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Fünfzehn Bücher über die Dreieinigkeit
Vorbemerkung. Grund für die Abfassung eines Werkes über die Dreieinigkeit. Zusammenfassung des im zweiten Buche Gesagten.
S. 101 1. Man mag mir ruhig glauben, daß ich mich lieber der Lektüre anderer Werke als der Niederschrift eigener widme. Wer mir das nicht glauben will, aber die Fähigkeit und den Willen hat, es auf die Probe ankommen zu lassen, mag ein Werk erscheinen lassen, das dem Leser meine Untersuchungen ersetzt und auf die Fragen anderer Antwort gibt, unter denen ich, da ich meine Persönlichkeit in den Dienst Christi gestellt habe und da mich das Verlangen verzehrt, unseren Glauben gegen den Irrtum fleischlich und irdisch gesinnter Menschen verteidigt zu sehen, leiden muß, und sie werden sehen, wie leicht es mir fällt, diese Arbeit fahren zu lassen, und wie froh ich bin, wenn ich meine Feder feiern lassen kann. Nun aber sind die Werke, die wir S. 102 in lateinischer Sprache über unseren Gegenstand gelesen haben, entweder nicht genügend oder nicht zugänglich oder jedenfalls für uns schwer zugänglich. Im Griechischen aber besitzen wir keine solchen Kenntnisse, daß wir Bücher mit derartigem Inhalt zu lesen und zu verstehen uns irgendwie in der Lage sähen. Auf Grund der wenigen Texte, die uns aus der griechischen Literatur übersetzt wurden, zweifle ich freilich nicht, daß sie alles Wissenswerte enthält. Ich vermag jedoch den Brüdern nicht zu widerstehen, die mit dem Rechte, das mich zu ihrem Diener machte, von mir fordern, daß ich meine rednerische und schriftstellerische Fähigkeit, dieses Zweigespann, das die Liebe in mir antreibt, ganz und gar in den Dienst ihres lobenswerten Eifers für Christus stelle. Zudem muß ich bekennen, daß ich auch selber vieles, was ich nicht wußte, im Schreiben gelernt habe. Daher darf meine Arbeit keinem bequemen und auch keinem sehr gelehrten Herrn überflüssig vorkommen, da sie für viele suchende und ungelehrte Leute — ich selber gehöre zu ihnen — keine geringe Notwendigkeit darstellt. Dank der vielfachen Hilfe und Förderung also, die uns die Lektüre anderer Werke über unseren Gegenstand brachte, konnte ich, was sich nach meiner Meinung über die Dreieinigkeit, den einen höchsten und gütigsten Gott, fragen und sagen läßt, auf seine eigene Anregung hin zu fragen und mit seinem Beistand zu sagen in Angriff nehmen. So mögen, wenn bisher noch keine derartigen Werke existieren, in Zukunft solche vorhanden sein und denen, die Interesse und Fähigkeit für ihre Lektüre haben, zur Verfügung stehen. Gab es jedoch solche Werke schon bisher, dann möge die größere Anzahl den Zugang zu einem solchen Werke erleichtern.
2. Wenn ich mir fürwahr für alle meine Schriften nicht nur einen frommen Leser, sondern auch einen freimütigen Kritiker wünsche, dann am meisten für jene Werke, bei denen die Größe der Frage den Wunsch nahelegt, S. 103 daß sie so viele Entdecker der Wahrheit habe, wie sie Bekämpfer hat. Wie ich indes nicht wünsche, daß mein Leser mir ergeben ist, so möchte ich nicht, daß der Kritiker sich selbst ergeben ist. Jener soll mich nicht mehr lieben als den katholischen Glauben, dieser sich nicht mehr als die katholische Wahrheit. Wie ich zu jenem sage: Verlaß dich auf meine Schriften nicht, wie wenn sie kanonisch wären; wenn du vielmehr in den letzteren etwas findest, was du bisher nicht glaubtest, dann nimm es ohne Zaudern gläubig an; wenn du in den meinigen etwas findest, was dir nicht gewiß zu sein scheint, dann nimm es als sichere Wahrheit erst an, wenn dir seine Gewißheit einleuchtet, so sage ich zu dem anderen: Kritisiere meine Schriften nicht nach dem Maße deiner Vorurteile und Rechthabereien, sondern nach dem Maße der göttlichen Schrift und der unbeugsamen Vernunft! Findest du eine Wahrheit darinnen, dann ist sie durch ihr bloßes Dasein noch nicht mein Besitz, aber durch Einsicht und liebendes Ja zu ihr werde sie mein und dein Besitz. Findest du einen Irrtum darinnen, dann war das Irren mein Werk; indem wir uns aber davor hüten, sei er hinfort weder dein noch mein.
