnung auf künftige Unsterblichkeit, das zeitliche Leben hinbringen sehen, frei im Gewissen von drückender Schuld, für die Sünden aus irdischer Schwachheit die göttliche Erbarmnis leicht erlangend. Und doch sind sie nur darüber gewiß, daß ihre Beharrlichkeit belohnt werde, nicht aber darüber, ob sie die Beharrlichkeit besitzen. Weiß ja kein Mensch, ob er in der Betätigung der Gerechtigkeit und im Fortschritt darin bis ans Ende ausharren werde, wenn er darüber nicht vergewissert wird durch eine Offenbarung von dem, der niemand irreführt, aber über diesen Punkt nach einem gerechten und geheimen Ratschluß nicht alle unterrichtet. Fassen wir also den Genuß eines gegenwärtigen Gutes ins Auge, so war der erste Mensch im Paradies glückseliger als irgendein Gerechter hienieden im Banne der Schwachheit und Sterblichkeit; dagegen im Hinblick auf die Hoffnung eines künftigen Gutes ist im Vergleich zu jenem Menschen, der in der großen Seligkeit des Paradieses vor dem Falle nicht sicher war, glückseliger zu nennen jeder Sterbliche in was immer für körperlichen Peinen, dem es nicht vermutungsweise, sondern in untrüglicher Wahrheit klar ist, daß er ohne Ende die aller Beschwer ledige Gemeinschaft mit den Engeln in der Teilnahme an der höchsten Gottheit besitzen werde.