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Œuvres Augustin d'Hippone (354-430) De Trinitate Fünfzehn Bücher über die Dreieinigkeit
VIERZEHNTES BUCH.

5. Kapitel. Ob auch der Geist der Kinder sich kennt.

S. 216 Was soll man nun sagen von dem Geiste des Kindes, das noch so klein und in so große Unkenntnis der Dinge hinabgetaucht ist, daß vor der Finsternis dieses Geistes der Geist des Menschen, der etwas kennt, aufschaudert? Muß man etwa glauben, daß auch er sich kennt, aber allzusehr an die Dinge hingegeben ist, die er durch die Leibessinne mit umso größerem Ergötzen wahrzunehmen anfängt, je ungewohnter sie sind, und daher zwar nicht sich nicht kennen kann, aber nicht an sich denken kann? Wie groß in der Tat die Aufmerksamkeit ist, mit der er zum Sinnfälligen, das draußen ist, hingetrieben wird, kann man schon allein aus folgendem erschließen. Das Kind ist so gierig darauf aus, das Licht in sich hineinzutrinken, daß sein Blick, wenn jemand aus Unvorsichtigkeit oder in Unkenntnis der eintretenden Folgen in der Nacht ein Nachtlicht neben ein liegendes Kind stellt, und zwar auf die Seite, nach der sich die Augen des Kindes drehen können, während es den Kopf nicht dorthin wenden kann, daß dann sein Blick sich von dem Lichte nicht wegwendet, so daß, wie wir wissen, schon manche auf diese Weise schielend wurden, indem die Augen jene Form beibehielten, die ihnen, da sie noch zart und biegsam waren, die Gewohnheit gewissermaßen beibrachte. So sind die Seelen der Kinder in ihrer Aufmerksamkeit an die Leibessinne, auch an die übrigen, gebunden, soweit dies Alter überhaupt eine Aufmerksamkeit zuläßt, so daß sie nur das, was sie durch das Fleisch kränkt oder lockt, heftig verabscheuen oder begehren, so daß sie hingegen an ihr Inneres nicht denken und auch gar nicht ermahnt werden können, dies zu tun. Sie verstehen ja die Zeichen des Mahnenden noch nicht, unter denen den ersten Platz die Worte einnehmen, die sie wie anderes S. 217 durchaus nicht verstehen. Daß es aber etwas anderes ist, sich nicht zu kennen, etwas anderes, nicht an sich zu denken, habe ich im vorhergehenden Buche schon gezeigt.1

8. Aber wir wollen dies Alter übergehen, das man nicht darüber befragen kann, was in ihm vorgeht, und das wir selbst schon in hohem Maße vergessen haben. Daher mag für uns genug sein, sicher zu wissen, daß der Mensch, wenn er imstande ist, über die Natur seiner Seele nachzudenken und die Wahrheit zu finden, sie nirgend anderswo findet als bei sich selbst. Er findet aber, nicht was er nicht wußte, sondern woran er nicht dachte. Was sollten wir denn wissen, wenn wir nicht wissen, was in unserem Geiste ist, da wir doch alles, was wir wissen, nur mit unserem Geiste wissen können?


  1. Lib. X c. 5. ↩

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