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Fünfzehn Bücher über die Dreieinigkeit
1. Kapitel. Verhältnis von Glaube und Wissen; Gründe für die irrigen Anschauungen über Gott.
S. 1 1. Wer diese meine Abhandlung über die Dreieinigkeit lesen will, soll zuerst wissen, daß meine Feder wachsam sich gegen die Verdrehungskünste jener wendet, welche es verschmähen, vom Glauben auszugehen, und so durch ihr vorwitziges und verkehrtes Verlangen nach Verstehen in Irrtum fallen. Einige von ihnen versuchen das, was sie von den stofflichen Dingen, sei es durch die Erfahrung der Leibessinne wissen, sei es durch die natürliche Kraft der menschlichen Begabung und durch lebendigen Fleiß oder durch die Hilfe der Kunst sich angeeignet haben, auf die unstofflichen und geistigen Dinge zu übertragen, so daß sie nach den ersteren die letzteren messen und deuten wollen. Es gibt auch andere, welche sich ihre Meinung über Gott gemäß der Natur der menschlichen Seele und ihren Neigungen bilden, wenn sie sich überhaupt eine Meinung bilden. Aus diesem Irrtum heraus verleiben sie ihrer Rede, wenn sie von Gott sprechen, abwegige und falsche Regeln ein. Wiederum S. 2 gibt es eine andere Art von Menschen, solche, die zwar über die ganze Schöpfung, die in der Tat wandelbar ist, hinauszugehen suchen, um den Blick zu der unwandelbaren Substanz, die Gott ist, zu erheben; aber durch der Sterblichkeit Last niedergedrückt — da sie sowohl, was sie nicht wissen, zu wissen scheinen wollen, wie auch, was sie wollen, nicht wissen können —, behaupten sie allzu kühn ihre vorgefaßten Meinungen und verschließen sich so die Zugänge zur Einsicht, mehr darauf bedacht, ihre verkehrte Ansicht nicht zu verbessern, als die von ihnen verteidigte Lehre aufzugeben. Das ist ja doch die Krankheit aller drei Menschenarten, die ich vorgeführt habe: derjenigen, welche von Gott wie von einem Körper denken; derjenigen, welche von ihm wie von einem geistigen Geschöpfe denken, wie es die Seele ist; derjenigen endlich, welche von Gott weder wie von einem Körper noch wie von einem geistigen Geschöpfe denken und doch Falsches von ihm glauben, von der Wahrheit um so weiter entfernt, als das, was sie meinen, weder im körperlichen noch im gewordenen und geschaffenen geistigen Sein noch im Schöpfer selbst sich findet. Wenn jemand zum Beispiel Gott für weiß oder rot hält, täuscht er sich, aber diese Bestimmungen finden sich immerhin im körperlichen Sein. Wenn ferner jemand von Gott glaubt, jetzt vergesse er, jetzt erinnere er sich, oder etwas dergleichen, so ist er gleicherweise im Irrtum befangen. Aber diese Vorgänge begeben sich doch wenigstens in der Seele. Wenn jedoch jemand glaubt, die Macht Gottes sei derart, daß er sich selbst gezeugt habe, so irrt er um so mehr, als nicht nur Gott nicht derart ist, sondern auch das geistige oder körperliche Geschöpf nicht. Es gibt ja überhaupt keinerlei Wirklichkeit, die sich selbst erzeugen würde, so daß sie hierdurch Dasein besäße.
