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De Trinitate
VI.
[VI] Tanta est tamen cogitationis vis ut nec ipsa mens quodam modo se in conspectu suo ponat nisi quando se cogitat, ac per hoc ita nihil in conspectu mentis est nisi unde cogitatur ut nec ipsa mens qua cogitatur quidquid cogitatur aliter possit esse in conspectu suo nisi se ipsam cogitando. Quomodo autem quando se non cogitat in conspectu suo non sit cum sine se ipsa numquam esse possit quasi aliud sit ipsa, aliud conspectus eius, invenire non possum. Hoc quippe de oculo corporis non absurde dicitur. Ipse quippe oculus loco suo est fixus in corpore; aspectus autem eius in ea quae extra sunt tenditur et usque in sidera extenditur. Nec est oculus in conspectu suo quandoquidem non conspicit se ipsum nisi speculo obiecto unde iam locuti sumus. Quod non fit utique quando se mens in suo conspectu sui cogitatione constituit. Numquid ergo alia sua parte aliam suam partem videt cum se conspicit cogitando sicut aliis membris nostris qui sunt oculi alia nostra membra conspicimus quae in nostro possunt esse conspectu? Quid dici absurdius vel sentiri potest? Unde igitur aufertur mens nisi a se ipsa, et ubi ponitur in conspectu suo nisi ante se ipsam? Non ergo ibi erit ubi erat quando in conspectu suo non erat quia hic posita, inde sublata est. Sed si conspicienda migravit, conspectura ubi manebit? An quasi geminatur ut et illic sit et hic, id est et ubi conspicere et ubi conspici possit, ut in se sit conspiciens ante se conspicua? Nihil horum nobis veritas consulta respondet quoniam quando isto modo cogitamus non nisi corporum fictas imagines cogitamus, quod mentem non esse paucis certissimum est mentibus a quibus potest de hac re veritas consuli.
Proinde restat ut aliquid pertinens ad eius naturam sit conspectus eius, et in eam quando se cogitat non quasi per loci spatium sed incorporea conversione revocetur. Cum vero non se cogitat, non sit quidem in conspectu suo nec de illa suus formetur obtutus, sed tamen noverit se tamquam ipsa sibi sit memoria sui. Sicut multarum disciplinarum peritus ea quae novit eius memoria continentur, nec est inde aliquid in conspectu mentis eius nisi unde cogitat; cetera in arcana quadam notitia sunt recondita quae memoria nuncupatur. Ideo trinitatem sic commendabamus ut illud unde formatur cogitantis obtutus in memoria poneremus, ipsam vero conformationem tamquam imaginem quae inde imprimitur, at illud quo utrumque coniungitur amorem seu voluntatem. Mens igitur quando cogitatione se conspicit, intellegit se et recognoscit; gignit ergo hunc intellectum et cognitionem suam. Res quippe incorporea intellecta conspicitur et intellegendo cognoscitur. Nec ita sane gignit istam notitam suam mens quando cogitando intellectam se conspicit tamquam sibi ante incognita fuerit, sed ita sibi nota erat quemadmodum notae sunt res quae memoria continentur etiamsi non cogitentur (quoniam dicimus hominem nosse litteras etiam cum de aliis rebus, non de litteris cogitat). Haec autem duo, gignens et genitum, dilectione tertia copulantur quae nihil est aliud quam voluntas fruendum aliquid appetens vel tenens. Ideoque etiam illis tribus nominibus insinuandam mentis putavimus trinitatem, memoria, intellegentia, voluntate.
[9] Sed quoniam mentem semper sui meminisse semperque se ipsam intellegere et amare, quamvis non semper se cogitare discretam ab eis quae non sunt quod ipsa est, circa eiusdem libri decimi finem diximus, quaerendum est quonam modo ad cogitationem pertineat intellectus, notitia vero cuiusque rei quae inest menti etiam quando non de ipsa cogitatur ad solam dicatur memoriam pertinere. Si enim hoc ita est, non habebat haec tria ut et sui meminisset et se intellegeret et amaret, sed meminerat sui tantum, et postea cum cogitare se coepit tunc se intellexit atque dilexit.