3. Nach diesen Vorbemerkungen soll nun das dritte Buch dort anfangen, wo das zweite abgebrochen wurde. Wir waren daran, nachzuweisen, daß nicht deshalb der Sohn geringer ist als der Vater, weil letzterer sandte, ersterer gesandt wurde, und daß der Heilige Geist nicht deshalb geringer ist als die beiden anderen, weil er nach dem Berichte des Evangeliums von dem einen und dem anderen gesandt wurde. Wir haben die Frage in Angriff genommen, ob der Sohn, da er dorthin gesandt wurde, wo er schon war, weil er in diese Welt kam und in dieser Welt war,1 deshalb gesandt heißt, weil er aus dem Reiche des Unsichtbaren heraus im Fleische geboren wurde und aus dem Schoße des Vaters gleichsam herausschritt und vor die Augen der Menschen in S. 104 Knechtsgestalt hintrat, und ob der Heilige Geist, da er ebenfalls dorthin gesandt wurde, wo er schon war — „der Geist des Herrn erfüllt ja den Erdkreis, und der das All Umfassende hat Kenntnis von jedem Wort“2 —, gesandt heißt, weil auch er in körperlicher Gestalt gleich wie eine Taube sichtbar wurde3 und in Zungen wie von Feuer, die sich teilten.4 Gesandt werden würde dann für sie bedeuten, daß sie aus dem geheimnisvollen, geistigen Reiche heraus vor das Auge der Sterblichen in körperlicher Gestalt hintraten, so daß es vom Vater, der das nicht tat, zwar heißt, er habe gesandt, aber nicht, daß er gesandt wurde. Dann stellten wir die Frage, warum nicht auch der Vater manchmal gesandt genannt wird, wenn seine Gegenwart durch die körperlichen Gebilde, die den Augen der Alten erschienen, kundgetan wurde. Ferner warum der Sohn, wenn seine Gegenwart damals kundgetan werden sollte, so lange nachher gesandt heißt, als nämlich die Fülle der Zeit kam und er aus dem Weibe geboren wurde,5 wo er doch auch vorher schon gesandt wurde, eben als er in jenen körperlichen Gestalten sichtbar erschien. Oder warum, wenn man das Wort mit Recht erst gesandt heißen konnte, als es Fleisch wurde,6 warum dann der Heilige Geist gesandt heißt, da bei ihm keine Menschwerdung erfolgte, warum ferner, wenn durch jene alten Gotteserscheinungen weder der Vater noch der Sohn, sondern der Heilige Geist geoffenbart wurde, warum dann auch er erst jetzt gesandt heißt, wo er doch schon vorher durch jene Vorgänge gesandt wurde. Dann gliederten wir, um unseren Gegenstand möglichst eingehend zu behandeln, die Frage in drei Teile. Der erste wurde im zweiten Buche behandelt. Die Erörterung der beiden anderen noch verbleibenden Teile soll im folgenden in Angriff genommen werden. Die Untersuchung und Erörterung hat ja schon zu dem Ergebnis geführt, daß S. 105 in jenen alten körperlichen Gestalten und sinnfälligen Erscheinungen nicht nur der Vater, nicht nur der Sohn, nicht nur der Heilige Geist, sondern entweder Gott der Herr, unter dem wir die Dreieinigkeit selbst verstehen ohne persönlichen Unterschied, oder eine Person der Dreieinigkeit erschien, die durch die aus der Schilderung der näheren Umstände sich ergebenden Anzeichen bestimmt werden muß.