2. Damit also der menschliche Geist von derartigen Irrtümern gereinigt werde, hat die Heilige Schrift, den S. 3 Kleinen sich anpassend, die Ausdrücke für keine Art von Dingen verschmäht, damit von ihnen aus unsere Vernunft, wie von Nahrung gestärkt, gleichsam in Stufen zur göttlichen und erhabenen Wirklichkeit aufsteige. Einmal gebraucht sie nämlich, wenn sie von Gott spricht, Worte, welche aus dem Bereich der stofflichen Dinge stammen, so wenn sie sagt: „Im Schatten deiner Fittiche beschütze mich“1 Ebenso hat sie von der geistigen Schöpfung viele Worte übernommen, um damit Sachverhalte zu bezeichnen, die nicht wirklich so sind, die aber so ausgedrückt werden müssen, so an der Stelle: „Ich bin ein eifernder Gott“2, und an der anderen: „Es reut mich, den Menschen geschaffen zu haben.“3 Von den Dingen jedoch, die gar kein Sein haben, hat sie keinerlei Worte genommen, um mit ihnen bildliche Redeweisen oder rätselhafte und verwickelte Ausdrücke zu formen. Daher führen ein gefährlicheres und nichtigeres Schattendasein diejenigen, welche sich durch die dritte Art von Irrweg von der Wahrheit abschließen, indem sie von Gott vermuten, was sich weder in ihm noch in irgendeinem Geschöpf finden läßt. Aus den Dingen nämlich, die sich in der Schöpfung finden, pflegt die Heilige Schrift gleichsam Lockungen für Kinder zu bilden, damit durch sie die Herzen der Schwachen nach ihrem bescheidenen Maße gewissermaßen schrittweise zur Suche nach dem Höheren und zum Verlassen des Niederen hinbewegt würden. Was aber im eigentlichen Sinne von Gott ausgesagt wird und sich in keinem Geschöpfe findet, das behauptet die Heilige Schrift selten; sie tut es zum Beispiel in dem Worte, das an Moses gerichtet wurde: „Ich bin, der ich bin“, oder in dem anderen: „Der da ist, hat mich zu euch gesandt.“4 Da nämlich das Sein in irgendeinem Sinne auch vom Körper und vom Geiste ausgesagt wird, so würde sie sicher nicht so reden, wenn sie das Wort nicht in einem Gott S. 4 eigentümlichen Sinne verstanden wissen wollte. Auch mit dem Apostelwort: „der allein Unsterblichkeit besitzt“,5 ist es so. Da nämlich auch die Seele in gewisser Weise unsterblich genannt wird und ist, so würde er nicht sagen „allein besitzt“, wenn er nicht damit den Gedanken verbände, daß wahre Unsterblichkeit Unwandelbarkeit ist, welche kein Geschöpf haben kann, weil sie allein des Schöpfers ist. So spricht auch Jakobus: „Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk ist von oben, herabsteigend vom Vater der Lichter, bei dem keine Veränderung und kein Schatten einer Bewegung ist“6 Das gleiche sagt David: „Du wandelst sie, und sie werden gewandelt, du aber bist immer derselbe“.7
3. Daß also die Substanz Gottes ohne irgendeine Wandlung ihrer selbst Wandelbares wirkt und ohne irgendwelche zeithafte Bewegung Zeithaftes schafft, das einzusehen und voll zu erkennen ist schwer, und deshalb bedarf es einer Reinigung unseres Geistes, damit jenes Unaussprechliche unaussprechlich geschaut werden könne; mit ihr noch nicht begabt, werden wir durch den Glauben genährt und auf gangbarere Wege geführt, auf daß wir geeignet und befähigt werden, jene Wirklichkeit zu fassen. Daher sagt der Apostel zwar, daß in Christus alle Schätze der Weisheit und Wissenschaft verborgen sind;8 weil wir jedoch, wenn auch schon durch seine Gnade wiedergeboren, doch noch fleischlich und irdisch sind, gleichsam kleine Kinder in Christus, verkündet er ihn uns nicht nach seiner göttlichen Kraft, in welcher er dem Vater gleich ist, sondern nach seiner menschlichen Schwäche, in der er gekreuzigt wurde. Er sagt nämlich: „Denn ich glaubte kein anderes Wissen mehr unter euch zeigen zu sollen als das von Jesus Christus, und zwar dem Gekreuzigten.“ Dann fährt er fort: „Ich trat mit dem Gefühl der Schwäche und Furcht S. 5 und großem Zagen bei euch auf.“9 Gleich darauf sagt er seinen Lesern: „Meine Brüder, ich konnte zu euch nicht wie zu Geistesmenschen reden, sondern wie zu Fleischlichen. Wie unmündigen Christen gab ich euch Milch zu trinken, nicht feste Speise. Denn die vermochtet ihr noch nicht zu tragen. Ja ihr vermögt es auch jetzt noch nicht.“10 Manche geraten in Zorn, wenn man ihnen so etwas sagt, und glauben, man wolle Spott mit ihnen treiben; und vielfach wollen sie lieber glauben, daß eher diejenigen, von denen sie solche Worte hören, nichts zu sagen wissen, als daß sie selber das Gesagte nicht zu fassen vermögen. Bisweilen freilich führen wir ihnen Verstandeserwägungen an, nicht wie sie sie fordern, wenn sie über Gott (etwas zu erfahren) suchen — denn weder vermöchten sie selber solche zu erfassen, noch vielleicht vermöchten wir sie zu entdecken oder zu formulieren —, sondern solche, durch die ihnen bewiesen wird, wie ungeschickt und völlig unfähig sie sind, zu erfassen, was sie fordern. Aber weil sie nicht hören, was sie wünschen, glauben sie, wir handelten listig, um unsere Unwissenheit zu verbergen, oder böswillig, indem wir ihnen das Wissen vorenthalten wollten, und so gehen sie unwillig und verärgert von dannen.