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Fünfzehn Bücher über die Dreieinigkeit
6. Kapitel. Von der Dreiheit im menschlichen Geiste, der sich selbst im Denken erfaßt
So groß ist jedoch die Kraft des Denkens, daß sich auch der menschliche Geist selbst gewissermaßen nur dann in sein Blickfeld stellt, wenn er an sich denkt. Und so ist nichts im Blickfelde des Geistes, außer man denkt daran, so daß auch der Geist selbst, mit dem man denkt, was immer man denkt, nicht anders in seinem Blickfelde sein kann als dadurch, daß er sich denkt. Wieso er aber, wenn er sich nicht denkt, nicht in seinem Blickfelde ist — er kann doch ohne sich niemals sein —, gleich als wäre etwas anderes er selbst, etwas anderes sein Blick, können wir nicht ausfindig machen. Es ist nicht töricht, so etwas vom Leibesauge zu behaupten. Das Leibesauge ist ja im Leibe an seinen Platz gebunden, sein Blick aber langt nach dem, was draußen ist, und langt aus bis zu den Sternen. Nicht aber ist das AugeS. 218in seinem Blickfelde, da es sich ja nur sieht, wenn ihm ein Spiegel vorgehalten wird, worüber wir schon sprachen1 — dies geschieht sicherlich nicht, wenn sich der Geist durch den Gedanken an sich in sein Blickfeld stellt. Sieht also etwa der Geist mit einem Teil von sich einen anderen Teil von sich, wenn er sich im Denken erblickt, wie wir mit den einen unserer Glieder, den Augen, andere unserer Glieder erblicken, welche in unserem Blickfelde sein können? Was könnte Törichteres gesagt oder gemeint werden? Wovon soll sich dam der Geist abkehren, außer von sich selbst? Und wo tritt er in sein Blickfeld, außer vor sich selbst? Also wird er nicht mehr dort sein, wo er war, als er nicht in seinem Blickfelde stand, da er ja hier in seinem Blickfelde steht, von dort sich aber abkehrte? Wenn er aber, um in sein Blickfeld zu kommen, auf Wanderung ging, wo wird er, tun das Sehen zu vollziehen, sich niederlassen? Wird er etwa verdoppelt, so daß er hier und dort ist, das heißt dort, wo er erblickt, und da, wo er erblickt werden kann, so daß er hier in sich blickt, dort erblickbar vor sich steht? Keine solche Auskunft gibt die Wahrheit, die wir befragen. Denn auf diese Weise denken wir nur die eingebildeten Bilder der Körper; so aber ist der Geist nicht, wie es den wenigen Geistern ganz sicher ist, von denen man die Wahrheit hierüber erfragen kann. Demnach bleibt nur übrig: sein Blick ist etwas zu seiner Natur Gehöriges; der Geist wird zu ihr, wenn er sich denkt, nicht gleichsam durch eine örtliche Hinbewegung, sondern durch unkörperliche Hinwendung zurückgerufen; wenn er sich aber nicht denkt, dann ist er zwar nicht in seinem Blickfelde, und sein Auge wird nicht von seiner Natur geformt; aber doch erkennt er sich, da er gleichsam selbst das Gedächtnis an sich ist. Es ist wie mit den vielen Wissensgebieten, die einer kennt. Was er kennt, ist in seinem Gedächtnis enthalten. Hiervon steht etwas vor S. 219 dem Auge seines Geistes nur, wenn er daran denkt. Das übrige aber ist in einer Art geheimen Wissens verborgen, das Gedächtnis heißt. Demgemäß haben wir eine Dreiheit in dieser Weise aufgezeigt: Jene Wirklichkeit, von der das Auge des Denkenden geformt wird, verlegten wir in das Gedächtnis; die Formung selbst aber ist als das Bild zu verstehen, das sich von daher abprägt, und als drittes Glied muß man den Willen oder die Liebe verstehen, wodurch beide geeint werden. Wenn sich also der Geist durch den Gedanken erblickt, dann sieht er und erkennt er sich. Er zeugt also diese Einsicht und diese Erkenntnis. Ein unkörperlicher Gegenstand wird ja durch Einsicht geschaut und durch geistiges Schauen erkannt. Nicht so freilich zeugt der Geist diese seine Kenntnis, wenn er sich im Denken in geistigem Erkennen schaut, als wäre er sich vorher unbekannt gewesen. Er war sich vielmehr so bekannt, wie die Dinge, welche im Gedächtnis enthalten sind, bekannt sind, auch wenn man nicht daran denkt. Wir sagen ja, der Mensch kenne die schönen Wissenschaften, auch wenn er an andere Dinge, nicht an die schönen Wissenschaften denkt. Diese beiden aber, das Zeugende und das Erzeugte, werden durch die Liebe als drittes geeint — diese ist nichts anderes als der Wille, der etwas zum Genüsse erstrebt oder festhält. Deshalb glaubten wir, auch durch die Bezeichnungen Gedächtnis, Einsicht und Wille auf die Dreiheit des Geistes hinweisen zu sollen.
9. Daß aber der Geist sich seiner immer erinnert, sich immer einsieht und liebt, wenngleich er sich nicht immer von dem, was er nicht ist, gesondert denkt, haben wir gegen Ende eben des zehnten Buches gesagt. So muß man jetzt fragen, wieso die Einsicht zum Denken gehört, die Kenntnis einer Sache hingegen, die der Geist besitzt, auch wenn er nicht an die Sache denkt, bloß zum Gedächtnis gerechnet wird. Wenn dem nämlich so ist, dann hatte der Geist diese drei nicht immer, daß er sich nämlich seiner erinnerte, sich einsah und sich S. 220 liebte, sondern er erinnerte sich bloß seiner, und erst hernach, als er anfing, sich zu denken, sah er sich ein und liebte er sich.
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Lib. X c. 5. ↩