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Contra Faustum Manichaeum libri triginta tres
26.
Quapropter ne in quaeque laudanda vel vituperanda, accusanda vel defendenda, coercenda vel relaxanda, damnanda vel absolvenda, appetenda vel vitanda temere irruamus, in quibus omnibus peccata seu recte facta versantur, prius quid sit peccatum considerare debemus, tunc deinde inspicere facta sanctorum libris conscripta divinis, ut si qua et ipsorum peccata invenerimus, ob quam utilitatem sint etiam ipsa condita litteris memoriaeque mandata diligenti, quantum possumus, ratione videamus, quae autem reppererimus stultis seu malivolis videri peccata esse, quae non sunt, nec tamen in eis eminent aliqua exempla virtutum, p. 620,27 haec quoque intueamur, quam ob causam illis inserta sint litteris, quas ad utilitatem vitae praesentis regendae et futurae adipiscendae conditas salubriter credimus. Porro autem quaecumque in factis sanctorum elucent documenta iustitiae, nullus vel imperitorum dubitat debuisse conscribi. De illis ergo potest esse quaestio, quae vel inaniter scripta videri possunt, si nec recte facta apparent nec peccata sunt, vel etiam perniciose, si peccata esse convincuntur, ne valeant ad imitationem, sive in ipsis libris reprehensa non sint et ideo putari etiam possint non esse peccata, sive illic quoque reprehensa sint, sed sub facili spe veniae committantur, quia et in sanctis inventa sunt. p. 621,12
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Gegen Faustus
26.
Um daher nicht blindlings auf alles loszustürzen, was zu loben oder zu tadeln, anzuklagen oder zu rechtfertigen, zu züchtigen oder mit Nachsicht zu behandeln, zu verurteilen oder zu verzeihen, zu erstreben oder zu meiden ist, – was etwa das Feld umschreibt, in dem sich sündiges und moralisch korrektes Handeln bewegen –, müssen wir zuerst (Kp. 27-29) den Begriff Sünde definieren (1), und darauf die Handlungen der Heiligen, die in den göttlichen Schriften beschrieben sind, in Augenschein nehmen (2). Wenn wir dabei auch bei ihnen sündiges Handeln entdecken (a), wollen wir in möglichst sorgfältiger Analyse feststellen, zu welchem Nutzen dies trotzdem in die Schrift aufgenommen und damit der Nachwelt überliefert wurde; wenn wir dagegen anderes finden, was zwar nicht Sünde ist, aber Toren und Übelgesinnten als Sünde erscheint, was aber umgekehrt auch nicht als leuchtendes Vorbild für tugendhaftes Verhalten in die Augen sticht (b), wollen wir auch da genau betrachten, aus welchem Grund es in jene Schriften eingefügt wurde, die doch, wie es unser heilbringender Glaube ist, mit dem Ziel verfasst wurden, unser gegenwärtiges Leben zu lenken, und das zukünftige zu erringen. Was schliesslich jene Handlungen der Heiligen betrifft, die als Lehrstücke der Gerechtigkeit in die Augen fallen (c), da bezweifelt natürlich nicht einmal ein Unkundiger, dass sie aufgeschrieben werden mussten. So kann sich unsere Untersuchung auf jene Handlungen beschränken, deren Aufnahme in die Schrift entweder als überflüssig erscheinen könnte, wenn sie nämlich, ohne sündhaft zu sein, nicht klar genug als sittlich gut erkennbar sind (2b), oder gar als verderblich, wenn sie unbestreitbar sündhaft sind (2a). Verderblich wären sie dadurch, dass sie zur Nachahmung reizten, sei es, wenn sie in den Schriften selber nicht missbilligt werden, und deshalb für sittlich unbedenklich angesehen werden könnten, sei es, wenn sie auch dort Missbilligung erfahren, aber gerade deshalb in der bequemen Hoffnung auf Vergebung begangen werden, da sie ja auch bei den Heiligen angetroffen wurden.