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The Fifteen Books of Aurelius Augustinus, Bishop of Hippo, on the Trinity
Chapter 1.--This Work is Written Against Those Who Sophistically Assail the Faith of the Trinity, Through Misuse of Reason. They Who Dispute Concerning God Err from a Threefold Cause. Holy Scripture, Removing What is False, Leads Us on by Degrees to Things Divine. What True Immortality is. We are Nourished by Faith, that We May Be Enabled to Apprehend Things Divine.
1. The following dissertation concerning the Trinity, as the reader ought to be informed, has been written in order to guard against the sophistries of those who disdain to begin with faith, and are deceived by a crude and perverse love of reason. Now one class of such men endeavor to transfer to things incorporeal and spiritual the ideas they have formed, whether through experience of the bodily senses, or by natural human wit and diligent quickness, or by the aid of art, from things corporeal; so as to seek to measure and conceive of the former by the latter. Others, again, frame whatever sentiments they may have concerning God according to the nature or affections of the human mind; and through this error they govern their discourse, in disputing concerning God, by distorted and fallacious rules. While yet a third class strive indeed to transcend the whole creation, which doubtless is changeable, in order to raise their thought to the unchangeable substance, which is God; but being weighed down by the burden of mortality, whilst they both would seem to know what they do not, and cannot know what they would, preclude themselves from entering the very path of understanding, by an over-bold affirmation of their own presumptuous judgments; choosing rather not to correct their own opinion when it is perverse, than to change that which they have once defended. And, indeed, this is the common disease of all the three classes which I have mentioned,--viz., both of those who frame their thoughts of God according to things corporeal, and of those who do so according to the spiritual creature, such as is the soul; and of those who neither regard the body nor the spiritual creature, and yet think falsely about God; and are indeed so much the further from the truth, that nothing can be found answering to their conceptions, either in the body, or in the made or created spirit, or in the Creator Himself. For he who thinks, for instance, that God is white or red, is in error; and yet these things are found in the body. Again, he who thinks of God as now forgetting and now remembering, or anything of the same kind, is none the less in error; and yet these things are found in the mind. But he who thinks that God is of such power as to have generated Himself, is so much the more in error, because not only does God not so exist, but neither does the spiritual nor the bodily creature; for there is nothing whatever that generates its own existence. 1
2. In order, therefore, that the human mind might be purged from falsities of this kind, Holy Scripture, which suits itself to babes has not avoided words drawn from any class of things really existing, through which, as by nourishment, our understanding might rise gradually to things divine and transcendent. For, in speaking of God, it has both used words taken from things corporeal, as when it says, "Hide me under the shadow of Thy wings;" 2 and it has borrowed many things from the spiritual creature, whereby to signify that which indeed is not so, but must needs so be said: as, for instance, "I the Lord thy God am a jealous God;" 3 and, "It repenteth me that I have made man." 4 But it has drawn no words whatever, whereby to frame either figures of speech or enigmatic sayings, from things which do not exist at all. And hence it is that they who are shut out from the truth by that third kind of error are more mischievously and emptily vain than their fellows; in that they surmise respecting God, what can neither be found in Himself nor in any creature. For divine Scripture is wont to frame, as it were, allurements for children from the things which are found in the creature; whereby, according to their measure, and as it were by steps, the affections of the weak may be moved to seek those things that are above, and to leave those things that are below. But the same Scripture rarely employs those things which are spoken properly of God, and are not found in any creature; as, for instance, that which was said to Moses, "I am that I am;" and, "I Am hath sent me to you." 5 For since both body and soul also are said in some sense to be, Holy Scripture certainly would not so express itself unless it meant to be understood in some special sense of the term. So, too, that which the Apostle says, "Who only hath immortality." 6 Since the soul also both is said to be, and is, in a certain manner immortal, Scripture would not say "only hath," unless because true immortality is unchangeableness; which no creature can possess, since it belongs to the creator alone. 7 So also James says, "Every good gift and every perfect gift is from above, and cometh down from the Father of Lights, with whom is no variableness, neither shadow of turning." 8 So also David, "Thou shall change them, and they shall be changed; but Thou art the same." 9
