14. Kapitel. Christus hat uns durch seinen unverschuldeten Tod vom Tode befreit
18. Welches ist also die Gerechtigkeit, durch die der Teufel besiegt wurde? Was für eine sonst als die Gerechtigkeit Jesu Christi? Wie wurde er besiegt? Dadurch, daß er diesen, obgleich er nichts Todeswürdiges an ihm fand, dennoch tötete. Es ist nun sicherlich gerecht, daß er die Schuldner, die er festhielt, frei entließ, da sie an den glaubten, den er ohne irgendeine Schuld tötete. Das ist gemeint, wenn es von uns heißt, daß wir im Blute Christi gerechtfertigt wurden.1 So ist zur Nachlassung unsrer Sünden jenes unschuldige Blut S. 189 vergossen worden. Deshalb nennt er sich in den Psalmen einen Freien unter Toten.2 Er allein ist nämlich frei von der Schuld des Todes gestorben. Deshalb sagt er auch in einem anderen Psalm: „Was ich nicht geraubt, soll ich erstatten.“3 Unter Raub wollte er die Sünde verstanden wissen, weil sie eine Aneignung gegen das Gebot besagt. Daher sagt er auch, wie im Evangelium zu lesen ist, durch den Mund seines Fleisches: „Siehe, es kommt der Herrscher dieser Welt, und an mir findet er nichts“,4 das heißt keine Sünde; „aber damit alle wissen“, sagt er, „daß ich den Willen meines Vaters tue, stehet auf, lasset uns aufbrechen.“5 Und er ging von dort fort zum Leiden, damit er für uns Schuldner erstatte, was er selbst nicht schuldete. Würde der Teufel mit diesem vollen Rechte besiegt werden, wenn Christus es mit ihm durch Macht, nicht durch Gerechtigkeit hätte aufnehmen wollen? Aber er setzte hintan, was er konnte, damit er vorher tue, was sich gehörte. Deshalb aber war es vonnöten, daß er Mensch und Gott war. Wäre er nämlich nicht Mensch, dann konnte er nicht getötet werden; wäre er nicht Gott, dann würde man nicht glauben, daß er, was er konnte, nicht wollte, sondern daß er, was er wollte, nicht konnte; ebenso würden wir nicht vermuten, daß er die Gerechtigkeit der Macht vorgezogen habe, sondern daß ihm die Macht gefehlt habe. Jetzt hingegen hat er für uns Menschliches erlitten, weil er Mensch war. Wenn er aber nicht gewollt hätte, hätte er auch dies nicht zu erleiden brauchen, weil er auch Gott war. Deshalb ist in seiner Erniedrigung die Gerechtigkeit gnädiger geworden, weil er, wenn er nicht gewollt hätte, die Erniedrigung infolge der großen Macht in seiner Göttlichkeit nicht hätte zu erdulden brauchen, und so ist von einem so mächtigen Sterbenden uns ohnmächtigen Sterblichen sowohl Gerechtigkeit aufgewiesen als auch Macht versprochen worden. Das eine hiervon tat er, indem er starb, das andere, indem er auferstand. S. 190 Was ist nämlich gerechter, als für die Gerechtigkeit bis zum Tod des Kreuzes zu kommen? Und was mächtiger, als von den Toten aufzuerstehen und mit dem Fleische, in dem er gekreuzigt wurde, in den Himmel aufzusteigen? Durch die Gerechtigkeit hat er also zuerst und durch die Macht nachher den Teufel besiegt, durch die Gerechtigkeit nämlich, weil er keine Sünde hatte und vom Teufel auf das ungerechteste getötet wurde, durch die Macht hingegen, weil er, der Tote, wieder lebendig wurde, um nie wieder zu sterben.6 Aber durch die Macht hätte er den Teufel besiegt, auch wenn er von ihm nicht hätte getötet werden können, obschon es eine größere Macht bedeutet, auch den Tod selbst durch die Auferstehung zu besiegen, als durch die Lebendigkeit zu vermeiden. Aber etwas anderes ist es, um dessentwillen wir im Blute Christi gerechtfertigt werden, wenn wir durch die Nachlassung der Sünden der Gewalt des Teufels entrissen werden. Das bezieht sich darauf, daß der Teufel von Christus durch Gerechtigkeit besiegt wird, nicht durch Macht. In seiner Schwachheit aber, die er im sterblichen Fleische auf sich nahm, nicht in seiner unsterblichen Macht ist Christus gekreuzigt worden. Von dieser Schwachheit sagt jedoch der Apostel: „Das Schwache auf Seiten Gottes ist stärker als die Menschen.“7