Edition
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De Trinitate
Prologus
[1] Credant qui volunt malle me legendo quam legenda dictando laborare. Qui autem hoc nolunt credere, experiri vero et possunt et volunt, dent quae legendo vel meis inquisitionibus respondeatur vel interrogationibus aliorum quas pro mea persona quam in servitio Christi gero et pro studio quo fidem nostram adversus errorem carnalium et animalium hominum muniri inardesco necesse est me pati, et videant quam facile ab isto labore me temperem et quanto etiam gaudio stilum possim habere feriatum. Quod si ea quae legamus de his rebus sufficienter edita in Latino sermone aut non sunt aut non inveniuntur aut certe difficile a nobis inveniri queunt, Graecae autem linguae non sit nobis tantus habitus ut talium rerum libris legendis et intellegendis ullo modo reperiamur idonei, quo genere litterarum ex his, quae nobis pauca interpretata sunt non dubito cuncta quae utiliter quaerere possumus contineri; fratribus autem non valeam resistere iure quo eis servus factus sum flagitantibus ut eorum in Christo laudabilibus studiis lingua ac stilo meo quas bigas in me caritas agitat maxime serviam. Egoque ipse multa quae nesciebam scribendo me didicisse confitear; non debet labor hic meus cuiquam pigro aut multum docto videri superfluus cum multis impigris multisque indoctis inter quos etiam mihi non parva ex parte sit necessarius. Ex his igitur quae ab aliis de hac re scripta iam legimus plurimum adminiculati et adiuti ea quae de trinitate uno summo summeque bono deo pie quaeri et disseri posse arbitror ipso exhortante quaerenda atque adiuvante disserenda suscepi, ut si alia non sunt huiusmodi scripta, sit quod habeamus, et legant qui voluerint et valuerint; si autem iam sunt, tanto facilius aliqua inveniantur quanto talia plura esse potuerint.
[2] Sane cum in omnibus litteris meis non solum pium lectorem sed etiam liberum correctorem desiderem, multo maxime in his ubi ipsa magnitudo quaestionis utinam tam multos inventores habere posset quam multos contradictores habet. Verumtamen sicut lectorem meum nolo esse mihi deditum, ita correctorem nolo sibi. Ille me non amet amplius quam catholicam fidem; ille se non amet amplius quam catholicam veritatem. Sicut illi dico: Noli meis litteris quasi scripturis canonicis inservire, sed in illis et quod non credebas cum inveneris incunctanter crede, in istis autem quod certum non habebas nisi certum intellexeris noli firme retinere; ita illi dico: Noli meas litteras ex tua opinione vel contentione sed ex divina lectione vel inconcussa ratione corrigere; si quid in eis veri comprehenderis, exsistendo non est meum at intellegendo et amando et tuum sit et meum; si quid autem falsi conviceris, errando fuerit meum sed iam cavendo nec tuum sit nec meum.
[3] Hinc itaque tertius iste liber sumit exordium quousque secundus pervenerat. Cum enim ad id ventum esset ut vellemus ostendere non ideo minorem patre filium quia ille misit, hic missus est, nec ideo minorem utroque spiritum sanctum quia et ab illo et ab illo missus in evangelio legitur, suscepimus hoc quaerere cum illuc missus sit filius ubi erat quia in hunc mundum venit et in hoc mundo erat, cum illuc etiam spiritus sanctus ubi et ipse erat, quoniam spiritus domini replevit orbem terrarum, et hoc quod continet omnia scientiam habet vocis, utrum propterea missus sit dominus quia ex occulto in carne natus est et de sinu patris ad oculos hominum in forma servi tamquam egressus apparuit; ideo etiam spiritus sanctus quia et ipse corporali specie quasi columba visus est et linguis divisis velut ignis; ut hoc eis fuerit mitti, ad aspectum mortalium in aliqua forma corporea de spiritali secreto procedere, quod pater quoniam non fecit tantummodo misisse non etiam missus esse dictus sit. Deinde quaesitum est cur et pater non aliquando dictus sit missus si per illas species corporales quae oculis antiquorum apparuerunt ipse demonstrabatur. Si autem filius tunc demonstrabatur, cur tanto post missus diceretur cum plenitudo temporis venit ut ex femina nasceretur, quandoquidem et antea mittebatur cum in illis formis corporaliter apparebat. Aut si non recte missus diceretur nisi cum verbum caro factum est, cur spiritus sanctus missus legatur cuius incarnatio talis non facta est. Si vero per illas antiquas demonstrationes nec pater nec filius sed spiritus sanctus ostendebatur, cur etiam ipse nunc diceretur missus cum illis modis et antea mitteretur. Deinde subdivisimus ut haec diligentissime tractarentur, et tripertitam fecimus quaestionem cuius una pars in secundo libro explicata est, duae sunt reliquae de quibus deinceps disserere aggrediar. Iam enim quaesitum atque tractatum est in illis antiquis corporalibus formis et visis non tantummodo patrem nec tantummodo filium nec tantummodo spiritum sanctum apparuisse, sed aut indifferenter dominum deum qui trinitas ipsa intellegitur aut quamlibet ex trinitate personam quam lectionis textus indiciis circumstantibus significaret.