3. Further, it is difficult to contemplate and fully know the substance of God; who fashions things changeable, yet without any change in Himself, and creates things temporal, yet without any temporal movement in Himself. And it is necessary, therefore, to purge our minds, in order to be able to see ineffably that which is ineffable; whereto not having yet attained, we are to be nourished by faith, and led by such ways as are more suited to our capacity, that we may be rendered apt and able to comprehend it. And hence the Apostle says, that "in Christ indeed are hid all the treasures of wisdom and knowledge;" 10 and yet has commended Him to us, as to babes in Christ, who, although already born again by His grace, yet are still carnal and psychical, not by that divine virtue wherein He is equal to the Father, but by that human infirmity whereby He was crucified. For he says, "I determined not to know anything among you, save Jesus Christ and Him crucified;" 11 and then he continues, "And I was with you in weakness, and in fear, and in much trembling." And a little after he says to them, "And I, brethren, could not speak unto you as unto spiritual, but as unto carnal, 12 even as unto babes in Christ. I have fed you with milk, and not with meat: for hitherto ye were not able to bear it, neither yet now are ye able." 13 There are some who are angry at language of this kind, and think it is used in slight to themselves, and for the most part prefer rather to believe that they who so speak to them have nothing to say, than that they themselves cannot understand what they have said. And sometimes, indeed, we do allege to them, not certainly that account of the case which they seek in their inquiries about God,--because neither can they themselves receive it, nor can we perhaps either apprehend or express it,--but such an account of it as to demonstrate to them how incapable and utterly unfit they are to understand that which they require of us. But they, on their parts, because they do not hear what they desire, think that we are either playing them false in order to conceal our own ignorance, or speaking in malice because we grudge them knowledge; and so go away indignant and perturbed.
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[Augustin here puts generare for creare--which is rarely the case with him, since the distinction between generation and creation is of the highest importance in discussing the doctrine of the Trinity. His thought here is, that God does not bring himself into being, because he always is. Some have defined God as the Self-caused: causa sui. But the category of cause and effect is inapplicable to the Infinite Being.--W.G.T.S.] ↩
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Ps. xvii. 8 ↩
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Ex. xx. 5 ↩
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Gen. vi. 7 ↩
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Ex. iii. 14 ↩
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1 Tim. vi. 16 ↩
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[God's being is necessary; that of the creature is contingent. Hence the name I Am, or Jehovah,--which denotes this difference. God alone has immortality a parte ante, as well as a parte post.--W.G.T.S.] ↩
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Jas. i. 17 ↩
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Ps. cii. 26, 27 ↩
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Col. ii. 3 ↩
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1 Cor. ii. 2, 3 ↩
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[St. Paul, in this place, denominates imperfect but true believers "carnal," in a relative sense, only. They are comparatively carnal, when contrasted with the law of God, which is absolutely and perfectly spiritual. (Rom. vii. 14.) They do not, however, belong to the class of carnal or natural men, in distinction from spiritual. The persons whom the Apostle here denominates "carnal," are "babes in Christ."--W.G.T.S.] ↩
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1 Cor. iii. 1, 2 ↩